Hengersberg. Die schöne Zeit als „anatolischer Florian Silbereisen“ ist vorbei. Was das heißt, erfährt man auf Django Asüls CD mit dem griechischen Titel „Paradigma„, was dem Kabarettisten aus Hengersberg mit türkischen Wurzeln fast schon einen ökumenischen Touch verleiht. „Paradigma“ ist mittlerweile das fünfte Solo-Programm des gelerntern Bankkaufmanns und leidenschaftlichen Tennisspielers. Als frisch gekürter Deutscher sieht er die Realität hierbei fortan ganz anders. „Paradigma“ ist somit auch eine Reise zum Ich – mit dem Ziel, in seiner eigenen Welt anzukommen. Ein Hog’n-Interview mit der typisch Asül’schen Scharfzüngigkeit.
„Der Niederbayer geht mit vernünftigem Blutdruck durchs Leben“
Lieber Django Asül: Ihr aktuelles Solo-Programm wurde jüngst auf CD veröffentlicht. Ist der griechische Titel „Paradigma“ für einen Ex-Türken nicht etwas gewagt?
Wenn man bedenkt, wie sehr Griechenland mittlerweile den europäischen Zeitgeist prägt, ist das als Hommage an unsere griechischen Freunde zu verstehen. Und Paradigma klingt auch intelligenter als Sicht auf die Dinge – so könnte man es nämlich beispielsweise übersetzen.
Bei Ihrem Programm geht es ja unter anderem darum, dass viele Deutsche sauer sind: In Stuttgart verhindern Bürger die Bahn, in Berlin Politiker den Flughafen. Gibt’s ähnliche Fälle auch bei uns in Niederbayern?
Wir brauchen in Niederbayern weder einen tiefergelegten Bahnhof noch einen von vornherein platt gemachten Flughafen. Wir steigen gern ebenerdig in den Zug ein. Und wenn wir fliegen wollen, ist ja der Münchner Flughafen hart an der Grenze zu Niederbayern. Drum kann der Niederbayer nach wie vor mit vernünftigem Blutdruck durchs Leben gehen.
Sie sagen selbst, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel bei Ihnen eigentlich immer recht gut weg kommt. Hat sie das wirklich verdient?
Zum einen hat Herr Steinbrück behauptet, dass Frau Merkel viel zu wenig verdient. Zum anderen tut sie sehr viel dafür, damit sie gut weg kommt: Dinge aussitzen, verdrängen, ignorieren. Wer es anders machen will, darf nicht in die Politik gehen.
„Sich über ein ganzes Volk lustig zu machen – das gehört sich nicht“
Sie behaupten weiter, dass sich die Bayern gar nicht so um die Euro- und Europakrise sorgen. Dabei verweisen Sie auf Wilfried Scharnagl, der in seinem Buch erklärt, dass Bayern es auch alleine könne. Was können wir besser als die anderen?
Wir können auf alle Fälle viel besser Bairisch. Und der Bayer genügt sich in der Tat auch gern mal selber. Neuerdings kann man sogar den Fußball erwähnen, wenn es darum geht, was die Bayern gut können. FC Bayern sei Dank. Für noch mehr Details wäre es ratsam, Herrn Scharnagel zu befragen.
Die Hamburger Spiegel-Journalistin Silke Burmester hat sich wegen Scharnagls Auftritt über die Lederhosen-, Dirndl- und Saufbayern lustig gemacht – was zu einem regelrechten Shitstorm gegen die gute Frau geführt hat. Zurecht?
Sich über ein ganzes Volk lustig zu machen – das gehört sich nicht. Egal ob es um Bayern oder Nichtbayern geht. Wobei ich mit Scharnagl weder Dirndl noch Saufen in Verbindung bringe …
In Ihrem Programm bescheinigen Sie Frau Merkel eher Wankelmut – und loben die konstante Flexibilität und Zuverlässigkeit von Ministerpräsident Horst Seehofer. Können Sie dies an einem aktuellen Beispiel verdeutlichen?
Da braucht es kein aktuelles Beispiel, weil das bei Seehofer ja die generelle Haltung ist. Genau das macht ihn ja so zuverlässig …
„Wenn ich am Arber spazieren gehe, duzen mich alle Bäume“
Mit Herrn Ude hat die SPD Ihrer Meinung nach den richtigen Kandidaten für die Wahl im Herbst gefunden, weil er ein Mann ist, den keiner mit der SPD in Verbindung bringen würde. Haben Sie auch Nominierungs-Tipps für die FDP, die Freien Wähler und die Piraten?
Mit Hubert Aiwanger haben die Freien Wähler ja schon den kommenden Vize-Ministerpräsidenten in ihren Reihen. Und die FDP und die Piraten haben wahrscheinlich das Glück, gar keinen Spitzenkandidaten brauchen zu müssen, weil beide Parteien nach der Wahl umgewidmet werden – zu Tierschutzvereinen oder Callcentern.
Vor knapp einem Jahr haben Sie Ihre türkische Staatsbürgerschaft abgegeben. Wie fühlt man sich dennso als „offizieller Deutscher“?
Ich habe den Pass nicht abgegeben, sondern er wurde mir genommen. Damit mir danach der deutsche Pass gegeben werden konnte. Aber da ich von Geburt an Bayer bin und die meiste Zeit in Bayern verbringe, kommt das Deutschsein nicht allzu stark durch.
Als Hengersberger leben Sie ja noch „vorm Woid“. Wie gut kennen Sie eigentlich den Bayerwald?
Wenn ich am Arber spazieren gehe, duzen mich alle Bäume. Mehr Intimität geht ja gar nicht …
„Das war eine gute Idee vom Huber“
Ihre Reden beim Maibock-Anstich sind seit 2008 ein jährlich wiederkehrendes Highlight. Wie sehr schmerzt es Sie heute noch, dass Sie ihren legendären Auftritt beim Nockherberg 2007 nicht mehr wiederholen durften?
Schmerzen gab es nie. Und ich wusste ja, dass meine Abberufung nichts mit meiner Rede zu tun hatte. Der damalige Konzernchef wollte der damaligen Paulaner-Führung die Nockherberg-Lufthoheit wegnehmen. Und da ich auch nach dem erfolgreichen Debüt dort der Wunschkandidat der Paulaner-Leute blieb, hat der Konzernchef auf einen anderen Redner gesetzt. Aber ich bin mehr als zufrieden mit meinem Wechsel ins Hofbräuhaus. Das war eine gute Idee vom damaligen Finanzminister Erwin Huber.
Abschließend: Mit der Herren-40-Mannschaft des TC Hengersberg sind Sie 2012 in die Bayernliga aufgestiegen. Der bisher größte Erfolg. Welche sportliche Ambitionen haben Sie noch für die Zukunft?
Da hoffen wir natürlich auf den Klassenerhalt. Und so wie es aussieht, haben wir uns auch solide verstärkt. Aber ich bin jetzt schon voll im Training, damit ich da ab Anfang Mai meinen Beitrag dazu leisten kann, dass Hengersberg auch 2014 Bayernliga spielt.
Vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben und weiterhin alles Gute für die Zukunft.
Interview: Jason Ditshej