Waldkirchen. Alanis Morissette tut es, Clint Eastwood tut es, und Mike Tyson tut es auch: Sie ernähren sich vegan. Sie vermeiden alle tierischen Nahrungsmittel wie Fleisch, Fisch, Milch, Eier und Honig – und gehen damit noch einen Schritt weiter als Vegetarier. Warum sie das tun? Zumeist aus den gleichen ethischen Gründen wie Fitnessstudio-Besitzer Bruno Assmann aus Waldkirchen: Sie finden es nicht in Ordnung, wie mit Tieren umgegangen wird. „Die meisten Menschen wissen doch gar nicht, welche Qualen viele Tiere durchstehen müssen, bis sie endlich geschlachtet werden“, zeigt sich Assmann empört, „dabei kann sich ein Jeder heute übers Internet informieren!“
Seit sechs Monaten ist der Kraftsportler, der schon namhafte Titel wie „Bayerischer Meister im Bodybuilding“ und „Deutscher Meister im Bankdrücken“ errungen hat, nun Veganer. Angefangen hat alles mit seiner Frau Christina, die bereits seit dem Kindesalter Vegetarierin ist und vor zweieinhalb Jahren beschloss: „Ich verzichte auf alle tierischen Produkte.“ Assmann, der bis dahin sehr gerne Fleisch gegessen hatte, machte die Entscheidung seiner Frau stutzig: „Sie hat mir zwar erzählt, dass sie das aus Respekt den Tieren gegenüber macht, aber ich wollte mich einfach selbst darüber informieren, was es mit dem Veganismus auf sich hat.“ Also recherchierte er im Internet und fand unter anderem „grausame Bilder von Tieren, die, eingequetscht in Transportern und in Todesangst, lange Transportwege ertragen müssen, nur um dann qualvoll abgeschlachtet zu werden.“
Gequälte Tiere? „Da mache ich nicht mehr mit!“
Schnell war für ihn klar: „Da mache ich nicht mehr mit!“ Damit gehören er und seine Frau zu den rund 600.000 Veganern in Deutschland (DW-TV). Aber warum dann nicht nur auf Fleisch verzichten, sondern auch auf Milchprodukte? „Weil Tiere wegen ihrer Milch genauso leiden müssen“, sagt Assmann. Aber man könnte doch auch auf tierische Produkte aus biologischer und artgerechter Haltung zurückgreifen, oder? „Ich möchte einfach nicht, dass ein Tier nur dazu da ist mich zu ernähren.“ Doch weshalb ist das den meisten Menschen dann scheinbar egal?
„Klar, wenn ich in den Supermarkt gehe und die schön verpackte Wurst kaufe, die noch dazu supergünstig ist, was soll ich mir da Gedanken machen? Das tun doch die wenigsten!“ Es gehe ihm auch nicht darum Leute vom Fleischverzehr abzuhalten – aber es wäre doch wirklich besser, wenn man wenigstens wüsste, woher das Fleisch kommt und dass das Tier ein erfülltes Leben hatte. „Das Fleisch sollte lieber vom regionalen Bio-Bauern vor Ort geholt werden. Das ist zwar teurer, aber dafür stimmt die Qualität“, prangert Assmann das gedankenlose Konsumverhalten an. Zu viel Fleisch sei ja sowieso ungesund. Und so gesehen wäre es doch besser weniger davon zu essen – und sich dafür etwas Hochwertiges zu gönnen.
Vegane Lebensweise: Assmann hat nun keinen Bluthochdruck mehr
Apropos Gesundheit: Bei Assmann hat die Umstellung auf eine vegane Lebensweise tatsächlich, wie er es formuliert, „wahre Wunder“ bewirkt. Vor über einem halben Jahr litt der 51-Jährige, der bereits einen Herzinfarkt hatte, noch an Bluthochdruck. Weil er seitdem regelmäßig zur medizinischen Kontrolle muss, konnte sein Hausarzt nun Entwarnung geben. Bluthochdruck: weg. Blutwerte: optimal. Die Bluthochdruck-Tabletten konnte er getrost in die Tonne schmeißen – die wären bei der momentan sehr guten gesundheitlichen Verfassung sowieso schädlich.
Ernährungswissenschaftler Prof. Dr. Claus Leitzmann von der Universität Gießen bestätigt: „Studien mit vegan lebenden Menschen, die weltweit, aber auch von uns durchgeführt wurden, zeigen, dass Veganerlnnen im Durchschnitt deutlich gesünder sind als die allgemeine Bevölkerung. Körpergewicht, Blutdruck, Blutfett- und Cholesterinwerte, Nierenfunktion sowie Gesundheitsstatus allgemein liegen häufiger im Normalbereich.“
Neben diesen positiven Aspekten bewirkt die vegane Ernährungsweise gleichzeitig, dass die Umwelt weniger zerstört wird (Gülle und Methan durch Tierhaltung), dass die sog. Entwicklungsländer eigenständiger (kein Import von Futtermitteln) und dass Tiere artgerecht behandelt werden. „Dadurch werden Tierzucht, -haltung, -transporte und -versuche vermindert oder könnten teilweise ganz entfallen.“ Skeptiker sehen bei einer veganen Lebensweise allerdings unter anderem einen Vitamin-B12-Mangel. Durch den kompletten Verzicht auf tierische Lebensmittel nehmen Veganer demnach zu geringe Mengen von Vitamin B12 auf, denn das wird normalerweise von Mikroorganismen hergestellt, die sich unter anderem in der Darmflora von Wiederkäuern finden.
„Ich fühle mich mit 51 Jahren so fit wie nie zuvor!“
Wie dem auch sei, für Assmann gibt es jedenfalls kein Zurück mehr: „Ich fühle mich mit meinen 51 Jahren so fit und stark wie noch nie zuvor“, sagt er stolz. Dabei hätten seine Bodybuilder-Freunde anfangs befürchtet, dass er nun an Muskeln verlieren werde – so ganz ohne Fleisch und so. Ganz entsetzt seien sie gewesen, schmunzelt der Kraftprotz vor sich hin. Für einen Bodybuilder gibt es nämlich nichts Schlimmeres als abzunehmen und dünn zu werden: „Da kriegt er die Krise!“ Dabei gibt es durchaus prominente Sportler, die auf die Kraft einer veganen Ernährung schwören. So wie der „stärkste Mann Deutschlands“: Patrik Baboumian ist seit 2006 Vegetarier, seit 2011 Veganer. Entgegen aller Erwartung erlebte der Kraftsportler jedoch keinen Kraftverlust, sondern sogar eine Verstärkung der Muskelleistung.
Restaurant-Besuche gibt es keine mehr
Trotzdem: Ist das nicht schrecklich fad? So ein Essen ganz ohne Käse, Sahne und Butter? „Nein“, ertönt es unisono aus den Mündern von Assmanns Frau Christina und ihrer Mutter Edith Greff. „Wir laden auch regelmäßig Freunde zu uns zum Essen ein“ – und die seien jedes Mal restlos begeistert von ihren veganischen Kochkünsten.
Und wie sieht’s mit Restaurant-Besuchen aus? „Wir gehen nicht mehr zum Essen“, sagen die Assmanns mit einem Schulterzucken. In München gebe es zwar veganische Restaurants, aber sonst … Das könne man auch gar nicht erwarten bei den hiesigen Gaststätten. Und dann auch noch jedes Mal erklären zu müssen, was man alles nicht esse und warum … Nein, da bleibt die Familie lieber zu Hause. Da haben sie alles, was sie brauchen. Und vieles davon bekommen sie ohnehin nur in speziellen Bio-Läden (siehe auch Bogners Bio).
Vegan – nur ein neuer Trend oder möglicherweise ein gesellschaftlicher Wandel? Bruno Assmann ist der festen Überzeugung, dass sich eine fleischlose Ernährung irgendwann durchsetzen wird: „Aufklärung ist das A und O! Bei den Zigaretten hat man sich wegen der gesundheitlichen Schäden auch dazu durchgerungen, die Päckchen mit Warnhinweisen zu versehen …“
Dike Attenbrunner
stimmt, bin auch veganer und fühle mich deutlich fitter. es gibt umwerfend viele rezepte für köstliche gerichte. ich entdecke immer wieder neu :-)
Leider ein kleiner Fehler im Artikel – es gibt keine „artgerechte“ „Nutz“tierhaltung. Das ist alles Augenwischerei, ebenso wie der Bioschmäh (empfehle gleichnamiges Buch zum Lesen und Staunen).
…der artikel ist eigentlich super, aber hätte sich der/die autor*in vielleicht 5 minuten mit dem thema beschäftigt wüsster er/sie, dass es „veganISCH“ nicht gibt. es heißt vegan. VEGAN.
ansonsten: weiter so ;)
Liebe/r mo,
danke, dasselbe wollte ich auch schreiben. Wo doch ein simpler Blick in den Duden (gerne auch online, schnell und kostenfrei) genügt…
Viele Grüße
Christopher
Weder Tiere noch Pflanzen produzieren selbst B12, sondern Bakterien, die sich in Tieren oder auf Pflanzen befinden.
Es findet sich aus zwei Gründen *nicht mehr* auf pflanzlichen Nahrungsmitteln…
1. Industrielle Landwirtschaft führt zu ausgelaugtem Acker: Im Boden finden sich unter diesen Bedingungen weniger Nährstoffe und Mikroorganismen .
2. Hygiene: wir waschen und säubern alles Gemüse und Obst vor dem Verzehr. Das ist generell gut, aber in Hinblick auf Vitamin B12 schlecht.
Es ist also nicht „natürlich“, aus Gründen des ansonstigen Mangels an B12, Tierprodukte zu essen. B12 ist Opfer unserer Landwirschaft und unserer Hygiene geworden (und wer sich heute noch „natürlich“ ernähren will, wandere in den Amazonas aus, und jage, fische, sammle sich seine Nahrung bitte selbst – in unberührter Natur und mit Bastrock, viel Spass dabei!).
Glücklicherweise können wir B12 hervorragend supplementieren, durch angereicherte Nahrungsmittel und Nahrungsergänzungsmittel. Gleiches machen wir zB mit Jod(-salz oder supplemente) oder sollten wir machen mit zB Selen.
Mit industriell hergestelltem B12 zu supplementieren ist ausserdem eine viel effizientere, ökonomischere Versorgung als durch Tierprodukte, denn dafür müssen Tiere nicht „nur“ leiden und sterben (auch bei Milch und Eiern), sondern auch fressen und verdauen, und dabei den größeren Anteil an Ackerfläche als der Mensch in Anspruch nehmen und über 50% der Treibhausgase „emittieren“.
Lieber Dennis,
schön gesagt. Gäbe es hier einen „Like“-Button, hätte ich ihn geklickt. So muss es eben auf die umständliche Art und Weise geschehen.
Viele Grüße
Christopher