Waldkirchen. Das große Haus mit der blauen Fassade zählt zu den ältesten Immobilien am Waldkirchener Marktplatz. Seit 1953 ist dort das Fotogeschäft Hintermann beheimatet. Nun steht das ehemaligen Gebäude der „Freiherr von Münster’schen Brauerei Waldkirchen“ zum Verkauf, wie in verschiedenen Internetportalen zu lesen ist. Wer nun vermutet, die Geschäfte bei „Foto Hintermann“ würden schlecht laufen, der irrt jedoch.
„Man findet keinen Nachfolger für sowas“, sagt Franz Hintermann nüchtern. Gemeinsam mit seinem älteren Bruder Heinrich betreibt der 64-Jährige das in der Region überaus bekannte Fotogeschäft. Doch allmählich denken die beiden an den Ruhestand. Deshalb haben sie nun beschlossen, das Haus zum Kauf anzubieten – und einen Makler eingeschaltet. „Wir haben aber keine Eile – wir machen weiter, bis ein Käufer gefunden ist“, versichert der Unternehmer auf Hog’n-Nachfrage.
„Die Kinder haben studiert, sie wären überqualifiziert“
Das Geschäft laufe nach wie vor gut, heuer steht das 70-jährige Firmenjubiläum an. Natürlich beobachtet auch Hintermann seit langem, dass die Läden in den Innenstädten „zu kämpfen haben“, sich Einkaufsgebiete an den Rand der Städte verlagern und kleine Unternehmen es schwer haben, gegen die riesige Konkurrenz im Internet zu bestehen. Trotzdem denke er nicht wegen finanzieller Probleme ans Aufhören, sondern weil auch er irgendwann einmal seine Ruhe haben möchte, wie er offen zugibt.
Das Fotogeschäft eröffnet hatte einst der Vater von Franz und Heinrich: Dieser bezog mit seinem Fotoladen 1953 das Haus Nummer 13 am Waldkirchener Marktplatz. Im Gebäude befand sich ursprünglich die „Freiherr von Münster’sche Brauerei Waldkirchen“. Heute ist im rechten Teil des Hauses die Touristinfo sowie eine Bäckerei-Konditorei samt Café („Charivari„) untergebracht. Die linke Hälfte ist im Besitz von Familie Hintermann.
Die beiden Brüder haben den Großteil ihres Lebens für das Geschäft und die Fotografie gelebt. „Man muss schon viel Zeit investieren“, sagt Franz Hintermann. „Aber es macht nach wie vor Spaß.“ Die Familientradition wird wohl mit dem finalen Schlussstrich zu Ende gehen. „Die Kinder haben studiert, sie wären überqualifiziert“, sagt Heinrich Hintermann mit einem Lächeln.
Auch der Nachbar sucht einen Käufer
Doch die Hintermanns sind nicht allein mit ihrem Gedanken ans Aufhören: Auch der unmittelbar benachbarte Konditormeister Max Kittl sucht jemanden, der seine Haushälfte und somit die Bäckerei-Konditorei samt Café übernehmen möchte.
Der 58-Jährige ist ebenso der Meinung, dass es noch keine Eile mit dem Aufhören des Geschäfts gebe. Auch er habe keinen Nachfolger, wie er dem Onlinemagazin da Hog’n gegenüber mitteilt. Sein Sohn sei Steuerberater. „Und wenn es noch Jahre dauert, bis der richtige Käufer gefunden ist, ist es auch egal“, erklärt Kittl ohne Umschweife. Trotzdem wolle er schon mal die Fühler ausstrecken. Am liebsten wäre ihm ein Käufer, der das Café und vielleicht auch die Konditorei weiter betreibt.
Franz Hintermann glaubt eher nicht daran, dass weiterhin ein Fotogeschäft in dem blauen Haus am Marktplatz unterkommen wird, wenn er und sein Bruder es erst einmal verkauft haben. Als kleinen Trost für die zufriedenen Kunden der beiden Fotografen haben sie sich überlegt, ihr riesiges Fotoarchiv auch in Zukunft zur Verfügung zu stellen. Das heißt: Wer etwa ein Bild aus alten Waldkirchener Zeiten sucht, kann sich jederzeit an Franz oder Heinrich Hintermann wenden. Denn: Fotografen aus Leidenschaft werden sie immer bleiben.
Sabine Simon