Freyung-Grafenau. Seit Anfang der 1970er Jahre und mit Gründung des ersten deutschen Nationalparks hat die touristische Entwicklung im jetzigen Landkreis Freyung-Grafenau ihren Lauf genommen. Der Nationalpark Bayerischer Wald hatte zu dieser Zeit noch keine große Rolle bei der Urlaubsentscheidung der Bundesbürger gespielt. Vielmehr waren damals das Wandergebiet am „Eisernen Vorhang“ in den Sommermonaten und die schneereiche Lage für die Langläufer und Alpinskifahrer im Winter wichtige Argumente bei der Wahl des Urlaubsortes. Dass der Bayerische Wald im Allgemeinen und der Landstrich zwischen Brotjacklriegel und Dreisessel im Besonderen ein günstiges Reiseziel war, tat sein Übriges dazu.

Als Vertreter des „Nationalpark-FerienLands“ ist Touristiker Ernst Kandlbinder häufig auf Messen unterwegs, insbesondere im bayerischen Raum. Foto: Tourismusverband Ostbayern
In den vergangenen 40 Jahren hat sich Vieles verändert. Der „Fremdenverkehr“ ist zu einer bedeutenden Wirtschaftskraft geworden. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands setzte eine wahre Goldgräber-Stimmung bei den Tourismusverantwortlichen ein. Diese damaligen Spitzenwerte sind bisher in unserer Region unerreicht geblieben. Nach einigen Jahren der Konsolidierung steigen seit 2008 nun die touristischen Kennzahlen wieder kontinuierlich an. Knapp 300.000 Gäste besuchten im Jahr 2011 das „Nationalpark-FerienLand“ – so nennt sich jetzt der Landkreis Freyung-Grafenau bei seinen touristischen Auftritten. Mit knapp 1,5 Millionen Übernachtungen und einem statistischen Jahresumsatz in Höhe von ca. 90 Millionen Euro profitieren nicht nur die Übernachtungs- und Gastronomiebetriebe von der Finanzkraft der Feriengäste, sondern auch in zweiter und dritter Ebene die Zulieferbetriebe wie Bäckereien und Metzgereien bis hin zu den Handwerksbetrieben.
Handwerksbetriebe deswegen, weil durch die notwendige und konsequente Qualitätssteigerung der Unterkünfte die Bauleistungen stark nachgefragt wurden. Überhaupt ist der Wandel, weg von einfachen und hin zu qualitätsvollen Unterkünften mit drei, vier und fünf Sternen unverkennbar. Paradebeispiel hierfür sind Familienbetriebe, die sich ihren engen Gästekontakt bewahrt und gleichzeitig durch Investitionsmaßnahmen ihr Übernachtungsangebot in den Luxusbereich angehoben haben. Die regionale Wirtschaftsförderung hat hier mit attraktiven Zuschüssen die qualitätssteigernden Maßnahmen aktiv begleitet.
Kurzurlaub liegt im Trend
Dem deutschen Feriengast ist sein Urlaub nach wie vor heilig und er lässt sich die schönsten Tage im Jahr auch etwas kosten. Allerdings bleibt er nicht mehr so lange wie früher, stattdessen fährt er jetzt häufgier im Jahr in den Urlaub. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Gäste in unserer Region tendierte in den letzten Jahren nach unten und liegt derzeit bei 4 bis 5 Tagen.
Ein weiterer Trend kommt den Tourismusverantwortlichen aus der Region zupass: Wie neueste Erfahrungen zeigen, nehmen die Gäste überwiegend kurze Anreisewege zum Urlaubsziel in Kauf. Was wegen der steigenden Treibstoffpreise wenig wundert! So fährt der Reisefreudige eben nicht mehr so weit weg, wenn er nur ein paar Tage ausspannen möchte. Die ganzen Argumente kommen dem Bayerischen Wald und unseren Landstrich als Nah- und Kurzerholungsgebiet für die gestressten Städter aus den Mittel- und Ballungszentren sehr entgegen.
Urlaubspakete den Wünschen der Gäste anpassen
Diese Entwicklung hat natürlich auch Auswirkung auf die Werbestrategien aller im Tourismus Verantwortlichen. Die Urlaubspakete müssen passgenau den Wünschen der Kurzurlauber entsprechen. Das Marketing ist nicht mehr vordergründig in ganz Deutschland zu forcieren, sondern auf einen Umkreis bis zu 300 Kilometer zu konzentrieren. Dass dabei Südböhmen und Oberösterreich im zusammenwachsenden Europa nicht von den Werbeaktivitäten ausgeschlossen werden dürfen, versteht sich von selbst.
Neben außergewöhnlichen Naturerlebnissen, wie z.B. die Flusslandschaft der „schwarzen Perle“ Ilz, den Hochlagen der Nationalparkregion mit dem laut einer ZDF-Fernsehreihe beliebtesten Berg der Deutschen, dem Rachel, oder Bayerns schönsten Geotopen, dem Dreisessel, der Buchberger Leite und dem Lusengipfel, finden Feriengäste weitere attraktive Ausflugsziele im Landkreis. Der weltweit längste Baumwipfelpfad in Neuschönau ist dabei zu einem wahren „Leuchtturm“ für unsere Region geworden.
Nachhaltig und langfristig wird das „Nationalpark-FerienLand“ erfolgreich sein, wenn die Qualität in allen Gliedern der Angebotskette stimmt, die Werbestrategien nach den neuesten Gesichtspunkten ausgewählt werden und der waidlerische, herzliche Umgang mit unseren Feriengästen authentisch bleibt.
Tourismuschef Ernst Kandlbinder