Zwiesel/Frauenau. Der Stadtrat hatte bereits Mitte Juli die durch Rathaus-Chef Franz Xaver Steininger im Alleingang initiierte Kündigung der Mitgliedschaft Zwiesels bei der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald (FNBW) per Stadtratsantag für unwirksam erklärt. Das Landratsamt Regen bezeichnete als zuständige Rechtsaufsichtsbehörde damals in einer vorläufigen Einschätzung den durch die bürgermeisterliche Eilhandlung durchgesetzten FNBW-Austritt ebenfalls als unrechtmäßig. Eine Einschätzung, die nun noch einmal seitens der Behörde bekräftigt und als tatsächlich gegeben beurteilt wurde, wie FNBW-Aufsichtsratsvorsitzender und Frauenaus Bürgermeister Herbert Schreiner per Pressemitteilung im Namen aller FNBW-Bürgermeister verkündete. Bürgermeister Steininger ist indes nach wie vor davon überzeugt, dass seine Eilhandlung rechtens sei, wie er dem Hog’n gegenüber bestätigt. Es bleibe nun abzuwarten, welche Entscheidung das Verwaltungsgericht treffe.
Stadträtin Sigrid Weiß (Bündnis90/Die Grünen) wandte sich indes jüngst mit einer Anfrage an die LRA-Rechtsaufsicht sowie an die Regierung von Niederbayern. Sie möchte wissen, „welche Möglichkeiten der Stadtrat nun noch hat, damit die demokratische Grundätze in Zwiesel wieder beachtet und Beschlüsse vollzogen werden“.
Kommunalaufsicht: „Eilhandlung grundsätzlich nichtig“
„Die Kommunalaufsicht beim Landratsamt Regen hat die Eilhandlung des ersten Bürgermeisters der Stadt Zwiesel, Franz-Xaver Steininger, zum Austritt aus der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald e. V. überprüft und dem Verein FNBW e. V. einen Abdruck des Schreibens vom 02.08.2016 übermittelt. Aus diesem Schreiben geht hervor, dass die Kommunalaufsicht nach Überprüfung aller Informationen und Unterlagen zur Entscheidung gelangt, dass die Voraussetzungen für eine Eilhandlung nicht vorgelegen haben und diese grundsätzlich nichtig ist. Erster Bürgermeister Franz-Xaver Steiniger hat damit die ihm gesetzlich zustehende Vertretungsmacht überschritten“, ist der Mitteilung Schreiners zu entnehmen.
Dem Schreiben der Kommunalaufsicht beim Landratsamt Regen sei überdies zu entnehmen, dass Bürgermeister Steininger die Satzung des Vereins und die darin enthaltenen Kündigungsfristen hinreichend bekannt gewesen sind – „und damit für eine Aufnahme des Austritts aus der FNBW in die Tagesordnung einer Stadtratssitzung genügend Zeit gewesen wäre“. Und weiter: „Aus der Tatsache, dass zu befürchten gewesen wäre, dass der Stadtrat den entsprechenden Beschluss zum Austritt nicht fassen werde, ist es nicht möglich sich auf eine Eilhandlungskompetenz nach der Gemeindeordnung zu berufen.“ Da der Verein Ferienregion Nationalpark Bayersicher Wald e. V. die Austrittserklärung nicht sofort beanstandet habe, sei die Austrittserklärung derzeit „schwebend unwirksam“ und könne nur durch einen Beschluss des Stadtrates Zwiesel Wirksamkeit erlangen.
„Wie der Presse zu entnehmen war“, heißt es in der Pressemeldung abschließend, „hat der Stadtrat Zwiesel bereits in seiner Sitzung am 14. Juli 2016 beschlossen, dass die ausgesprochene Kündigung durch Bürgermeister Steininger in einer Eilhandlung unwirksam ist, so dass die Stadt Zwiesel auch weiterhin Mitglied im Verein Ferienregion Nationalpark Bayerischen Wald e. V. bleibt.“
Steininger: „Unverkennbar, dass einiges an Politik dahinter steckt“
„Es bleibt nun abzuwarten, was das Verwaltungsgericht Regensburg für eine Entscheidung trifft“, teilt Bürgermeister Steininger, der laut Landratsamtssprecher Heiko Langer keine Konsequenzen aufgrund der durch die Rechtsaufsicht zurückgewiesenen Eilhandlung zu befürchten habe („Aus unserer Sicht gibt es für das Landratsamt hier keinen Anlass, aktiv zu werden“), hingegen auf Hog’n-Nachfrage mit. Die Ersteinschätzung des Landratsamtes vor einigen Wochen hatte Steininger zufolge bereits im ersten Absatz einen gravierenden Fehler. „Die Gründe für eine Eilhandlung wurden nicht vollständig bewertet – und zudem ist unverkennbar, dass hier auch seitens des Landratsamtes einiges an Politik dahinter steckt. Die Arberland REGio GmbH hat meines Wissens im letzten Jahr ca. 30.000 Euro für Call-Center-Dienstleistungen erhalten – über den (Un-)Sinn eines solchen Dienstleistungsauftrages und den bislang nicht dokumentierten Erfolg möchte ich mich an der Stelle nicht unterhalten – die Summe für 2016 ist mir nicht bekannt.“ Die Arberland REGio GmbH, informiert Steininger weiter, ist eine Tochterfirma des Landkreises Regen – „insofern sind manche Handlungsweisen der politisch Verantwortlichen auf Kreisebene durchaus plausibel“.
Die Eilhandlung erfolgte laut Steininger aufgrund objektiver Parameter, wurde vollzogen und sei somit auch verbindlich. „Ob die Stadt Zwiesel ab 1. Januar 2017 noch beim FNBW e.V. Mitglied ist oder nicht, wird uns laut Stadtratsbeschluss das Gericht sagen müssen“, kommentiert das Zwieseler Stadtoberhaupt abschließend. Das Gremium hatte in der Sitzung am 14. Juli per Stadtratsantrag beschlossen, dass das Verwaltungsgericht Regensburg feststellen solle, ob die Eilhandlung Steiningers rechtmäßig und die FNBW-Kündigung damit wirksam bzw. unwirksam gewesen sei. „Der Stadtrat als auch ich sind jetzt aufgefordert, Begründungen schriftlich beim Gericht einzureichen.“
Sigrid Weiß: „Geht darum, wie er Entscheidungen blockiert“
Indes meldete sich am Dienstagabend Sigrid Weiß zu Wort. „Es geht nicht um FNBW, so wie es immer wieder von unserem Bürgermeister dargestellt wird“, sagt die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Zwiesler Stadtrat. „Sondern ganz allein drum, wie er mit einem von der Bevölkerung von Zwiesel gewählten Gremium umgeht bzw. dessen Entscheidungen blockiert.“ Sie ist der Meinung: „Wenn es von Seiten der Rechtsaufsicht geduldet wird, dass ein Bürgermeister Beschlüsse entgegen der Vorschrift des Art 36 GO (Vollzug der Beschlüsse des Gemeinderats – Anm. d. Red.) nicht umsetzt, dann ist unserer Meinung nach der Willkür Tür und Tor geöffnet.“
Sie richtet sich deshalb mit folgender Anfrage an die Rechtsaufsicht des Landratsamtes sowie an die Regierung von Niederbayern (gefettete Passagen aus dem Original übernommen):
„Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Beschluss vom 31.03.2016 Nr. 69 hat der Stadtrat von Zwiesel mehrheitlich beschlossen:
Der Stadtrat genehmigt den von der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald GmbH mit Schreiben vom 16.02.2016 übersandten Teilbetriebsübergangsvertrag mit folgender Änderung: Der Betriebsübergang erfolgt zum 01.04.2016
Dieser Beschluss wurde bisher vom Bürgermeister nicht vollzogen.
Vielmehr weigert sich der 1. Bürgermeister beharrlich den Vertrag zu unterschreiben und der Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der er zur Unterschrift gezwungen werden sollte, wurde mit Beschluss vom 20.07.2016 vom Verwaltungsgericht Regensburg abgelehnt.
Damit sieht der Bürgermeister seine bisherige Haltung als gerechtfertigt an und publiziert dies auch so in der Öffentlichkeit.
Der Bürgermeister hat also bisher erfolgreich und ohne irgendwelche Konsequenzen befürchten zu müssen, wissentlich und vorsätzlich einen mehrheitlich gefassten Beschluss des Stadtrates nicht umgesetzt, da seine persönliche Meinung und seine subjektive Einschätzung nicht der Mehrheit des Stadtrates entsprechen.
Wenn so ein Verhalten eines Bürgermeisters in Niederbayern ohne Konsequenzen bleibt, dann sind der Willkür Tür und Tor geöffnet. Jeder Bürgermeister kann – ohne irgendwelche Konsequenzen befürchten zu müssen – Beschlüsse, die ihm nicht passen, einfach nicht vollziehen.
Nach der Art. 36 Gemeindeordnung ist es aber die Aufgabe des Bürgermeisters, die Beschlüsse des Stadtrates zu vollziehen. Sollte er diese für rechtswidrig erachten, so hat er sie der Rechtsaufsicht zur Überprüfung vorzulegen. Dies ist nach Auskunft der Rechtsaufsicht jedoch bisher nicht geschehen, obwohl er dies angekündigt hat.
Als Mitglied des Zwieseler Stadtrats und Fraktionssprecherin der GRÜNEN wende ich mich nun mit der Bitte an Sie, mir schriftlich mitzuteilen, welche Möglichkeiten der Stadtrat nun noch hat, damit die demokratische Grundätze in Zwiesel wieder beachtet und Beschlüsse vollzogen werden.
Sofortige Vollzugsanordnung von Verwaltungsgericht abgelehnt
Zum Hintergrund: Mehrere Zwieseler Stadträte wollten beim Verwaltungsgericht Regensburg Bürgermeister Franz Xaver Steininger per gerichtlicher Anordnung zur Unterzeichnung des Vertrags mit der Ferienregion Bayerischer Wald zwingen. Ein Versuch, der scheiterte und vom VG Ende Juli abgelehnt wurde.
Am 31. März hatte die Mehrheit im Zwieseler Stadtrat den sogenannten Teilbetriebsübergangsvertrag mit der FNBW genehmigt – die Unterzeichnung durch Bürgermeister Steininger blieb jedoch aus. Anfang Mai beschloss der Stadtrat ebenfalls mehrheitlich, beim VG eine sofortige Vollzugsanordnung für den Zwieseler Rathaus-Chef zu beantragen. Die Regensburger Entscheider sahen jedoch keine Gründe für jene einstweilige Anordnung vorliegen. Unter anderem war dem Gericht zufolge keine Dringlichkeit zur Vertragsunterzeichnung erkennbar. Zudem hätten die antragsstellenden Stadträte nicht ausreichend geschildert, warum der Stadt im Falle der Nicht-Unterzeichnung ein Schaden entstehen würde. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts, mit der Steininger sich seitdem bestätigt sieht – und die ihn „natürlich freut“, wie er gegenüber der hiesigen Tageszeitung verkündete.
da Hog’n
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