Zwiesel. Welchen Weg soll Zwiesel in Sachen Tourismus künftig einschlagen? Wie soll es weitergehen, wenn die Glasstadt tatsächlich aus der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald (FNBW) aussteigen sollte? Diese und andere Fragen standen am vergangenen Montagnachmittag bei einer Vermieterversammlung im Fokus, zu der die Verantwortlichen der Arberland REGio GmbH und der FNBW ins Pfefferbräustüberl in Zwiesel geladen hatten. „Die Vermieter sollen sich selbst informieren können und sich eine Meinung mit korrekten Fakten bilden können“, betonten Arberland-Chef Herbert Unnasch und Frauenaus Bürgermeister Herbert Schreiner, FNBW-Aufsichtsratsvorsitzender, bereits im Vorfeld.
Michael Adam: „Zwiesel wird’s alleine künftig finanziell nicht stemmen können“
Landrat Michael Adam machte zu Beginn der Veranstaltung keinen Hehl daraus, wie er zu Steiningers Plänen, die Stadt Zwiesel touristisch zu separieren, steht. „Alle Gemeinden arbeiten zusammen – nur Zwiesel sondert sich ab. Kurzfristig mag dies vielleicht befriedigend erscheinen. Auf lange Sicht erachte ich das Ganze jedoch als fragwürdig“, so Adam, der im gleichen Zug auf die touristisch stärkste Kommune im Landkreis, Bodenmais, verwies. Denn selbst dort müsse man sich mittlerweile überlegen, ob die touristische Vermarktung künftig finanziell alleine gestemmt werden könne.
Herbert Schreiner: „Wenn Zwiesel hustet, ist der gesamte Zwieseler Winkel erkältet“
Ähnlicher Meinung ist der Frauenauer Bürgermeister Herbert Schreiner, gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der FNBW. Auch seiner Meinung nach würden Einzelkämpfer auf lange Sicht durch das Raster fallen. Zudem erinnerte er daran, dass man sich nicht ohne Grund vor vielen Jahren für die Gründung einer GmbH entschieden hatte. „Der Entschluss, eine Entpolitisierung des Tourismus herbeizuführen, war damals richtig. Man sollte den Tourismus denen überlassen, die in auch beherrschen“, sagte Schreiner – und zog dabei Kommunen aus dem Schwarzwald als Bespiel heran, an denen es sich zu orientieren gilt. Durch Zwiesels Abspaltung sehe er vor allem große Probleme auf die übrigen Kommunen der FNBW zukommen. „Wenn Zwiesel hustet, ist gleichzeitig auch der gesamte Zwieseler Winkel erkältet“, argumentierte er gegen die Behauptung von Bürgermeister Franz Xaver Steininger, seine Stadt würde momentan „im Einheitsbrei“ der FNBW verschwinden. Aber auch finanziell würde es für die verbliebenen Gemeinden in der FNBW eng werden. „Durch Zwiesels Austritt stehen 140.000 Euro im Feuer“, so Schreiner.
Dr. Michael Braun: „Sie werden keine Übernachtung mehr oder weniger haben“
Sichtlich neutral gab sich der Geschäftsführer des Tourismusverbands Ostbayern (TVO), Dr. Michael Braun. „Egal was Sie machen, Sie werden nicht unmittelbar Übernachtungen mehr oder weniger haben“, versuchte er die Konsequenzen, die Zwiesels Entscheidung hat, zu verdeutlichen. Es mache aus seiner Sicht keinen Unterschied, ob Zwiesel die Aufgaben Marketing, Vertrieb und Produktentwicklung selbst oder im Kollektiv mache. Dies läge vor allem daran, dass der Tourismus in Bayern „vertikal“, also von unten nach oben, organisiert sei. Die Aufgabe der ArberlandREGio sei es demnach auch nicht, Marketing zu betreiben, sondern in erster Linie den Dachmarken zuzuarbeiten.
Franz Xaver Steininger: „Zwiesel ist keine Gemeinde XY, sondern ein Markenbegriff“
Der augenscheinliche Hauptakteur der Veranstaltung, Zwiesels Bürgermeister Franz Xaver Steininger, hielt jedoch auch am Montag an seinen Plänen fest, die Marke Zwiesel touristisch künftig ohne die FNBW zu etablieren. Mit der GmbH könnten seiner Meinung nach keine neuen Touristen mehr gewonnen werden. Stattdessen würde man nur „sinnlos Geld verbraten“. Genau dieses Geld müsse sich Steininger zufolge die Stadt nach all den Jahren – genau wie es Bodenmais getan – wieder zurückholen. Ferner sehe er durch die Mitgliedschaft in der FNBW die Außenwirkung Zwiesels gefährdet. „Zwiesel ist keine Gemeinde XY, sondern durch seine Existenz als Glasstadt ein Markenbegriff. Diesen muss man herausstellen.“ Zudem seien seiner Kenntnis nach seit dem Beitritt zur FNBW die Übernachtungszahlen in Zwiesel gesunken, was Landrat Adam wiederum zu verneinen wusste.
Monika Dombrowsky: „Sind noch lange nicht ausgereift“
Auch im Kreise der Zuhörer fanden sich Stimmen, die sich der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald gegenüber kritisch äußerten. So monierte etwa der Zwieseler Stadtrat Alois Fuggenthaler (PWG) die personelle Struktur der GmbH. Demnach müsste Zwiesel städtisches Personal an die FNBW abgeben, während diese vollständig über das Personal bestimmen würde – und die Stadt hier nichts zu sagen hätte. Weiterhin sei auch ihm aufgefallen, dass Zwiesel in punkto Marketing gelegentlich vernachlässigt werde. Bestes Beispiel hierfür seien unter anderem die Langlauf-Loipen der Stadt, die nicht ins Freizeitmagazin „Waldgeist“ mitaufgenommen wurden.
Dagegen wusste sich Monika Dombrowsky, Geschäftsführerin der FNBW, zu wehren. Sie habe von Anfang an versucht, alle Tourist-Informationen und Gemeinden miteinzubeziehen. In Zwiesel seien ihr jedoch aufgrund fehlender Rückmeldungen seitens der Touristinfo bisher die Hände gebunden gewesen. Sie bat darum, der noch nicht lange bestehenden FNBW eine Chance zu geben. „Wir sind noch lange nicht ausgereift. Es dauert bis alle Gemeinden optimal miteingebunden sind, um miteinander nach vorne zu gehen.“
Offensichtlich vernächlässigt kamen sich die ebenfalls anwesenden Vermieter vor. Besonders von Seiten der Stadt fühle man sich alleine gelassen – und nicht ausreichend genug informiert. Stattdessen würden wichtige Entscheidungen bei geschlossenen Zusammenkünften diskutiert werden. „Wir kleineren Betriebe wurden nicht zum ersten Treffen von Herrn Steininger eingeladen“, beklagte sich etwa eine Zuhörerin. Ein weiterer Vermieter kritisierte die fehlende Neutralität im Rathaus. Stattdessen würde der Eindruck vermittelt, dass die Vermieter für politische Entscheidungen instrumentalisiert werden.
Susanne Wagner: „Wie müssen Synergien schaffen“
Steininger erwiderte, dass mit einer Unterschriftenliste bisher sehr wohl eine Beteiligung der Bürger stattgefunden habe. Durch diese hätte er momentan von vielen Beherbergungsstätten, die 70 Prozent der Übernachtungen abbilden, eine Rückmeldung bekommen. Zudem hätte ein Austritt Zwiesels aus der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald GmbH für die Vermieter ohnehin keine Konsequenzen.
Zwei weitere Zuhörerer fügten an, dass es aktuell ohnehin einen rechtskräftigen Stadtratsbeschluss gebe, der Zwiesel als Mitglied an die FNBW bindet. Diesen Punkt griff auch Landkreis-Tourismusreferentin Susanne Wagner von der Arberland REGio GmbH in ihrem abschließenden Statement auf, für das sie regen Beifall erhielt. „Wir müssen Synergien schaffen. Bei der FNBW standen diese bereits von Anfang an ganz oben auf dem Plan.“
Gemäß der zu Beginn geäußerten Intention Adams, keinesfalls mit dem Ziel gekommen zu sein, durch die Veranstaltung eine endgültige Entscheidung zu fällen, wurde der heimische Tourismus mit Beendigung der Diskussion auch an diesem Tag erneut in eine ungewisse Zukunft entlassen.
David Salimi
Mehr zum Thema gibt’s hier zu lesen –> http://www.hogn.de/?s=zwiesel+steininger+fnbw