Vimperk/ Winterberg. „Der Arzt hat in vielen Dingen vollkommen Recht. Die Politik hat fahrlässig und nur auf ihren eigenen Profit abzielend gehandelt“, kommentierte einer von vielen Lesern auf der Hog’n-Facebookseite nach Veröffentlichung des ersten Interviewteils mit Marek Matoušek. Der Winterberger Zahnarzt und Unterzeichner der landesweiten Initiative „Vierzig Tage für die menschliche Gesundheit und die Wirtschaft“ hatte klar zum Ausdruck gebracht, wie es zur verheerenden Lage im Nachbarland kommen konnte.
Im zweiten Teil unseres Gesprächs geht es unter anderem um die Frage, wie hoch Marek Matoušek die Impf-Bereitschaft der Tschechen einschätzt, wie sich die momentane Situation in den grenznahen Krankenhäusern gestaltet und ob er glaubt, dass es zu einer weiteren Welle in der Tschechischen Republik kommen wird.
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Marek: Welche Reaktionen rufen deutsche Hilfen, wie die angekündigten 15.000 Impfdosen, bei den Tschechen hervor?
Es kommt drauf an. Diejenigen, die dem Coronavirus mit dem gebotenen Respekt gegenübertreten, sind dankbar und reagieren positiv auf die Hilfen. Diejenigen, die an gewisse Verschwörungstheorien glauben, haben ohnehin in nichts Vertrauen…
„Die Krankenhäuser sind voll ausgelastet“
Wie hoch ist die Bereitschaft der tschechischen Bevölkerung sich impfen zu lassen?
Vor etwa einem Monat haben wir in Zusammenarbeit mit der Ludwig-Maximilians-Universität München eine Umfrage unter Ärzten sowie Angehörigen von Pflege- und Gesundheitsberufen durchgeführt. Sie wurde von ungefähr 12.000 Personen beantwortet. Das Ergebnis: Die Akzeptanz ist sehr hoch und liegt bei rund 86 Prozent. In der Gesellschaft ist sie weitaus niedriger und rangiert Umfragen zufolge bei etwa 52 Prozent.
Wie sieht es in den Krankenhäusern in der Grenzregion aus, speziell in Vimperk (Winterberg): Sind dort die Kapazitätsgrenzen erreicht?
Die Krankenhäuser im benachbarten Prachatice, Strakonice, Sušice oder Písek sind voll ausgelastet. In Sušice wurde sogar der Triage-Zustand ausgerufen. Dies bedeutet, dass nicht nach Standardregeln behandelt wird, sondern so, dass die Ärzte entscheiden müssen, wem sie priorisiert helfen – und wem nicht.
Wie ist die generelle Stimmung in der Bevölkerung? Dachten im Sommer tatsächlich die meisten Tschechen, dass Corona besiegt sei?
Die Leute sind verwirrt. Sie wissen nicht, wem und was sie glauben sollen. Sie sind müde, sind ein bisschen leichtsinnig und lächeln die Dinge weg, wie der brave Soldat Schweijk. Es ist eine Art Cocktail von allem, um der Realität zu entfliehen. Doch erst wenn die Gesellschaft fest auf dem Boden steht und erkennt, dass die Gesamtsituation überaus besorgniserregend ist und die langfristigen Folgen für die Gesundheit und für die Wirtschaft verheerend sein werden, kann sich die Lage bessern.
Weiterhin beunruhigend: die neuen Mutationen
Wie gehen deine Patienten mit der Corona-Situation um? Wie gehst du selbst als Zahnarzt damit um?
Im vergangenen Juni haben wir aufgrund von Corona die Praxis massiv umgebaut, damit die Menschen in größtmöglicher Sicherheit behandelt werden können. Neben den neuesten zahntechnologischen Instrumenten – von 3D-Scannern, speziellen Mikroskopen, Computertomographen und Lasern bis hin zu 3D-CNC-Fräsmaschinen – verfügen wir nun über eine einzigartige Luftfilteranlage, die wir im gesamten Gebäude installiert haben. Unsere Patienten sollen sich wohl und sicher fühlen.
Was denkst du: Wird es eine weitere Welle in Tschechien geben? Falls ja: Wann rechnest du damit?
Aktuell befinden wir uns auf dem Höhepunkt der vierten Welle, die wohl die letzte sein wird. Ab Mitte April wird es jahreszeitbedingt mehr Sonnenschein geben, die Menschen werden sich wieder mehr draußen im Freien aufhalten und die Infektionszahlen werden sinken. Aufgrund der fortschreitenden Impfungen werden wir in Tschechien die nötige Herdenimmunität erreichen. Aber eines bleibt weiterhin beunruhigend: die neuen Mutationen.
Wie schätzt du die Gefahr dieser Mutationen ein?
Experten sprechen von der Gefahr der sog. Immunflucht – etwa bei der E484K-Mutation -, da bestimmte Arten von Antikörpern bei Impfungen leider nicht vollumfänglich funktionieren. Somit werden weitere Mutationen entstehen.
Wunsch: „Die Rückkehr zu den Wurzeln“
Abschließende Frage: Was wünschst du dir für die Zukunft?
Für diejenigen Menschen, die an fehlerhafte Informationen und Verschwörungstheorien geglaubt haben, ist es notwendig, einen freien Raum zu schaffen, um sich zurückziehen zu können. Ein Raum, in dem ihr Ego nicht weiter leiden muss. Denn nur wenige Leute können zugeben, dass sie sich geirrt haben, dass ihre Meinung falsch war. Es ist notwendig einen Weg zu finden, auf dem diese Leute ihre Meinung ändern können, ohne dabei ihr Gesicht zu verlieren.
Ich wünsche uns allen, dass die Menschen zu ihren eigentlichen Wurzeln zurückkehren; dass sie von der Virtualität in die Realität übergehen, um sich bewusst zu werden, was im Leben wirklich wichtig ist. Ob es die gesunde Tochter oder der gesunde Sohn ist, die zählen – oder eine aufgeblähte Brieftasche. Ob wir saubere Luft, sauberes Wasser und ein reines Gewissen haben wollen – oder unruhig schlafend in einem Klima ersticken wollen, das durch Autoabgase, Fabrik-Emissionen oder zwischenmenschliche Kriege vergiftet ist. Ich wünsch mir Gesundheit auf vielen Ebenen – sowohl körperlich als auch zwischenmenschlich wie geistig.
Vielen Dank, dass du dir Zeit zur Beantwortung unserer Fragen genommen hast.
die Fragen stellte: Stephan Hörhammer
Unlängst hat mich ein Bekannter gefragt, ob ich Corona-Leugner bin.
Ich bin doch kein Virologe wie Frau Merkel, Herr Spahn oder Herr Söder; ich bin…