Schwarzach. Garteln – ein Hobby, dem mittlerweile viele Menschen frönen und das in den vergangenen Jahren zu einem regelrechten Hype geworden ist. Man braucht nur in die Zeitschriftenregale zu schauen, wo sich Hochglanz-Magazine mit ihren einladenden floralen Covern den Rang ablaufen.

Zwei Männer mit grünem Daumen: Ulrich Maucher und Thomas Prommersberger. Foto: Melanie Zitzelsberger
Auch ein Garten in Schwarzach (Lkr. Straubing-Bogen) wurde schon in rund zehn namhaften Gartenjournalen und Bildbänden verewigt: das Paradies von Thomas Prommersberger und Ulrich Maucher. Fährt man auf Hof 1 – so die offizielle Anschrift – vor, schallt laute Musik aus den Lautsprechern, die Begrüßung sozusagen. Und kaum ist man ausgestiegen, kommt einer der beiden Gärtner mit einem herzlichen „Hallo“ herbeigeeilt.
5.000 Quadratmeter: Viel Arbeit, aber auch viel Freude
Bereits als Kinder und Jugendliche waren Tom und Uli, wie sie hier jeder nennt, natur- und gartenverliebt. „Das Garteln liegt mir im Blut. Meine Mutter hatte schon immer Blühpflanzen ums Haus. Ich bin mit Pflanzen, Obst und Gemüse aufgewachsen, ich kenn das nicht anders“, blickt Tom zurück. Bei Uli ist es nicht anders: „Schon als Kind hatte ich einen eigenen, kleinen Garten. Ich habe mir vom Friedhofskomposthaufen Pflanzen geholt und sie dann in mein kleines Gärtlein gepflanzt“, schmunzelt er. Ja, hier handelt es sich um echte Gartenliebe – und das gleich im Doppelpack. Anders ist’s wohl auch unmöglich, wenn man ohne Hilfe einen 5.000 Quadratmeter großen Garten bewirtschaftet und pflegt.
Von Berufs wegen hat es die beiden jedoch erst einmal in gartenfremde Richtungen verschlagen. Thomas Prommersberger ging schon diversen Beschäftigungen nach – wie beispielsweise Raumausstatter oder Bürokaufmann. Schließlich fand er dann in der Behinderteneinrichtung Bühel eine Anstellung und steckte seine gesamte Energie in den Aufbau und die Gestaltung des Gartens. „Wir gärtnern so, dass die Behinderten auch überall dabei sein können“, sagt er. Zusätzlich hat er sich zum Gärtner ausbilden lassen.
Aus der „Ruine ohne Strom und Wasser“ wurde ein Paradies
Ulrich Maucher ist seit Kurzem im (Un-)Ruhestand und war vorher ebenfalls in Bühel als Heilerzieher tätig. Auch er hatte schon eine Menge anderer Berufe: vom Koch und Konditor über den Landwirt bis hin zum Krankenpfleger. Allgemeinbildung im wahrsten Sinne des Wortes.

Ein Teil des Wohnhauses mit Café im Erdgeschoss und zukünftigem Seminarraum im Obergeschoss. Daneben das aus Altholz selbst erstellte Japan-Haus. Foto: Melanie Zitzelsberger
1999 sollte ein einschneidendes Jahr für Maucher und Prommersberger werden, denn da mieteten sie „eine Ruine ohne Strom und Wasser“, wie sie selbst es beschreiben. Das Fotoalbum aus der Zeit muss als Beweis herhalten, denn es ist unvorstellbar, was sich damals dort befand, wenn man sieht, was heute dort zu sehen ist. Der Gutshof stammt aus dem 17. Jahrhundert. Nachdem die neuen Mieter eingezogen waren, musste erst einmal monatelang entrümpelt und das marode Nebengebäude abgerissen werden.
„Der Garten ist unser Leben“
Nachhaltig von ihrer Grundeinstellung her, wurde das meiste Material wiederverwendet, um etliche Gebäude auf dem Grundstück zu errichten. Heute stehen dort mehrere kleine Scheunen, zwei Folientunnel, ein Anzuchthaus und zwei weitere Gewächshäuser, ein Ententeich, eingefasst in ein Hühnergehege, ein halboffenes, geschütztes Gartenhäuschen für einen gemütlichen Kaffee oder ein kühles Radler. Alles in Eigenregie und in Eigenleistung gebaut. Unfassbar, wie viele Arbeitsstunden die beiden in dieses Fleckchen Erde gesteckt haben.
„Der Garten ist unser Leben“, sagen beide unisono. Anders ist das nicht denkbar, wenn man die meiste Zeit des Jahres vierzehn bis achtzehn Stunden von Montag bis Sonntag dort verbringt. Gibt es also nie Urlaub fernab des Gartens? „Von Dezember bis Anfang März wäre unsere Reisezeit. Wir sind früher auch verreist, aber jetzt wollen wir nicht mehr in die Ferne. Wir sind am liebsten daheim“, stellt Tom fest.
Auge und Magen kombiniert
Der traditionelle Bauerngarten, so wie ihn die beiden von Kindheit an kennen, ist das Vorbild – Obst- und Gemüseanbau umgeben von Blühpflanzen. Auge und Magen kombiniert. Dafür gab es auch keine große Vorplanung: „Unsere 5.000 Quadratmeter waren nicht geplant. Wir haben den Garten Stück für Stück erweitert, angefangen haben wir mit gerade einmal 200 Quadratmetern.“

Gleich neben dem Wohnhaus befindet sich das „Dahlien-Labyrinth“. Hier hat Tom seine Schätze akribisch mit den exakten Sortennamen beschriftet. Foto: Evi Pelzer
Ebenso ist Chemie ein Tabu im Landschaftsparadies Hof 1. Der Garten wird ausschließlich biologisch bewirtschaftet, dazu gehören unter anderem ein großer Kompostplatz und eine hauseigene Quelle, die ein Bächlein speist, das durch einen Teil des Gartens fließt. Wie meinte einmal eine Besucherin: „Hier muss eine fleißige Frau wohnen, bei dem Garten.“ Eine Aussage, die freilich für eine Lacher sorgt.
Jedes Jahr wird anders angepflanzt. Von Hand versteht sich. Jedes Samenkorn wird einzeln ausgesät, allein 9.000 Zwiebel- und Lauchkörnchen, 2.500 Tomatenpflanzen, 32 Salatsorten. Das neueste Baby sind samenfeste Sorten. Unvorstellbare Zahlen – sogar dann noch, wenn man alles mit eigenen Augen sieht. Die Arbeit lässt sich nur ansatzweise erahnen.
Toms Herz schlägt für Dahlien
Freunde und Bekannte können bei den beiden Pflänzchen bestellen. Dafür haben sie vor vier Jahren extra einen Bestellschein entworfen, damit es einfacher funktioniert. „Ich nehme jedes einzelne Körnchen und später jede einzelne Pflanze in die Hand“, sagt Tom, wobei sie beide immer barfuß unterwegs sind. „Auf und in der Erde, da fühl ich mich total mit der Natur verbunden. Das erdet mich und schenkt mir Seelenfrieden. Hier bin ich ganz bei mir.“
„Jeder von uns hat seinen eigenen Garten – im Garten – und andere Zuständigkeiten“, erklärt Uli. Die Stauden und Dauergärten sind sein Bereich, während sich Tom um Gemüse und Sommerblumen kümmert. Eine Blume jedoch nimmt eine ganz zentrale Stellung ein: die Dahlie. Dafür schlägt Toms Herz. Das merkt man förmlich, wenn er übers ganze Gesicht strahlt und von seiner Lieblingsblume erzählt. Über 500 Dahliensorten sind im Garten vertreten, Tom sammelt sie alle. Sie wachsen im Labyrinth und eigentlich überall im Garten. Für die Winterzeit im Haus werden die Blumen sorgfältig etikettiert. Tom legt sie dann zur warmen Jahreszeit an Ort und Stelle – und Uli gräbt sie ein. Perfektes Teamwork.
Reisegruppe aus Schweden zu Besuch
Tom und Uli – sie sind weit über den Landkreis hinaus bekannt. Journalisten, Fernsehteams und Gartenexperten waren schon zu Gast und berichteten ausführlich über diesen außergewöhnlichen Ort. Sogar Besucher-Busse reisen an. „Wir hatten mal eine ganze Busgesellschaft aus Schweden zu Gast. Das waren lauter Dahlien-Liebhaber auf Deutschlandtour. Über einen gemeinsamen Bekannten, einen berühmten Dahlienexperten und -fotografen, haben sie auch uns beehrt“, erinnert sich Uli.
Täglich kommen Gäste vorbei. Jeden ersten Sonntag im September lädt der örtliche Obst- und Gartenbauverein zum Sommerfest auf Hof 1 ein. Viele Besucher durchstreifen dann Garten und Haus. Dort ist im Übrigen ein Café entstanden – und im Obergeschoss befindet sich ein Seminarraum mit Galerie, an dem Tom noch arbeitet.
„Wir wollen das Café nicht als Geschäft betreiben, sondern wieder als Ort der Gemütlichkeit und der Begegnung. Kaffee haben wir sowieso immer vorrätig – und Kuchen meist auch“, berichten die beiden und lachen. „Genau das soll unser Garten sein – Begegnungsort und Kraftort. Das war immer unser Urgedanke. Das macht uns stolz“, bekräftigt Tom. Wahrlich, auf dieses Stückchen Erde darf man sehr stolz sein. „Wir leben im Paradies“, sind sich die beiden einig.
Melanie Zitzelsberger
(Erstveröffentlichung in: Schöner Bayerischer Wald, Heft September/Oktober 2023)
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Weitere Infos gibts bei: Thomas Prommersberger und Uli Maucher, Hof 1, 94374 Schwarzach; Telefon: 09962 2756;