„Sepp, servus! I mecht gern wos vo Dir wissen: Woast Du eigentlich, wia ma sein Garten insektenfreundlich mocht?“ „Ja freilich woas i des – und i erkär’s Dia aa gern!“ Im dritten und letzten Teil unserer Garten-Serie „Gute Frage“ geht es um das Unterfangen, den eigenen Garten möglichst insektenfreundlich zu gestalten. Dabei spielen einheimische Wildpflanzen genauso wie Kulturpflanzen, Nistmöglichkeiten, Lichtverhältnisse und viele weitere Faktoren eine gewichtige Rolle.
Insekten sind für den Privatgarten von unschätzbarem Wert. Mit ihrer Bestäubungsarbeit tragen sie dazu bei, dass im Frühling und im Sommer alles zu blühen und zu grünen beginnt. Außerdem dienen Insekten als wertvolle Nahrungsquelle für die unterschiedlichsten Tiere, vom Igel bis zu den Vögeln. Sie machen einen Garten erst so richtig vielfältig. Wir wollen Euch im Folgenden viele nützliche Tipps an die Hand geben, wie ihr die kleinen Lebewesen im Garten daheim unterstützen könnt.
So wird der Garten im nächsten Jahr insektenfreundlich:
- Wir wollen mehr einheimische Wildpflanzen stehen lassen oder neu setzen bzw. säen, um den Insekten (vor allem den Wildbienen) das ganze Jahr über Blüten bieten zu können, so dass sie weder im frühen Frühjahr noch im Spätsommer Hunger leiden müssen; wichtige Pflanzenfamilien sind Korbblütler (Löwenzahn, Margeriten, Sonnenblumen, Astern, Gänseblümchen), Doldenblütler (Wasserdost, Wilde Möhre, Engelwurz, Dill, Wilder Fenchel, Giersch, Schafgarbe) Schmetterlingsblütler (Weißklee, Hornklee, Wicken, Feuerbohnen, Ginster), Kreuzblütler (alle Kohlpflanzen, Ackersenf, Raps, Radieschen, Goldlack, Nachtviole) Lippenblütler (fast alle Kräuter, wie Thymian, Salbei, Lavendel; Taubnessel, Goldnessel, Natternkopf) sowie alle Glockenblumengewächse, aber auch so manches Gemüse (Tomaten werden fast ausschließlich von Hummeln bestäubt) und im Frühjahr natürlich alle Zwiebelblumen und die Kätzchen der Salweide.
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Wenn wir Kulturpflanzen in unseren Garten holen, wollen wir darauf achten, dass ihre Blüten möglichst einfach, das heißt nicht gefüllt sind; gefüllte Blüten haben nämlich wenig oder gar keinen Pollen, da bei ihnen die pollentragenden Staubblätter durch Züchtung in Blütenblätter umgewandelt wurden. Diese Pflanzen sind sterile Hybriden, die sich auf dem natürlichen Weg der Befruchtung nicht vermehren können. Es gibt aber von vielen Gartenblumen auch ungefüllte oder halbgefüllte Sorten – und selbst auf Rosen werden wir nicht verzichten müssen, denn es gibt genug wilde und halbwilde Rosensorten, deren Blüten dem Gärtner Genuss für Auge und Nase bieten und noch dazu eine feine Insektenweide sind: Weinrosen, Hundsrosen, Essigrosen und die kleinen Kriechrosen, die zwar jeden Sommer nur einmal blühen, dafür aber bis in den Winter hinein ihre leuchtenden Hagebutten tragen – auch sie sind vitaminreiches Vogel- und Menschenfutter.
- Leider ist auch beim Pflanzenkauf das Billigste selten das Beste. Greenpeace-Mitarbeiter haben vor vier Jahren Blumen gekauft und auf Rückstände getestet – ausschließlich Sorten, die von Insekten angeflogen werden. Diese Pflanzen – aus Gartencentern, Supermärkten und Baumärkten in ganz Europa – waren so gut wie alle (84 von 86 Proben) mit Pestiziden und Insektiziden verseucht, allen voran mit Neonicotinoiden, die inzwischen als „Bienenkiller“ zu trauriger Berühmtheit gelangt sind. Diese Stoffe verteilen sich in der gesamten Pflanze und werden dort gespeichert – Bienen sammeln den giftigen Pollen und füttern damit ihre Larven. So tragen Gärtner in bester Absicht und ohne ihr Wissen zum Bienensterben bei; noch dazu kommt das Gift über den Honig zu ihnen zurück. Deswegen kaufen verantwortungsvolle Gärtner ihre Zierpflanzen und Gemüsesetzlinge beim Gärtner ihres Vertrauens – am besten mit Bio-Siegel.
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Unser Garten soll abwechslungsreicher werden und nicht nur aus Blumenbeeten, Rasen und befestigten Wegen bestehen! Was Insekten brauchen – und auch unser Gärtnerherz erfreuen wird -, ist ein gut strukturierter Garten mit einem Wechsel aus feuchten und trockenen, schattigen und sonnigen Standorten, mit natürlichen Materialien gestaltet (z. B. Trockenmauern, Wildfruchthecken, Weidenzaun, Teich, Totholz-Ecken, Schmetterlings-Kinderstube mit Brombeeren, Himbeeren und Brennesseln). Darin wächst und blüht eine Vielfalt an Pflanzen jeglicher Art, aus Bäumen, Sträuchern, Wildstauden, Gemüsepflanzen, Kräutern und Wiesenblumen. Da viele Tiere – nicht nur Insekten – an spezielle Strukturen und bestimmte Pflanzenarten angepasst, ja oft so spezialisiert sind, dass sie ohne diese nicht überleben können, legen wir damit die Grundlage für Artenreichtum in unserem Garten.
- Licht im Garten soll nur noch dort leuchten, wo es aus Sicherheitsgründen notwendig ist – die Leuchtdauer begrenzen wir mit Zeitschaltuhren oder Bewegungsmeldern und achten darauf, dass der Lichtkegel nach unten und nicht in den Himmel gerichtet ist. Vorhänge verhindern, dass Insekten durch erleuchtete Fenster angezogen werden. Ganz wichtig ist es, beim Kauf von Leuchtmitteln auf das Farbspektrum zu achten: Lichtfarben von Gelb über Orange bis Rot (die auch für das menschliche Auge angenehmer sind) ziehen Insekten nicht so stark an wie Licht mit hohem UV- und Blau-Anteil, weil solches Licht auch von ihren Nahrungspflanzen ausgeht (z. B. fliegen Nachtfalter wie das Taubenschwänzchen auf die weißen Blüten des Seifenkrauts). Die Farbtemperatur der verwendeten Leuchtmittel im Garten sollte daher unter 3.000 Kelvin liegen – das entspricht ungefähr der im Handel verwendeten Bezeichnung „warmweiß“. Oder wir verzichten ganz auf künstliches Licht und genießen zur Abwechslung einmal die Dunkelheit – vielleicht sehen wir dann die grünen Laternchen der Glühwürmchen in unserem Garten auf- und nieder schweben…
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Wir wollen ab und zu durch unseren Garten gehen und ihn mit Insekten-Augen anschauen: Fehlen vielleicht noch Versteck- und Nistmöglichkeiten? In unseren Breiten lässt die Natur den Boden nicht lange unbedeckt – und auch in unserem Garten sollte das gelten: Je dichter die Vegetation, desto besser sind die Chancen für Insekten, Spinnen, Kleinsäuger und Reptilien, einen Unterschlupf zu finden. Das Herbstlaub erfüllt den gleichen Zweck und nutzt dem Igel ebenso wie Schmetterlingslarven, Glühwürmchen, Marienkäfern, Molchen, Blindschleichen und Grasfröschen. So finden auch Vögel, die ihre Nahrung am Boden suchen (wie Amseln oder Rotkehlchen) im Winter noch Nahrung. Es macht Freude dabei zuzuschauen, wie besonders die Amseln jedes Blättchen umdrehen und dabei nach und nach das Laub in gleichmäßige Häufchen sortieren. Um die Wege freizuhalten, greifen wir zum Rechen anstatt zum Laubsauger und verteilen das welke Laub auf Beeten und unter Gehölzen, wo es im Laufe des Winters langsam verrottet, Boden und Kleintieren als Schutz dient und im Frühjahr als natürlicher Dünger in den Boden eingearbeitet werden kann. Übrigens gedeihen auch viele Pflanzen besser, wenn sie eine schützende Laubdecke haben, etwa viele Waldpflanzen wie Lerchensporn, Buschwindröschen oder Alpenveilchen.
- Auch das Fallobst, das wir nicht anderweitig verwerten, können wir den Gartenbewohnern zugute kommen lassen! Nicht nur die Vögel, auch manche Schmetterlingsarten wie der C-Falter lieben Obst und schlecken gerne Pflanzensäfte. Damit die heimatlosen Wespen im Spätherbst auch davon profitieren können, legen wir für sie eine Obsttafel fern von unserem Kaffeetisch an – so ist jedem geholfen.
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Ameisen sind nützlich, siedeln sich aber manchmal an Stellen an, wo man sie so gar nicht gebrauchen kann – etwa im Beet oder Hochbeet. Abhilfe ist einfach, ohne dass jemand zu Schaden kommt: Dazu nimmt man einen großen Blumentopf aus Ton (das Loch im Boden verschließen), stülpt ihn über den Bau oder den Eingangsbereich und wartet zwei Wochen ab. Da schau her: Die Ameisen haben unser Angebot stabiler Außenwände für ihr Nest freudig akzeptiert und sind in den Blumentopf umgezogen! Jetzt einfach ein Holzbrett oder eine Kehrschaufel unter den Topf schieben und die Ameisen mitsamt dem Behälter an einer passenden, möglichst sonnigen Stelle wieder aussetzen. Sind Ameisen dagegen im Kompost, ist dieser definitiv zu trocken und sollte entweder gewässert oder umgesetzt und mit feuchtem Materialien wie z. B. Herbstlaub angereichert werden. Da ziehen dann die Ameisen von selber um.
- Wer Singvögel „ernten“ will, der muss Insekten „säen“! Ein Meisenpaar mit Nachwuchs benötigt als Nahrung in einem Jahr etwa 40 bis 50 Kilogramm Raupen und andere Insekten. Wildstrauchhecken und Wildstaudenbeete kommen nicht nur Bienen, Hummeln und Käfern zugute, sondern bieten auch Nahrung und Unterschlupf für die kleinen Sänger – Nistkästen bietet ja inzwischen fast jeder Gartenmarkt an. Übrigens: Auch Körner- und Samenfresser wie Distelfink oder Dompfaff ziehen ihre Jungen mit Insekten groß.
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Wie nehmen uns vor, zusätzlich ein paar Nisthilfen für Insekten aus natürlichen Materialien bereitzustellen. Dazu gehören Laubholzbalken oder dicke Bretter, teils mit natürlichen, teils mit sauber gebohrten Löchern mit unterschiedlichem Durchmesser versehen; möglichst auch offener Boden für die Boden-Nister (dazu gehören 70 Prozent aller Wildbienen); wo das nicht möglich ist, tun es schon etwas breitere Sandfugen zwischen den Wegsteinen oder eine ausgediente Kindersandkiste. Weil markhaltige Pflanzenstängel gerne von Wildbienen genutzt werden, kann man diese, wenn sie verblüht sind, in einer Höhe von 50 bis 100 cm abschneiden (Sonnenblumen, Brombeeren) und den Rest stehen lassen; hohle Stängel werden ebenfalls genutzt, allerdings nur, wenn sie einigermaßen waagerecht liegen. Kleine Spalten oder Hohlräume (z. B. an Gebäudesockeln oder Gartenmauern) kann man den Bienen lassen, wenn der Mauer dadurch keine Gefahr droht. Manche Spezialistinnen brauchen ganz besonderes Nistmaterial – so etwa die Mohn-Mauerbiene, die ihre Brutzellen ausschließlich mit den leuchtend roten Blütenblättern des Klatschmohns ausstattet; im gut strukturierten und insektenfreundlich bepflanzten Garten dürfte das kein Problem sein. Es hat sich als sehr wichtig erwiesen, dass alle drei Komponenten, die Wildbienen zur Fortpflanzung brauchen, nicht allzu weit voneinander entfernt sind: 1. Nistplatz, 2. Pollen als Proviant für die Larven und 3. Material, um die einzelnen Brutzellen zu verschließen und am Schluss den Eingang zur Brutröhre. Versuche haben gezeigt, dass die Bienenmutter, wenn sie weite Strecken fliegen muss, um für jedes Ei alles Notwendige herbeizuschaffen, weniger Brutzellen anlegt und diese auch schlechter mit Pollen ausstattet – was für die Nachwuchsförderung nicht hilfreich ist.
Was ist mit den überall angepriesenen „Insektenhotels“?
Dr. Paul Westrich, einer der wohl bekanntesten Wildbienenforscher im deutschsprachigen Raum, hat dazu eine klare Meinung:
„In Internetshops oder über Zeitschriftenwerbung werden eine ganze Reihe von Nisthilfen unter dem Begriff ‚Insektenhotels’ angeboten. Nur wenige sind wirklich brauchbar und auch nur für ein beschränktes Artenspektrum. Die meisten sind völlig unbrauchbar, teilweise sogar schädlich. Sie zu kaufen ist rausgeworfenes Geld. Prüfen Sie daher genau, was Sie bestellen und wer für die fachliche Unbedenklichkeit des Produkts garantiert. Nicht alles, was den Begriff ‚Naturschutz‘ im Etikett oder in der Internetadresse trägt, dient dem Natur- und Artenschutz, sondern vielfach eher der Vermarktung und dem Geldbeutel des jeweiligen Anbieters.“ (Westrich, Paul, Wildbienen – die anderen Bienen, 2011, S. 132)
Dem ist an und für sich nichts hinzuzufügen. Wer dennoch gar zu gerne so ein „Insektenhotel“ bauen möchte, der möge dies unter der fachkundigen Anleitung von Werner David tun. Auch der Naturschutzbund Deutschland (NABU) bietet Anleitungen für Selbstbastler. In einem insektenfreundlichen Garten, wie oben beschrieben, sind jedoch extra Nisthilfen nicht notwendig. Gewiss sinnvoll sind sie, um etwa Kinder an das Thema Insektenschutz heranzuführen.
„Oda, Sepp – wos moanstn Du?“ − „Bassd scho. Des gfoit ma!“
Bini Katz