„Griasdi Sepp, was treibst denn scho wieda?“ – „I bin in meim gloana Reich unterwegs, nochdem Du mia beim letztn Moi erzoid host, wos Insekten im Winter eigentlich so mochand.“ Ein guter und bewusster Gärtner weiß eben Bescheid, was Ameisen, Honigbienen, Hummeln, Käfer, Schmetterlinge, Schweb- und Florfliegen, Wespen und Hornissen sowie Wildbienen und viele weitere Insekten den Winter über so machen. Wenn es um die Frage geht, wie er seinen Garten im Herbst winterfest machen kann, richtet er seine Arbeitsschritte nun nach diesem Wissen aus. Dieses Mal geht’s um die gute Frage: Was können Gärtner gegen das Insektensterben tun?
„Der Wert der Bestäubung landwirtschaftlicher Nutzpflanzen durch Insekten wird weltweit jährlich auf dreistellige Milliardenbeträge beziffert.“ (Ecological Economics: Gallai et al., 2009).
Dafür vergiften wir den Insekten ihre Nahrung und ihre Brut und vernichten ihre Kinderstuben; wir betonieren ihre Lebensräume zu, verseuchen die Gewässer und ersäufen Blumenwiesen in Güllefluten; wir blasen sie mit Laubbläsern in die Luft oder schreddern sie mit Laubsaugern und Turbo-Erntern. So „belohnen“ wir Menschen unsere Mitgeschöpfe…
Was können wir also gegen das das Insektensterben tun?
Bereits im Juni hat das Bundesumweltministerium – wieder mal – ein „Aktionsprogramm Insektenschutz“ beschlossen. Zudem haben Wissenschaftler auf einem Symposium am Naturkundemuseum Stuttgart einen Neun-Punkte-Plan zur Rettung der Insekten erstellt.
Ungelöst ist allerdings – wie so oft – die Frage, wie sich diese Forderungen in die Praxis umsetzen lassen. Deshalb wird vermutlich – wieder mal – nichts oder zu wenig passieren.
Die Ursachen des Insektensterbens nachhaltig zu bekämpfen, das gelingt nur durch einen grundlegenden Umbau der Landwirtschaft; darauf haben wir in unseren Privatgärten nur beschränkten Einfluss. Dennoch können wir sehr wohl etwas dafür tun, dass mehr Insekten überleben und dass diese wiederum mehr Insekten aufziehen können. Vielleicht schaffen die Gärtner es gemeinsam, das Schlimmste aufzuhalten. Bis auch bei den Politikern und in der Wirtschaft die Vernunft einkehrt?
Laut dem Umweltinstitut München e. V. gibt es in Deutschland etwa 17 Millionen Haus- und Kleingärten, die zusammen rund 930.000 Hektar umfassen. Dies entspricht 2,6 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands. Wenn alle zusammenhelfen, um die Lebensgrundlagen der Insekten (und damit auch unsere eigenen Lebensgrundlagen) zu sichern, kann vieles in Bewegung gesetzt werden.
Das ist gar nicht so schwer, es erfordert nur ein bisschen Umdenken und Faulheit. Faulheit? − Genau! Anstatt jedes Jahr im Herbst im Garten das Unterste nach oben zu kehren, machen wir ab heute nichts oder das Gegenteil von dem, was wir bisher immer gemacht haben – weil wir es nicht besser wussten und weil unsere Eltern, Großeltern und Urgroßeltern doch auch…
Was wir nächstes Jahr im Garten nicht mehr machen
- Wildkräuter wie z. B. Brennesseln, Giersch, Wilde Möhre und Disteln grundsätzlich ausrotten, auch wenn sie gar nicht im Wege sind. Wildkräuter sind nicht nur reich an gesunden Inhaltsstoffen, sondern auch wahre Insektenmagneten. Wer Tagpfauenauge, Distelfalter und Schwalbenschwanz in seinem Garten sehen möchte, der darf nicht die Pflanzen ausrotten, die ihre Raupennahrung sind. Keine Brennesseln – keine Schmetterlinge!
- Sträucher und Hecken im Herbst nicht mehr pauschal und radikal zurückstutzen (weil man eh‘ grad am Aufräumen ist), sondern zum richtigen Zeitpunkt schneiden: Frühjahrsblüher nach der Blüte, Sommerblüher entweder im Herbst oder besser noch im zeitigen Frühjahr, denn im Winter bieten sie den Gartentieren Schutz und Nahrung.
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Verblühte Stauden nicht mehr bodennah kappen – besser erst im Frühjahr schneiden und bis dahin die Stängel stehenlassen; darin finden kleine Tiere Schutz, die Samenstände bieten gleichzeitig Nahrung für die Vögel. Auch aus gärtnerischer Sicht ist es sinnvoll, Abgeblühtes den Winter über stehen zu lassen. Das abgestorbene Pflanzenmaterial schützt nämlich die im Boden bereits angelegten Staudenknospen vor Frost. Außerdem: Verblühte Samenstände von Stauden können den Garten im Winter optisch bereichern, vor allem bei Raureif.
- Beete im Herbst umgraben mag in seltenen Fällen sinnvoll sein, um bei schwerer, verdichteter Erde den Boden durch Frostgare zu lockern – dabei wird leider das gesamte Bodenleben „auf den Kopf gestellt“, das heißt: Die fruchtbare Humusschicht gerät nach unten, der weniger gute Boden landet an der Oberfläche. Noch dazu bietet das frisch aufgelockerte Erdreich den Schnecken beste Winterverstecke und Ablagemöglichkeiten für ihre Eier. Ein guter Rat: Unter einer Gründüngung oder Mulchschicht aus Herbstlaub kommen Beete besser durch den Winter und die Kokons von Faltern und sonstige Bodenlebewesen werden geschont. Wer erst im Frühjahr die Beete hackt oder mit der Grabegabel auflockert, zerstört dabei gleichzeitig die Schneckengelege.
- Alte Obstbäume wollen wir nicht nur deswegen fällen, weil sie nicht mehr so viel tragen: Gerade alte Bäume sind lebenswichtig für fast alle Gartentiere – ob Hummel, Gartenschläfer oder Specht. Vögeln und Insekten tut man schon was Gutes, wenn ein toter Ast nicht aus ästhetischen Gründen gleich abgesägt wird – meistens ist er von Moos oder Flechten bedeckt und ein wahres Insekten-Eldorado für Meisen und Kleiber. Muss ein Baum geschlagen werden, weil er sonst zur Gefahr wird, könnte wenigstens der Stumpf im Boden bleiben – oder ein Stück vom Stamm stehen gelassen werden. Wenn man eine Clematis, eine Rambler-Rose oder Efeu dazupflanzt, wird er auch für Gärtner-Augen wieder akzeptabel und ein Gewinn für alle im Garten.
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Wir nehmen uns vor, den Garten nicht mehr stundenlang taghell zu erleuchten. Da sich Insekten normalerweise am schwachen Licht von Mond und Sternen orientieren, werden sie magisch von den viel helleren künstlichen Lichtquellen angezogen. Dort können sie sich jedoch weder paaren noch Nahrung aufnehmen. Statt dessen sterben sie beim Kontakt mit der Lichtquelle – oder werden von Fledermäusen gefressen sowie von Vögeln, Mäusen und Igeln, wenn sie am Morgen erschöpft zu Boden fallen.
- Wir werden auch keine Pestizide in unserem Garten mehr anwenden, auch wenn vornehm „Pflanzenschutzmittel“ auf der Packung steht, denn: Wie wir inzwischen wissen, sind sie gefährlich für Flora und Fauna. Übrigens: Der Mensch gehört auch zur Fauna…
- Wir wollen nie, nie mehr mit dem Laubbläser und 220 km/h Feinstaubwolken in die Luft jagen, die aus Laub, Kleintieren, Tierkot, Mikroben, Pilzsporen und Reifenabrieb bestehen! Eine Studie der Technischen Universität Graz aus dem Jahr 2013 zeigt, dass beim Einsatz eines Laubbläsers auf Wegen und Straßen sechs- bis zehnmal so viel Feinstaub aufgewirbelt wird wie mit einem Besen oder Rechen. Das ist schlimm für die Atemwege von Passanten und Anwohnern, am meisten aber für die Benutzer selbst.
- Noch verheerender sind nach Ansicht des Bundes Naturschutz nur noch Laubsauger: Da die abgesaugten oder weggeblasenen Pflanzenreste nicht mehr auf der Erde verrotten können, wird die Humus- und Nährstoffschicht geschädigt. Die am Boden lebenden Tiere wie Würmer, Insekten, Spinnen und Kleinsäuger verlieren Nahrung und Lebensraum, dem Boden wird die Winterdecke geraubt, die ihn vor Austrocknung und extremer Kälte schützt. Sowieso schon bedrohte Tierarten wie der Igel finden gar keinen Unterschlupf für den Winter mehr. Hinzu kommen bei benzinbetriebenen Geräten noch die Abgase und die erhebliche Lärmbelastung. Auch das Umweltbundesamt rät generell von Laubsaugern und -bläsern ab.
Wie kann man seinen Garten insektenfreundlich gestalten?
So, Sepp! Des klingt doch alles scha moi noch weniger Oawat als sonst, oder? Und wer hätte gedacht, dass Faulsei aa zu wos guad is! Beim nächsten Mal, wenn ma uns wieder treffan, erzoi i Dir, wia ma an Garten insektenfreundlich gestalten kann. Bis boid!