Regen. Das Arberland zählt wohl zu den schönsten Landstrichen im Bayerischen Wald. Doch nicht nur die Landschaft macht eine Region liebenswert, sondern vor allem die Menschen, die dort leben. Menschen, die außergewöhnliche Arbeiten und nicht alltägliche Aufgaben übernehmen, die ein besonderes Hobby pflegen oder besondere Charaktereigenschaften und Fähigkeiten haben. So, wie diese vier Arberland-Bewohner:
Sorgt für Power am Berg: Johannes Wühr
Während die einen beim Abendessen den Wintersporttag am Großen Arber gemütlich ausklingen lassen, fängt für die anderen der Arbeitstag erst an: So auch für Johannes Wühr, einem der Pistenraupen-Fahrer bei der Fürstlich Hohenzollernsche Arber-Bergbahn. Gemeinsam mit fünf anderen Pistenraupen-Fahrern sorgt er dafür, dass Wintersportler am nächsten Tag wieder optimales Ski- und Snowboardvergnügen auf den insgesamt 13 Kilometer Pisten des 1.456 Meter hohen „König des Bayerischen Walds“ genießen können.
Die sechs Raupen, die zur Präparierung der Pisten zur Verfügung stehen, sind wahre Power-Fahrzeuge. Mit jeweils 500 PS können sie selbst eine Steigung von 75 Prozent mühelos den Berg hinaufklettern. Eine Raupe neben der anderen ist dann auf der rund 45 Hektar großen Pistenfläche des Großen Arbers in der Wintersaison täglich von 20 Uhr bis in den frühen Morgen unterwegs – natürlich auch bei starkem Schneefall.
Bei ihrer Arbeit haben Johannes Wühr und seine Kollegen den Bildschirm in der Kabine der Pistenraupe stets im Blick: Die Powerbullys sind mit modernsten digitalen Features ausgestattet, sodass die Fahrer genau erkennen können, wie viel Schnee wo genau benötigt wird, um eine optimale Verteilung der Schneedecke zu gewährleisten. „Das System kennzeichnet Flächen, auf denen weniger als 40 Zentimeter Schnee liegen, orange und rot. Bei Werten über 40 Zentimeter liegt die Piste im „grünen Bereich“, erläutert Johannes Wühr. Vorausschauend sind die Pistenraupen-Fahrer darüber hinaus: „Mithilfe des digitalen Scans kann die Schneehöhe auf der Piste bereits 50 Meter im Voraus ermittelt werden – so wissen wir gleich, ob und wie wir hier aktiv werden müssen, um eine einheitliche und an die Bodenverhältnisse angepasste Schneehöhe auf der Piste zu erreichen“, ergänzt der Pistenexperte.
Die Arber-Bergbahn hat bei der Pistenpflege auch den Klimaschutz im Blick und achtet darauf, möglichst Energieressourcen zu schonen. „Aktuell verbrauchen wir pro Wintersport-Gast 0,33 Liter Treibstoff – zukünftig wollen wir aber dank Nutzung eines eigenen Holzschnitzel-Kraftwerks komplett auf Öl als Brennstoff verzichten und ausschließlich synthetischen Kraftstoff verwenden.“
Hält Licht- und Farbspiele mit dem Pinsel auf Glas fest: Ramona Pauli
Ein letzter Strahl der Abendsonne erhellt den Raum in der Gründerwerkstatt Glas in Zwiesel. Er trifft direkt auf eine Glasschale, die verschiedene Blautöne an die Wände wirft, an der hier die Glaskünstlerin Ramona Pauli arbeitet. Die 25-jährige hat es wegen ihrer Leidenschaft zur Glasmalerei aus München nach Zwiesel, mitten ins „Herz der Glastradition“, verschlagen. Fokussiert führt sie ihren Pinsel in die satte Maritim-Farbe und versetzt der Schüssel den letzten ausdrucksvollen Strich. Mit geübter Hand dreht sie ihr rundes Kunstwerk ins Licht, das nun umso mehr im Raum funkelt. Das magische Spiel aus Farbe und Licht fasziniert die Glasmalerin an ihrem Kunsthandwerk besonders.
Nach der Ausbildung zur Glasveredelerin mit der Fachrichtung Glasmalerei und Kunstverglasung absolvierte die junge Künstlerin die Prüfung zur staatlich geprüften Glasproduktdesignerin an der Glasfachschule Zwiesel. Heute veredelt sie zwei- und dreidimensionale Glasobjekte mit Airbrush und Siebdruck oder bemalt sie ganz klassisch mit der Hand. Neben Alltagsgegenständen wie Trinkgläsern und Schalen gestaltet sie auch individuell hergestellte Leuchten, Fenster oder ausgewählte Souvenirs aus der Kunstglasbläserei. Vor allem eine Farbe hat es ihr angetan: „Für mich ist die Farbe Blau einfach unglaublich. Kein anderes Material als Glas schafft es, Blautöne so unendlich intensiv darzustellen.“ Inspiration für neue Motive findet die ambitionierte Künstlerin im Alltag – den Notizblock immer in der Tasche parat für Skizzen.
Seit gut zwei Monaten hat Ramona Pauli einen der begehrten Plätze in der jüngst geöffneten Gründerwerkstatt Glas in Zwiesel erhalten. Diese hat es sich zum Ziel gesetzt, junge Fachkräfte aus der gesamten glasverarbeitenden Branche im Arberland anzusiedeln und so die gut 700-jährige Glastradition des Bayerischen Walds für die Zukunft zu sichern. Mit Hilfe einer kostengünstigen Miete, der Nutzung einer Werkstatt und der Bereitstellung von Mentoren werden Künstler und Künstlerinnen wie Ramona Pauli dabei unterstützt, ihr eigenes Kleinunternehmen zu führen.
Kocht für 3.000 Gäste: Pichelsteinerfest-Koch Günther Prinz
Alle Jahre wieder feiert Regen an einem Sommerwochenende das legendäre Pichelsteinerfest, bei dem einer überaus bekannten, aus dieser Region stammenden Delikatesse gehuldigt wird: dem Pichelsteiner Eintopf. Erstmals wurde das Fest 1874 gefeiert, anfangs war es noch eine kleine Zusammenkunft anlässlich des Kirchweihmontags – heute ist es einer der Höhepunkte im Veranstaltungskalender der Region. Am Montag der sechstägigen Veranstaltung heißt es dann: Löffel her und ran an die Kessel! Dann werden die bis zu 3.000 Portionen des Pichelsteiner Eintopfs auf dem Festgelände an die hungrigen Gäste verteilt.
Seit bereits 21 Jahren ist Günther Prinz Pichelsteinerfest-Koch – gemeinsam mit einem achtköpfigen Team bereitet er die 1.700 Liter Pichelsteiner Eintopf zu. Jedes Jahr nach alt überliefertem Rezept. Dazu werden allein rund 16 große Säcke Kartoffeln benötigt und klein geschnitten, ebenso Lauch, Karotten, Sellerie und Petersilie sowie bestes Fleisch von Metzgern aus der Region. Rund sieben Stunden benötigen die Köche allein fürs Schnippeln der Zutaten. Weitere vier dann noch einmal fürs Kochen in den riesigen, bis zu 400 Liter großen Kesseln.
„Ganz wichtig bei einem Pichelsteiner ist es,“ so verrät Günther Prinz, „die verschiedenen Zutaten je nach ihrer Garzeit in den Topf zu schichten. Zunächst wird das Rindergulasch mit Zwiebeln glasig angeschwitzt und mit Brühe aufgegossen, dann kommen Schweine- und Kalbfleisch hinzu. Anschließend dann nach und nach das Gemüse. Wichtig ist die Reihenfolge, damit keine Zutat zu früh oder zu spät in den Eintopf kommt“.
Fertigt nachhaltige Unikate aus Leder: Michael Kilger
Schon der Geruch in der Betriebshalle der MK-Ledermanufaktur in Viechtach spricht für sich: angenehm ledrige Duftnoten und keine Spur von Chemikalien. Michael Kilger, der Ledergerber, weiß warum: Bereits in sechster Generation, seit über 160 Jahren, stellt er hier im Familienbetrieb immer noch rein vegetabiles (ökologisches) Leder her – und das ganz im Sinne der Nachhaltigkeit. Für den langwierigen Herstellungsprozess werden ausschließlich regionale Bio-Häute aus Schlachtabfällen direkt aus der Region verwendet. Besonders großen Wert legt der ambitionierte Handwerker auf die Weiterverarbeitung und greift dabei nur auf natürliche Gerbstoffe wie beispielsweise aus Rinde oder Kastanienholzextrakt zurück.
Die Herstellung braucht jedoch seine Zeit – ganz nach dem Motto: „Gut Ding will Weile haben“. Drei bis vier Monate kann der Prozess durchaus dauern, bis das Leder die gewünschte Form erhält. Auch die Lieferanten des gegerbten Leders werden mit Bedacht ausgewählt. Vor mehr als zehn Jahren ging der Ledergerber noch einen Schritt weiter: „Alles begann damit, dass ich auf die Idee kam, aus unserem Leder einen Gürtel zu fertigen“, erinnert sich Michael Kilger schmunzelnd. Wie das funktionieren sollte, war ihm anfangs noch unklar. Ganz nach der Devise „Learning by doing“ verarbeitete er das Leder nach eigenem Entwurf zu einem Gürtel.
Mit großem Erfolg – der Gürtel begeisterte ihn, aber auch die Kundschaft der Gerberei. Seitdem stellt der Juniorchef viele eigene Kreationen her: Taschen, Gürtel und andere Accessoires gibt es im Ladengeschäft oder online zu erwerben. Das Beste ist: Jedes Stück ist ein Unikat und fast jeder Arbeitsschritt wird per Hand durchgeführt. Das gilt von der Gerbung bis zum hauseigenen Stempel.
da Hog’n