Perlesreut. „Wenn Herz und Mund sich laben, soll die Nase auch was haben!“ Mit diesem „beherzten“ Spruch empfängt Georg Prager in seiner urig und zweckmäßig eingerichteten Werkstätte im Dorf Oberanschiessing bei Perlesreut seine Gäste. Dort, wo die Straße sich langsam ins Ilztal windet, hat er sich über Jahre hinweg gut eingerichtet: Viele Utensilien stehen bereit, um den „Schmaizler“, den edlen Schnupftabak des Bayerischen Waldes, nach überlieferten Mischungsformeln in Handarbeit selber herzustellen. In Schubladen hütet er seine schmucken, eigenhändig angefertigten Schnupftabakdosen aus Kuhhorn, Hirschgeweih oder einheimischen Hölzern wie kleine Schätze…
Georg Prager feierte 2021 seinen 85. Geburtstag. Er sieht sich als humorvoller Mensch: „Humor braucht man, wenn man das Leben leichter meistern will“, flicht er mit einem Lachen ein und ergänzt: „Man muss sich was einfallen lassen, was tun, was sichtbar machen, dann ist man zufrieden!“
Schnupfen will gekonnt sein!
Er war 41 Jahre lang im Steinbruch tätig. „Ja, es war harte und schweißtreibende Arbeit“, beteuert der ehemalige Polier. Und die „Schmaizlerdose“ hatte er damals schon in der Hosentasche stecken, machte doch das Schnupfen die Nase kräftig frei vom fein schwirrenden Granitstaub.
1973 gründete er, angestoßen bei einem sonntäglichen Frühschoppentreffen nach dem Kirchgang, die „Schnupferzunft Kirchberg„. 26 Männer traten dem geselligen Brauchtumsverein, den es heute noch gibt, damals bei. Einmal im Monat treffen sich die Schnupferfreunde in der Gaststube der Scharrmühle, um gemeinschaftlichen Diskurs, den alten Schnupferbrauch und heimatliche Verbundenheit zu pflegen.
Seine volle Zuwendung und sein tägliches Werk widmet er seit 1994 dem Schnupftabak, der inzwischen zu seinem Lebenselixier geworden ist. Gemütlich und mit viel Gedanken- und Handgeschick setzt er in der Tabakwerkstatt seine kreativen Ideen um. Den Schnupferbrauch wollte er als Kostbarkeit im täglichen Leben weiterführen und nicht in Vergessenheit geraten lassen. „Es ist mehr als Zeitvertreib“, meint er, „eine richtige Liebhabertätigkeit, der man auch gewisse gesundheitliche Vorzüge zuschreibt!“
„Das gehört sich so in der Zunft“
Wenn man eine Prise nimmt, muss sie genau dosiert werden: Ist sie zu klein, verfehle sie die anregende Wirkung – ist sie zu groß, steigt der „Schmai“ schmerzlich zu weit hinauf in den Kopf. Die richtige Dosierung beherrscht der Georg vollends: Mit einer zielgenauen Bewegung und dennoch viel Gefühl kippt er die Schnupftabakdose Richtung Handrücken. „Das muss bei Schnupfern die linke Hand sein, das gehört sich so in der Zunft“, erklärt er und lacht herzlich.
Dunkelbraun gefärbt, fein pulvrig und leicht glänzend feucht kommt der „Schmai“ dann in einer kleinen länglichen Furche zu liegen, die er zwischen Daumen und Zeigefinger gekonnt gebildet hat. Zwei, drei Züge – in wohl überlegter Intensität – und die Nase ist gut versorgt. Auf dem Schoß des Waidlers liegt ein Schnupftuch mit weiß-blauen Rauten ausgebreitet, das nach dem Schnupfgenuss zum Putzen der Nase dient.
Der Schnupftabak und seine Geheimnisse
Der „Schmaizler“, der ein Perlesreuter Markenzeichen darstellt, hat seinen Namen vom Butterschmalz, das dem geriebenen Tabak zugefügt wird. Damit wird er geschmeidig und erhält einen leichten Glanz. „Brasil“-Rohtabak stellt den Grundstoff dar, dieser sei am mildesten, bekundet Georg Prager. Der Tabak wird ordentlich in der Sonne gedörrt, so dass er sich in trockener Beschaffenheit gut zerkleinern lässt. In einer Tonschale mit mittigem Wulst wird er mit Hilfe des „Reiberstößels“ – ein zylindrisches, 95 Zentimeter lang langes und 8,5 Zentimeter dickes Rundholz, das sich an der Reinestelle auf fünf Zentimeter verjüngt – dann bearbeitet.

Georg Prager in seinem Element: Mit dem langen Holzstößel werden in echter Handarbeit die getrockneten Tabakblätter fein zerrieben. Das Tabakpulver in der Schale wird dann mit aromatischen Zutaten und Butterschmalz aufbereitet.
Ist er fein genug zerrieben, wird er gesiebt, so dass er in rieselnder Pulverform seine besonderen Zutaten erhalten kann: Zunächst werden Butterschmalz und etwas Speiseöl beigemischt. Dann kommt – man staune über die kuriose Bezeichnung – eine Portion „Mann Gottes“* dazu. Auch mit größter Mühe wird man diesen Begriff wohl nicht deuten können – doch eines steht fest: Beim geneigten Beobachter sorgt die seltsame Beigabe für Staunen und Neugierde zugleich.
Georg Prager schmunzelt deshalb und präsentiert in einer kleinen Porzellanschale ein schwarzglänzendes Gemisch – ein unförmiger, schmieriger „Batz’n“ ist das. „Die Tabakblätter und der Mann Gottes geben dem Schmai den würzigen Geschmack“, verrät er und lüftet im gleichen Atemzug sein Rezeptgeheimnis: Abgezweigter Tabak und Lakritze werden mit Bienenhonig verfeinert, gemischt und als Kautabak getrocknet. Dieser wird pulverisiert und als „edle Geschmackmischung“ in kleiner Menge dem Tabak beigegeben.
„Der beste Schnupftabak der Welt“
Und zum guten Ende, damit es gewiss den richtigen bayerwäldlerischen „Schmalzler“ ergibt, der von vielen Kennern als der „beste Schnupftabak der Welt“ angesehen wird, kommt noch etwas ganz Besonderes dazu: verschiedene Duftrichtungen soll er haben, je nach Vorliebe. „Das darf nicht jeder wissen, was den Schnupftabak dann wirklich edel macht“, sagt Georg Prager mit einem verschmitzten Grinsen. Diesen „Schatz“ hütet er wie ein wertvolles Vermächtnis, das ihm wohl keiner so schnell entlocken kann…
Fritz Haselbeck
(in Zusammenarbeit mit dem Magazin „Schöner Bayerischer Wald„)
* Nachtrag aufgrund einer Leserinformation: „Das, was im Artikel „Mann Gottes“ genannt wird, soll wohl der „Mangotes“ sein – ein brasilianischer Tabak, der in Zuckerlösung fermentiert und danach in Büffelhäute eingenäht wird, in denen er reift. Die auf diese Weise entstehenden Rollen, die erst in der Tabakfabrik geöffnet werden, sehen wie Ärmel aus – und ‚Mangotes‘ ist das portugiesische Wort für ‚Ärmel‘. Mit einem Priester hat der Begriff also nichts zu tun.“ (siehe auch: „Schmalzler Herstellung„)
Ja, da Berlasreida Schmaizla is owei na guad bekannt u. beliebt.
Wenn ich früher bei großen Feuerwehrterminen und Festen dabei war, hies es oft : Host an Schmaizla dabei ??? Darum nehm ich bei größeren Touren nun immer die ,,Dawogdusn“ mit. Vom Proga Schos kauf i dann immer an frischn Dawog. Dazu gibts auch an kurzn,guadn Ratsch. Diesen guten Schmai kennt man so auch nicht nur in Urbayern (Nieder – und Oberbayern) sondern in auch in Teilen der BRD. Teilweise sogar in fernen Ländern und Erdteilen. Die entspr. Utensilien hatte ich schon in Ägypten, Marokko und
Nepal dabei. Kürzlich auch in INDIEN. Natürlich mußt ich da den Leuten erst den entspr. Gesamtablauf erklären und lernen. Aber immer schön und auch lustig. Zu der Schupferei in INDIEN gibts auch fotos.