Landshut. Betrachtet man den zeitlichen Rhythmus, in dem sie stattfindet – nämlich alle vier Jahre -, genießt sie den Status einer Großveranstaltung wie den Olympischen Spielen oder einer Fußball-Weltmeisterschaft. Die Rede ist von der Landshuter Hochzeit, einem mehrwöchigen historischen Festspiel, das seit 30. Juni die niederbayerische Regierungshauptstadt einmal mehr in den Ausnahmezustand versetzt.
Und auch Stefan Breu, Fabian Vicedom, Alex Ritzler und Stefan Kolbeck, die Mitglieder der Rock-Band „Da oide Schlog“ (da Hog’n stellte sie bereits vor), befinden sich seit Wochen im Hochzeitsfieber. Ein Virus, das bei den vier Musikern gar soweit führte, dass sie eigens für das historische Mega-Event einen Song namens „Landsknecht“ kreierten. Worum es bei dem Stück genau geht, was sich beim dazugehörigen Video-Dreh so alles abspielte und weshalb das Lied am Ende jedoch nicht bei der „LaHo“ live zu hören sein wird, darüber haben wir uns mit Frontmann Stefan Kolbeck unterhalten:
Stefan: „Landsknecht“ lautet euer aktuelles Stück. Erzähl mal: Wie ist’s dazu gekommen?
Unser Bassist und Sänger Stefan Breu ist Mitglied bei der Landshuter Hochzeitsgruppe „Die Reisigen“. So ergab sich die Idee, über die Reisigen und die Landshuter Hochzeit einen Song zu schreiben. Gemeinsam mit der Band entstand dabei ein rockiger Mittelaltersong über die Lebensumstände der Landsknechte zur Zeit der Landshuter Hochzeit, im Spätmittelalter um 1475.
„Das freut uns natürlich wahnsinnig“
Als Landshuter Band war’s quasi eine Art Verpflichtung für euch, einen Song anlässlich der Landshuter Hochzeit zu schreiben, oder?
Wir sind absolute Fans der Landshuter Hochzeit. Stefan Breu wirkt als Darsteller bei den Reisigen sogar selbst mit. Daher war es uns eine Herzensangelegenheit, einen musikalischen Beitrag zu diesem einzigartigen Historienspiel beizusteuern. Wir haben von den Landshuter Bürgerinnen und Bürgern sowie seitens der regionalen Medien ein tolles Feedback und viel Unterstützung bekommen. Das freut uns natürlich wahnsinnig.
Wir bitten um kurze Nachhilfe in Sachen Geschichte: Wer sind denn eigentlich „die Reisigen“?
Die Reisigen waren Söldner des deutsch-römischen Kaisers Friedrich III. Sie begleiteten ihn auch zur Landshuter Hochzeit 1475. 20 Jahre später wurden sie Landsknechte genannt. Mit ihnen änderte sich die Art der Kriegsführung. Durch verschiedene Kampftechniken waren sie weitgehend unangreifbar und dennoch in der Lage, schwergepanzerte Ritter vom Pferd zu ziehen und zu töten.
Die Landsknechte waren ein Kriegsvolk, das stolz und selbstbewusst mit eigenem Recht – demokratisch und gewerkschaftsähnlich organisiert – ihre Interessen auch gegenüber demjenigen, dem sie gerade dienten, durchsetzten. Die Reisigen der Landshuter Hochzeit sind Bestandteil des Vereins „Die Förderer“ e.V. und stellen einen vierstimmigen Männerchor mit 120 Mann.
Würdest du den „Landsknecht“-Song als Experiment bezeichnen wollen? Denn soundmäßig ist das ja nicht wirklich typisch „da oide Schlog“…
Der Landsknecht-Song unterscheidet sich ganz deutlich von unseren anderen Liedern. Die Sprache ist mittelalterlich angehaucht und größtenteils hochdeutsch, die Melodieführung ebenfalls recht mittelalterlich. Der Rock, der mehrstimmige Gesang und die Power des Songs sind dagegen typisch für unsere Art von Musik. Die Landshuter Hochzeit ist ein einzigartiges und unvergleichliches Event. Daher erscheint es uns ganz passend, dass auch das Landsknecht-Stück aus unserer bisherigen Musik heraussticht und besonders ist.
„…wenn der Krug gegen den Kopf geht“
Ein ganz und gar mittelalterlich anmutendes Video habt ihr auch dazu produziert. Erzähl uns gerne mal von den Dreharbeiten.
Im Musikvideo tafeln die Landsknechte während ihrer Reise zur Landshuter Hochzeit bei einem Rittermahl auf Kosten des Kaisers Friedrich III. Während des Festmahls fließt freilich viel Bier und Wein, die Landsknechte zeigen schlechtes Benehmen – und zwei davon geraten in Streit. Dieser eskaliert dann beinahe, da ein Landsknecht seine Waffe zieht. Der Störenfried wird daraufhin mit einem Krug gegen den Kopf von seinem Kollegen niedergestreckt und in den Pranger gesteckt.
Beim Dreh hatten wir zunächst große Sorge, dass sich die Schauspieler des Mittelalterverein „Fili Isarae“ – zu deutsch: „Die Brüder der Isar“ – verletzen könnten, wenn der Krug gegen den Kopf geht. Es kam aber zum Glück niemand ernsthaft zu Schaden, da unsere Darsteller einen Eisenhelm im Video tragen. Gefährlich waren die umherfliegenden Tonscherben dennoch. Unser Bassist bekam eine davon gegen die Stirn und begann leicht zu bluten. Daher haben wir auf den dritten Take verzichtet.
Das Video wurde im Ritterkeller im Schlosshotel Neufahrn gedreht. Unsere Kostüme, Rüstungen und Waffen sind originalgetreu dem Spätmittelalter entlehnt. Wir hatten insgesamt jedenfalls großen Spaß beim Dreh. Vor allem die Leidenschaft der Fili Isarae zum Mittelalter ist im Video deutlich zu spüren und macht es deshalb so sehenswert.
„…um etwaige Konflikte zu vermeiden“
Seid ihr bei der LaHo dann eh mehr oder weniger jeden Tag mit eurem Song vertreten?
Die Landshuter Hochzeit ist ein Historienspiel, bei dem größte Sorgfalt auf historische Korrektheit gelegt wird. So dürfen z.B. keine Handys, Brillen oder auch Bärte von den Mitwirkenden getragen werden. Auch die aufgeführte Musik muss dem Spätmittelalter entstammen – und am besten in Notenform in der Stadtbücherei Landshut notiert sein. E-Gitarren und die Tatsache, dass wir den Song neu geschrieben haben, machen eine Aufführung auf der LaHo unmöglich. Wir haben vorab mit dem Veranstalter, den Förderern, Kontakt aufgenommen, um etwaige Konflikte zu vermeiden. Ihnen gefällt der Song und auch die regionalen Medien unterstützen uns mit allen Mitteln bei dessen Bewerbung.
Stichwort Mittelalter: Wäre das denn eine Epoche für euch gewesen, in der ihr gerne gelebt hättet?
Wir sehen uns gerne mittelalterliche Filme an, besuchen Mittelalterfeste und feiern voller Leidenschaft die Landshuter Hochzeit. Bei diesen Festen kann man die schönen Seiten des Mittelalters genießen. Wir sind dennoch sehr froh, in der Gegenwart zu leben – mit all den Vorzügen unserer Zeit, wie etwa einer guten medizinischen Versorgung, sozialer Sicherheit, Demokratie und – am wichtigsten – Frieden.
Album-Release und gut gebucht
Der Blick voraus: Was dürfen wir vom „oidn Schlog“ als nächstes erwarten? Gibt’s schon neue Projektpläne?
Wir sind gerade dabei, unser neues Album „Aufn 12er“ Stück für Stück bis zum Album-Releasekonzert am 27. Oktober zu veröffentlichen. Bis dahin erscheinen noch die beiden Singles „Da Traum“ und „Nachtschicht“. Zu letzterem Song – der Release ist am 22. September – gibt es wieder ein tolles Party-Musikvideo.
Zudem haben wir viele Auftritte in Biergärten, bei Stadtfesten und Festivals wie z.B. der Brass Wiesn in Eching bei München am 5. August. Unsere Konzerttermine, Merchandise-Infos und natürlich unsere Musik sind auf unserer Homepage sowie bei YouTube, Spotify und Co. zu finden. Über unsere Socialmedia-Kanäle wie z.B. Instagram/Facebook erfahren unsere Hörer und Fans auch alles aus dem Bandalltag.
Vielen Dank für die Einblicke – und weiterhin alles Gute!
die Fragen stellte: Stephan Hörhammer