Salzweg. Dass Betriebsübergänge von der einen auf die nächste Generation einfach und ohne größere Komplikationen vonstatten gehen, scheint eher die Ausnahme als die Regel zu sein. Eine Erkenntnis, die vor allem in der Landwirtschaft, bei der Hofübergabe, verbreitet sein dürfte. Weniger harmonisch ging es aber auch beim in Salzweg ansässigen Rollladen-Hersteller Tritscheler zu, als das Unternehmen, das seit mittlerweile 60 Jahren existiert, von Vater Dieter auf Sohn Tom übertragen werden sollte. Da gab es Zeiten, in denen es ordentlich gekracht hat zwischen den beiden. Ein Zwist, der offenbar unausweichlich, doch am Ende nötig war – für ein gutes Verhältnis auf Augenhöhe.

Tom Tritscheler und sein Vater Dieter führen seit diesem Jahr gemeinsam die Geschäfte des gleichnamigen Salzweger Rollladen-Herstellers. Foto: Firma Tritscheler
„Eine gute Vater-Sohn-Beziehung muss sich trennen“, davon ist der 32-Jährige, der von Kleinauf mit dem Betrieb, den einst sein Großvater Josef gründete, groß geworden ist, heute überzeugt. Im Wohnhaus, das sich auf dem Firmengelände nur einen Steinwurf weit entfernt von den Produktions- und Werkshallen befindet, ist er aufgewachsen. Sein unmittelbares Umfeld hat ihn von Kindheit an geprägt. Doch: „Mit sieben wollte ich Arzt werden, andere Pilot oder Polizist“, erinnert sich Tom Tritscheler an den Eintrag ins Freundebuch – und ergänzt: „Heute kann ich mir nichts Anderes mehr vorstellen, als hier zu arbeiten.“ Mit dem Knowhow sei die Liebe zum Beruf und zu seiner jetzigen Tätigkeit gekommen. Er betont erneut: „Ich weiß, was ich kann, daher möchte ich nichts Anderes mehr machen.“ Aber bis zu dieser Aussage, die man dem jungen Firmen-Chef durchaus abkauft, galt es einen lehrreichen Weg zurückzulegen.
„Entweder es wird was aus dir – oder nicht“
Es begann mit einem Streit zwischen Tom und seinem Vater vor einigen Jahren. Ein Streit, der, wie Tritscheler Junior betont, im Nachhinein betrachtet sehr wichtig war für die eigene Entwicklung. Ein Zusammenprall, infolgedessen er von seinem Vater, aus dem elterlichen Betrieb, in dem er nach der Schulzeit eine Lehre zum Bürokaufmann absolviert hatte, wie er es nennt, „rausgeworfen“ wurde. Auf der einen Seite der autoritäre Firmen-Chef, der den etablierten Weg nach den eigenen Vorstellungen weitergehen wollte. Auf der anderen Seite der junge Emporkömmling, der seine eigenen Ideen und Impulse einzubringen versuchte. Beides harmonierte jedoch nicht.

Das Anpacken – fernab vom Schreibtisch – hat Tom Tritscheler während seiner „Auszeit“ in Österreich gelernt – weil er es so wollte.
Fakt ist, dass Tom Tritscheler im Zuge des Zerwürfnisses Salzweg in Richtung Österreich verließ – genauer gesagt nach Schärding, wo Toms Großvater einen Außenposten etabliert hatte, an dem derzeit aktuell 120 Leute beschäftigt sind und der in Sachen Fertigung von Rollladen, Insektengittern, Raffstore (Rollladen mit Lamellen) und Rollladen-Kästen mittlerweile zu den Marktführern in der Alpenrepublik gehört. „Mein Opa, der heute 93 Jahre alt ist, hat mich damals aufgenommen“, blickt der Enkel dankbar zurück. „Er hat zu mir gesagt: Hopp oder top. Entweder es wird was aus dir – oder nicht.“ Eine unmissverständlich klare Ansage des Firmengründers. „Ich war zu jener Zeit der kleine Junge, der dachte, er sei der Junior-Chef, der nicht viel arbeiten muss und dabei viel Geld verdient“, gibt sich Tom Tritscheler in der Retrospektive selbstkritisch – und fügt hinzu: „Ich war damals nicht ganz so nett.“
Die Worte des Großvaters sowie der räumliche und zwischenmenschliche Abstand zu Salzweg schienen ihre Wirkung jedenfalls nicht zu verfehlen. Doch anstelle des ihm in Aussicht gestellten Bürojobs wollte der Verstoßene in der Werkstatt neue, vor allem praktische Erfahrungen sammeln – und zwar „undercover“, sprich: unter falschem Namen und ohne sich als Tritscheler-Sprössling zu erkennen zu geben. „Außer Opa wusste keiner meiner Kollegen, wer ich bin.“ Genau jener hatte auch die Idee für die „Geheim-Aktion“, denn: „Er wollte eine ehrliche Rückmeldung bekommen, ob ich etwas kann oder nicht.“
„Das war mein Schlüsselmoment“
Und er konnte. Er entdeckte sein handwerkliches Geschick und lernte schnell, wie man einen Rollladen zusammenbaut und Ziegelkästen fertigt. Bereits nach einem Jahr stieg er zum Abteilungsleiter auf, nach zwei zum Bereichsleiter. „Und irgendwann bin ich dann zum Betriebsleiter ernannt worden, der die Fertigung neu strukturiert“, erinnert sich Tom Tritscheler. Der eingebildete Unternehmersohn von damals schien geläutert. Und scheinbar wie von selbst besserte sich auch die Beziehung zu seinem Vater wieder. „Er hat mich dann irgendwann angerufen und gesagt, er möchte in der Firma gerne etwas kürzer treten. Woraufhin ich meinte: Okay, ich kehre zurück, wenn du mir den Meister bezahlst, ich eine vertraute Kollegin mitnehmen kann und in meinem Büro rauchen darf.“
Die Zeichen standen also auf Neustart. Vater Dieter ließ sich auf den Deal ein. Beide begegneten sich seitdem auf Augenhöhe. Beide konnten die Meinungsverschiedenheiten von einst, den vielzitierten Generationenkonflikt, hinter sich lassen. Heute pflegen sie ein Verhältnis, das von gegenseitiger Anerkennung und Wertschätzung geprägt ist. Jeder weiß um die Stärken und Schwächen des anderen – und kann die Kritik seines Gegenübers annehmen oder mit konstruktiven Argumenten erwidern. Frei nach dem Motto: Leben und leben lassen.
Nach der erfolgten Rückkehr des „verlorenen Sohnes“ vollendete dieser sogleich erfolgreich seine Prüfung zum Rollladen- und Jalousiebaumeister. Seit diesem Jahr vervollständigt Tom Tritscheler gemeinsam mit seinem Vater Dieter die Geschäftsführungsebene des Salzweger Unternehmens. „Mit dem damaligen Rauswurf ist bei mir der Knopf aufgegangen. Da stand ich als 24-Jähriger, der meint, er bekommt eh alles, was er will, plötzlich alleine da. Von da an hab ich umgedacht – das war mein Schlüsselmoment.“
Stephan Hörhammer