Bayerischer Wald. Der Hausärzte-Mangel im ländlichen Raum ist ein Problem, das inzwischen mehrmals thematisiert wurde und daher hinlänglich bekannt ist. Doch nicht nur die Allgemeinmediziner klagen über Nachwuchsprobleme. Auch die Dentisten werden immer weniger. Die „Bayerwaldzahn MVZ GmbH“ hat sich deshalb auf die Fahnen geschrieben, dieser Entwicklung entgegen zu wirken – mit Erfolg. Das in Schönberg ansässige Unternehmen ist mittlerweile in den Landkreisen Freyung-Grafenau, Regen, Passau und Deggendorf mit derzeit zwölf Zahnarztpraxen vor Ort und beschäftigt 17 Zahnärzte sowie insgesamt knapp 120 Mitarbeitende.
Los ging es dabei eher unspektakulär: Der gebürtige Slowake Imrich Rajec, der im tschechischen Brünn studiert und promoviert hat, ließ sich 1981 in Schönberg als praktizierender Zahnarzt nieder. Schon damals war es ein Segen für die Marktgemeinde, dass ein Auswärtiger eine Praxis eröffnet. Noch größer war die Freude, als Dr. Imrich Rajec jun. im Jahr 2000 bei seinem Vater einstieg. Schönberg hatte also nicht das Problem von vergleichbaren Orten wie Perlesreut oder Tittling. Dort gingen die langjährigen Dentisten in Pension. Da jeweils kein Nachfolger gefunden werden konnte, hätten die Praxen geschlossen werden müssen – wäre da nicht Rajec gewesen.
„Etwas in der Region bewegen und zurückgeben“
„Als Rajec Junior übernommen hat, wollte er im Sinne seines Vaters weitermachen. Er hatte aber auch die Vision, das Problem der schwierigen zahnmedizinischen Versorgung im ländlichen Raum zu bekämpfen“, berichtet Erich Rosenberger, der bei Bayerwaldzahn für das Marketing zuständig ist. Die Niederlassungen in Perlesreut und Tittling waren die Geburtsstunde von Bayerwaldzahn. Es folgten Filialen in Grafenau, Hengersberg, Passau, Bischofsmais, Mauth, Freyung, Regen, Büchlberg und zuletzt in Zwiesel. Hinzugekommen ist inzwischen auch die BWZ Service GmbH, die sich um das Organisatorische und die Verwaltung kümmert.
Natürlich, das gibt auch Rosenberger offen zu, hat der betriebswirtschaftliche Gedanke bei dieser Expansion eine gewisse Rolle gespielt. Doch nur eine nebensächliche, wie der Sprecher betont. „Rajec wollte in der Region etwas bewegen – auch etwas zurückgeben.“ Dass ihr Engagement auf den Bayerischen Wald begrenzt ist, hat aber nicht nur ideologische Gründe. Sondern auch ganz praktische. Denn Bayerwaldzahn betreibt ein eigenes Dentallabor in Schönberg sowie ein Fort- und Weiterbildungszentrum in Tittling. In beiden Fällen ist ein eher begrenztes Einflussgebiet aus logistischen Gründen wichtig.
Zahnarzt darf Zahnarzt sein
Doch wie schafft es Rajec überhaupt, Zahnärzte in den ländlichen Raum zu locken? Warum blenden sie die „dentistische Mangel-Erscheinung“ einfach aus? Erich Rosenberger liefert die Antwort: „Viele Zahnärzte sind typische Handwerker, denen Büroarbeit schlichtweg ein Graus ist. Und genau diese sprechen wir an. Denn bei uns können sich die Mediziner auf ihre Tätigkeit konzentrieren. Alles Weitere wird von BWZ abgearbeitet.“
Ein weiterer großer Vorteil des großen Netzwerks: Aufgrund der vielen Zahnärzte können sämtliche Fachbereiche wie beispielsweise Kieferorthopädie, Oralchirurgie oder Implantologie von einem Spezialisten abgedeckt werden. Patienten haben zudem die Möglichkeit, an allen Standorten – je nach Lust und Laune – behandelt zu werden. „Manchmal kommt es bei größeren Problemen vor, dass gleichzeitig mehrere Ärzte, je nach Fachgebiet, einen Patienten behandeln.“ Nicht nur für die „Kunden“ ist die Weitläufigkeit von Bayerwaldzahn gewinnbringend, sondern auch für die Mitarbeiter. „Während in einzelnen Praxen die Aufstiegsmöglichkeiten begrenzt sind, ist bei uns innerhalb der GmbH der Weg nach oben nicht beschränkt.“
Ebenfalls keine Grenzen hat sich Rajec gesetzt, was die Entwicklung betrifft. Oder vielleicht doch. Denn: „Wegen der enormen, mit einhergehenden Bürokratie liegen zwischen den Übernahmen einiger Praxen doch einige Monate“, erklärt Erich Rosenberger, der gleichzeitig ein Gerücht rund um Bayerwaldzahn ausräumen will: „Wir machen keine Zahnärzte kaputt, in dem wir sie aufkaufen oder ihnen das Wasser abgraben. Ganz im Gegenteil. In den meisten Fällen kommen die Besitzer der Praxen auf uns zu, ob wir sie weiterführen wollen.“
Mobile Einheit für Menschen mit Handicap
Eine der neuesten Errungenschaften ist fernab der stationären Behandlungen eine mobile Einheit, die auf Anfrage in Seniorenheimen oder Wohngemeinschaften für Menschen mit Handicap zum Einsatz kommt. Alles in allem lautet daher das Fazit, das nicht nur die Verantwortlichen ziehen: Zahnarzt-Mangel im ländlichen Raum? Nicht mit Bayerwaldzahn!
Helmut Weigerstorfer