Passau. Die Energiekrise erfasst die niederbayerische Wirtschaft in ihrer Gesamtheit und stürzt die Unternehmen laut einer Mitteilung der Industrie- und Handelskammer Niederbayern bereits jetzt in teils existenzielle Probleme. „Die Energiekrise ist in der Breite der Wirtschaft angekommen. Unternehmerexistenzen werden zerstört, Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel, wirtschaftliche Wertschöpfung und Wohlstand in unserer Region gehen verloren“, sagt Niederbayerns IHK-Präsident Thomas Leebmann. Er kritisiert: „Diese Realität wird von der Politik ausgeblendet.“
„Als Unternehmen der energieintensiven Industrie ist für uns die Frage der Energieversorgung ein existenzielles Thema. Wenn man direkt erfahren muss, wie aufwändig, zeit- und kostenintensiv es ist, im eigenen Betrieb auf selbst erzeugte, regenerative Energie zu setzen, dann erzeugt das viel Unverständnis und Frustration“, sagt Claus Girnghuber, Vizepräsident der IHK und Geschäftsmann aus Marklkofen. Girnghuber ist ein Verbundunternehmen der Baustoff-Herstellung mit Ziegelei mit knapp 900 Mitarbeitern und rund 150 Millionen Euro Jahresumsatz. Der Betrieb produziert Mauerziegel, Dachziegel und Klinker. Die einengenden Vorschriften und überbürokratisierten Verfahren hätten dafür gesorgt, dass Unternehmen jetzt den extrem gestiegenen Energiepreisen nichts entgegensetzen könnten.
„Insolvenzwelle, deren Beginn wir heute schon sehen“
„Wir müssen gar nicht auf die mangelnde Versorgungssicherheit bei Strom und Gas im kommenden Winter schauen – für Teile der energieintensiven Industrie geht allein durch die Preisentwicklung im Wortsinn schon jetzt der Ofen aus“, so Girnghuber. Er kritisiert: „Die von der Politik beschlossenen Entlastungen kommen bei den Unternehmen nicht an. Denn vor der Beantragung stehen so hohe Hürden und wieder so viel Bürokratie, dass diese Hilfen für die Wirtschaft nicht nutzbar sind.“
Die Sennebogen Maschinenfabrik GmbH ist eine aus Niederbayern stammendes Maschinenbau-Firma mit rund 1.600 Mitarbeitern weltweit und mehr als 420 Millionen Euro Umsatzerlös. Auch Sennebogen spürt die Dramatik der momentanen Lage: „Die aktuellen Preissteigerungen für Energie haben ein dermaßen extremes Niveau erreicht, dass sie ein kleines oder mittleres Unternehmen schnell in die Knie zwingen“, sagt Geschäftsführer Erich Sennebogen. Sein Betrieb erlebe das beispielsweise bereits sehr konkret im Bereich der Zulieferer. „Hier kommt es aktuell zu Produktionsausfällen bis hin zu Unternehmensaufgaben“, weiß Sennebogen zu berichten. Über die ohnehin schon stark belasteten Liefer- und Produktionsketten fresse sich dieser Prozess durch die gesamte Wirtschaft. „Die Folge ist eine Insolvenzwelle, deren Beginn wir schon heute sehen“, fürchtet er. Er fordert „effektive Maßnahmen statt beruhigender Worte“.
Die IHK Niederbayern kennt mittlerweile viele solcher Beispiele: „Nach Einschätzung unserer Betriebe bewegen wir uns in eine nie dagewesene Krise“, verdeutlicht Kammerpräsident Leebmann. Notwendig sei nun „entschlossenes Handeln“, um die wirtschaftliche Basis zu erhalten. Konkret fordern die Unternehmen schnelle und wirksame Entscheidungen in der Energiepolitik, die die Preisentwicklung abbremsen und die Versorgungssicherheit erhalten. Außerdem erwarten die Betriebe mehr Planungssicherheit.