Jandelsbrunn/Passau. Seit bald einem Jahr ist die Corona-Pandemie das alles vereinnahmende Thema in nahezu sämtlichen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Dabei gerät (fast) in Vergessenheit, dass der sog. Abgasskandal weiter wie ein Damoklesschwert über der Automobilbranche schwebt. 2015 aufgedeckt, ist diese Affäre noch längst nicht aufgearbeitet – und scheint nun wohl auch einen regionalen Bezug zu haben. Denn im Rahmen einer Pressemitteilung, die auch dem Onlinemagazin da Hog’n übermittelt wurde, hat die Ratis Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Sitz in Passau die Frage aufgeworfen: „KnausTabbert in Dieselskandal verwickelt?“
Den juristischen Stein ins Rollen brachte das Polizeipräsidium Frankfurt. Laut einem Zeugenaufruf der in der hessischen Metropole ansässigen Beamten würden Diesel-Motoren vom Typ „Multijet“ aus dem Hause Fiat unter dem dringenden Tatverdacht stehen, manipuliert worden zu sein. „Besonders brisant: Diese Motoren kamen auch in vielen Wohnmobilen zum Einsatz. Kurz nach dem Börsengang in 2020 muss sich nun auch der Hersteller Knaus Tabbert den Untersuchungen stellen“, heißt es in der Meldung von Ratis. Mit dem Gang an die Öffentlichkeit würden die Ermittler nun hoffen, dass sich möglichst viele betroffene Fahrzeughalter melden, die Fiat-Produkte mit gewissen Dieselmotoren (mehr Infos bei Klick) gekauft haben.
„Kommt der Wohnkasten drauf, wird aus dem Fiat ein Knaus Tabbert“
„Was aus dem Aufruf allerdings nicht hervorgeht: Betroffen sind auch sämtliche Marken der Campingbus- und Wohnmobilhersteller. Denn fast alle davon bauen ihre Fahrzeuge auf dem Fiat Ducato auf. Dies dürfte die Freude der Hersteller über den aktuellen und durch Corona noch verstärkten Camping-Boom der letzten Jahre deutlich trüben“, teilt die Passauer Rechtsanwaltsgesellschaft, die bereits einige Betroffene in diesem Zusammenhang juristisch vertritt, weiter mit.
Im Gespräch mit dem Onlinemagazin da Hog’n wird Ratis-Geschäftsführer und Rechtsanwalt Sven Galla (47) konkreter – und stellt einen Zusammenhang zum Jandelsbrunner Wohnmobil-Giganten her: „Kommt der Wohnkasten drauf, wird aus dem Fiat ein Knaus Tabbert. Man kann mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass in diesen Fahrzeugen verbotene Abschalteinrichtungen verbaut worden sind. Man kann genauso davon ausgehen, dass das Unternehmen hier mehr gewusst hat als der Kunde. Bisher handelt es sich nur um einen Zeugenaufruf. Es kann aber durchaus sein, dass es noch zu weiteren Ermittlungen hinsichtlich eines Straftatbestandes kommen wird.“
Eine besonders pikante Note verleiht folgender Auszug aus der Pressemitteilung der ohnehin schon delikaten Angelegenheit: „Insbesondere die in der Region des amtierenden Bundesverkehrsministers und ehemaligen Staatssekretärs im Verkehrsministerium, Andreas Scheuer, ansässige Knaus Tabbert AG hatte bereits 2016 den Widerruf bzw. die Versagung der Typgenehmigung beim Fiat Ducato befürchtet. Wie aus internen Dokumenten, die der Passauer Rechtsanwaltskanzlei Ratis vorliegen, hervorgeht, setzte sich der Hersteller erfolgreich dafür ein, dass sich das Ministerium für die Aufrechterhaltung bzw. Erteilung der Typgenehmigungen stark macht.“
Wieder ist es Sven Galla, der diese Sätze etwas genauer erklärt: „Obwohl die Sache seit 2016 bekannt ist, hat Knaus Tabbert die angesprochenen Produkte weiter veräußert – dank der mithilfe von Verkehrsminister Andi Scheuer. Man sieht, dass hier sehr erfolgreich lobbyiert worden ist.“
„Ermittlungserfahren richtet sich nicht gegen uns“
Natürlich konfrontiert das Onlinemagazin da Hog’n Knaus Tabbert mit den Inhalten dieser Pressemitteilung. Pressesprecher Stefan V. Diehl äußert sich dazu wie folgt:
„Auch uns ist bekannt, dass die Staatsanwaltschaft in Frankfurt wegen des Verdachts einer möglichen Abgasmanipulation bei einigen Fahrzeugtypen gegen Mitarbeiter von Fiat und Iveco ermittelt. Das laufende Ermittlungserfahren richtet sich nicht gegen uns. Fiat/FCA Germany hat uns mehrfach schriftlich mitgeteilt, dass die Dieselmotoren in den an uns ausgelieferten Basis-Fahrzeugen nicht mit verbotenen Abschalteinrichtungen ausgerüstet sind und die Fahrzeuge alle geltenden EU-Vorschriften vollumfänglich erfüllen. Uns liegen auch sonst keine weiteren belastbaren Informationen vor, dass die vor allem von Klägeranwälten zu Werbezwecken verbreiteten Vorwürfe tatsächlich zutreffen.“
Helmut Weigerstorfer