Die Kinder laufen verkleidet durch die Straßen, als Hexe, Teufel, Cowboy oder Polizist kostümiert sind sie bei den Festumzügen meist ganz vorne mit dabei. Beim Bäcker stehen indes Krapfen mit den verschiedensten Füllungen in der Auslage: von Vanille- und Schokoladencreme bis hin zu Kirsch, Himbeer- oder Marillenmarmelade. Die närrische Faschingszeit steht unmittelbar bevor. Doch woher stammt der Brauch des Faschings eigentlich? Und welcher Sinn verbirgt sich hinter der Kostümierung?
Vier große Sonnenfeste und vier jeweils dazwischen liegende Mondfeste: Auf den Spuren alter Rituale haben wir die wichtigsten Daten zu den ursprünglich keltischen Jahreskreisfesten zusammengetragen. Diesmal geht es um das Mondfest Imbolc, auch Lichtmess oder Fest der Brigid genannt, das traditionell am 1. Februar gefeiert wird.
Mit Kostümen in eine andere Rolle schlüpfen
Unter anderem wird auf der Seite jahreskreis.info die Wortherkunft der Faschings- und Fastenzeit erklärt: Demnach stammt die von der Kirche eingeführte Fastenzeit, die am Aschermittwoch beginnt, gar nicht vom Wort „Fasten“, sondern von der „Fasnacht“. Und die „Fas-Nacht“ wiederum wird vom Begriff „Faseln“ abgeleitet, einem ursprünglich mittelhochdeutschen Ausdruck: „vaselen = fruchten, gedeihen“. Die Fasnacht ist eine Zeit des Feierns, des Frühlingsanfangs und des Neubeginns des landwirtschaftlichen Arbeitsjahres.
Allerdings hat der Brauch des Maskierens an Imbolc – entgegen der späteren Behauptung der Kirche – ursprünglich nicht dazu gedient, böse Geister zu verscheuchen, wie auch Psychologe Karl-Heinz Renner von der Universität der Bundeswehr München in einem Interview erklärt. Tatsächlich sollte das Kostümieren dabei helfen, dass man – trotz ansonsten recht unterschiedlicher, gesellschaftlicher Rollen – an diesem Tag frei miteinander reden kann. Das Verkleiden unterstützte somit die allgemeine Meinungs- und Sprechfreiheit an jenem speziellen Festtag: Wenn es einem Höhergestellten nicht gefiel, was gesagt wurde, so konnte man hinterher immer noch behaupten, dass man doch bloß eine gewisse Rolle gespielt habe: „Ein Mensch, der sich verkleidet hat, kann sein derart ,eingekleidetes‘ Verhalten immer der Rolle zuschreiben. Man tut ja nur so, als ob man die Rolle wäre, in die man durch die Verkleidung geschlüpft ist“, so Renner.
Feiern mit viel Licht und Feuer
Die so genannten Brigid-Kreuze für das Imbolc-Ritual werden – ganz nach irischem Brauchtum – aus Stroh geflochten. Rechtzeitig zum Fest werden sie fertiggestellt und als Einstimmung auf die bevorstehende Jahreszeit entzündet.
Die flammenden Kreuze repräsentieren die Wiedergeburt des Lichts durch den nahenden Frühling: Lichtmess steht vor der Tür. Die Tage werden wieder länger – und schon bald dringen die ersten warmen Sonnenstrahlen durch die dichten Wolken des Winters. Bei einer rituellen Wanderung kann man bereits erste Anzeichen des Frühjahrs erspähen: Blühen schon Blumen? Singen die ersten Vögel? Schmilzt der Schnee und erwärmt sich die Natur?
Gefeiert wird Lichtmess natürlich mit viel Licht und Feuer. Wer kein Strohkreuz zur Hand hat, kann einfach mit brennenden Kerzen Lichtmess einläuten. Oder auch mit einem Fackelumzug oder einem großen Lagerfeuer, sofern ein passender Platz dafür vorhanden ist. Man kann auch kleine Schiffchen aus Papier basteln: Bevor diese „in See stechen“, wird auf jedes Exemplar noch eine Kerze gestellt sowie die eigenen Wünsche geschrieben, die man für das kommende Jahr hat. Denn Imbolc ist ein Fest, bei dem es darum geht, sich selbst darüber klar zu werden, was man sich vom neuen Jahr erhofft: Welche Vorhaben könnte ich in die Tat umsetzen? Wohin soll mich mein Weg führen?
Die alt-irische Brigid bringt den Frühling
Nach keltischer Sage löst die weiße Göttin, die für den jugendlichen Teil der dreifachen Mondgöttin steht, nun die alte Percht ab. Indes wächst der junge Sonnenkönig langsam heran – und mit ihm „wachsen“ die Tage, die nun wieder länger werden. Nach dem Neu-Heidentum bringt die Frühlingsgöttin Brigid zusammen mit dem jungen Sonnenkönig den Frühlingsanfang.
Ursprünglich stammt der Name Brigid von „Breo-Saighit“, was so viel wie „flammender Pfeil“ bedeutet. Der irischen Mythologie zufolge ist Brigid die Hüterin des Feuers, wobei ihr Attribut, der flammende Pfeil, für den ersten warmen Sonnenstrahl im Frühjahr steht. Brigid ist auch die Schutzgöttin der Schmiedekunst, der Heiler und der Dichter. Sie vertreibt den Winter und bringt den Frühling.
Christianisierung: Die Heilige Brigid
Seit der Christianisierung des Festes Imbolc, das die Kirche für ihre Zwecke in Mariä Lichtmess umbenannte, steht der alt-irische Kult der Brigid (alt-irisch auch „Brighid“ oder „Brig“) in Verbindung mit der Heiligen Brigid, deren Gebeine zuerst in Kildare, später dem Grab der beiden anderen Schutzheiligen Irlands, St. Patrick und St. Colmcille, beigesetzt wurden.
Als Tochter eines Adligen und einer Leibeigenen entschloss sich Brigid niemals zu heiraten und verließ ihr Elternhaus, um bereits mit 14 Jahren Nonne zu werden, wie die christliche Legende besagt. Sie habe sich unter einer Eiche eine Gebetszelle geschaffen, woraus sich Jahre später das Nonnenkloster „Kildare“, die „Kirche der Eiche“, entwickelt habe. Der Heiligen Brigid werden viele Wunder nachgesagt.
Der Bär bestimmt das Ende des Winters
Wie lange der Winter noch andauert, könne man am Verhalten der Tiere erkennen, wie etwa der Kulturanthropologe und Buchautor Wolf-Dieter Storl in seinem Buch über Naturrituale schreibt. Auch auf der Website zum Thema „Altes und neues Wissen zum Jahreskreis“ wird der Autor zum Thema „Imbolc als Lostag“ zitiert: „Es wird orakelt, wer heiratet, wer sterben muss und wie die Ernte ausfallen wird. Um zu erfahren, wie lange der Winter noch anhalten wird, wendet man sich an jene Tiere, die in Erdhöhlen ihren Winterschlaf halten. Vom Dachs und vom Fuchs ist da die Rede, aber sie dienen nur als Ersatz für den Bären.“
Wenn es zu Lichtmess warm ist, werde der Bär noch sechs Wochen länger seinen Winterschlaf halten. Doch wenn der Bär am Lichtmesstag seinen Schatten sieht, würde er noch vierzig Tage in seiner Höhle bleiben müssen, wie es der Volksmund in England und Frankreich besagt. Dann werde man die Frühjahrs-Tagundnachtgleiche feiern – und spätestens dann würde der Bär seinen Winterschlaf beenden. Und damit wäre der Bann des Winters endgültig gebrochen.
Lexa Wessel