Freyung-Grafenau. Bis zu 656.000 Euro an Fördergeldern fließen in das Projekt iMONA, das der Landkreis Freyung-Grafenau gerade zusammen mit der TU Dresden durchführt. Gefördert ist auch die FRG-Imagekampagne „MADE – mehr als du erwartest“: 150 000 Euro Sonderförderung darf das Regionalmanagement des Landkreises Freyung-Grafenau in den kommenden drei Jahren dafür abgreifen – zusätzlich zu den 450.000 Euro an Fördermitteln, die es generell für seine Arbeit erhält. Die Frage, die sich stellt: Bringen solche Projekte etwas für den Landkreis – oder werden hier schlicht und einfach Steuergelder verschwendet?
Was bringt es eigentlich dem einzelnen Landkreis-Bewohner, wenn die Kampagne „MADE“ das Image des Landkreises aufpoliert? Kann das Projekt iMONA die Mobilität und Nahversorgung in der Region tatsächlich verbessern? Fragen, die sich wohl viele stellen, wenn sie über die Arbeit der Projektverantwortlichen lesen. Viel Geld wird in diese Vorhaben gepumpt – Fördermittel, finanziert aus Steuergeldern. Doch: Handelt es sich hierbei um sinnvoll investiertes Geld?
Wissenschaftler finanzieren ihre Stellen mit Fördergeldern
Am Anfang vieler Förderprojekte steht die Suche: Wo lassen sich Fördergelder abgreifen? Im Fall von iMONA war es die Verkehrswissenschaftlerin Stephanie Lelanz, die für die TU Dresden nach eigener Aussage Ausschreibungen für Förderprojekte durchgescannt hat, um etwas Passendes für ihren Lehrstuhl zu finden. Sie stieß dabei auf Förder-Möglichkeiten für Projekte, die Mobilität und Nahversorgung im ländlichen Raum verbessern.
Viele Stellen können an Hochschulen und Unis nur dann finanziert werden, wenn entsprechende Fördermittel aufgetrieben werden. Am Anfang steht also nicht die Forschungsidee des Wissenschaftlers, sondern die Forschung wird durch Ausschreibungen in eine bestimmte Richtung gelenkt. Betreibt man also Wissenschaft, um Ergebnisse zu erzielen? Oder treibt man Geld ein, um forschen zu dürfen?
Stephanie Lelanz kannte den Landkreis Freyung-Grafenau bereits von Bewerbungen für andere Projekte. Sie hatte ihn ausgesucht, weil er ein ländlicher Landkreis in Grenzlage ist – genauso wie Hof oder Coburg in Oberfranken.
Das Problem dabei: Die TU Dresden ist weit entfernt, die Wissenschaftler kennen weder den Landkreis FRG genauer noch die Leute, für die sie Mobilitätsangebote entwickeln sollen. Für die Freyung-Grafenauer wiederum sind die Wissenschaftler Unbekannte, die nun also „daher kommen“ und tolle Lösungen generieren wollen. Die Meinung vieler ist vorprogrammiert: Statt derart innovative Gedankengebäude zu entwickeln, sollten lieber die Busse wieder regelmäßiger fahren…
Dass iMONA nach zwei Jahren noch wenig greifbare Ergebnisse vorzuweisen hat, liegt genau darin begründet. Bei Projekten wie diesem kommen die Betroffenen, für die das Projekt letztendlich Fortschritte bringen soll, viel zu spät ins Spiel. Nämlich erst dann, wenn die Sache bereits am Laufen ist.
Die vom Landkreis eingesetzte Projektleiterin Sonja Weigerstorfer versuchte zu Beginn ihrer Arbeit für iMONA herauszufinden, in welchen Gemeinden der Schuh in Sachen Mobilität am meisten drückt. Sie kam gewissermaßen „von oben“ – also im Auftrag des Landkreises – auf die Gemeinden zu und hat ihre Hilfe angeboten. Nicht die Bevölkerung hat also den Bedarf erkannt, Ideen zur Ergänzung des ÖPNV zu entwickeln, sondern Wissenschaft und Landkreis.
Es dauert, bis Projekte Früchte tragen
Dass das Projekt nicht aus der Bevölkerung heraus entstanden ist, bringt ein weiteres Problem mit sich: Die Projektbeteiligten mussten sich erst einmal orientieren, was viel Zeit gekostet hat: Welchen Bedarf an Mobilität und Nahversorgung gibt es überhaupt in der Region? Welche Gemeinden eignen sich für Pilotprojekte? Nach mehr als zwei Jahren ist nun endlich ein erster, kleinerer Erfolg in Sicht: ein Gemeindebus in Mauth. Erst jetzt kann man an den restlichen Landkreis denken und noch mehr Gemeinden mit ins Boot holen. Wenn, ja wenn das Projekt nicht nach seiner dreijährigen Laufzeit still und leise beendet wird…
Diese Schwelle hat die Landkreis-Imagekampagne „MADE“ bereits überschritten: Ihre Laufzeit wurde verlängert. Regionalmanager Stefan Schuster ist froh darüber – und gibt ganz unumwoben zu: „Wenn wir nach drei Jahren die Imagekampagne MADE beendet hätten, wäre es rausgeschmissenes Geld gewesen.“ Denn: Bis klar sei, was die Kampagne dem Landkreis bringt und wie man greifbare Erfolge erzielt, brauche es Zeit, weiß Schuster.
Dem Regionalmanager selbst war klar, dass es eine Weile dauern würde bis die Imagekampagne sich etablieren und entfalten können: „Ich kenne ein ähnliches Projekt aus der Steiermark. Dort hat sich erst nach zehn Jahren das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Vorteile der Region entwickelt“, sagt Schuster. Zudem stellt er rückblickend fest, dass die Zusammenarbeit mit einer Werbeagentur für den Landkreis etwas Neues darstellte, in das sich alle Beteiligten erst hineinfinden mussten: „Wir haben viel ausprobiert, was nicht zum Ziel geführt hat – und was wir so jetzt nicht mehr machen würden.“
Damit einem Projekt wie der Imagekampagne genügend Karenzzeit eingeräumt wird und am Ende tatsächlich greifbare Lösungen und Verbesserungen für den Landkreis und die Menschen in der Region stehen, braucht es Unterstützer. Im Fall des Regionalmanagments ist das sicherlich vor allem der Landrat selbst, wie Stefan Schuster bestätigt: „Sebastian Gruber steht ganz klar dahinter und weiß wie unsere Arbeit funktioniert, wo es mit dem Regionalmanagment hingehen soll.“ Als einer der Amtsvorgänger von Stefan Schuster kennt Gruber sich mit dessen Tätigkeit genau aus.
Greifbare Ergebnisse bringen Unterstützer
Mittlerweile unterstützen aber auch 43 heimische Unternehmen das Projekt. Der Regionalmanager hat mit konkreten Projekten wie beispielsweise der alljährlich stattfindenden Ausbildungsbörse gezeigt, dass die Imagekampagne nach einer längeren Anlaufphase nun einen tatsächlichen Nutzen für die Unternehmen der Region bringt. Die Projektverantwortlichen haben den Schwerpunkt klar verändert, wie Stefan Schuster erklärt:
Aus einer nach außen gerichteten Kampagne, die in München mit Plakaten warb, sei mittlerweile ein stärker nach innen gerichtetes Werbeprojekt für den Landkreis geworden. Das Ansprechen der Großstädter habe aber einen nicht zu vernachlässigenden Effekt gehabt, wie Schuster betont: „Wir hatten sehr viel mediale Präsenz.“ Die Süddeutsche Zeitung berichtete genauso über Freyung-Grafenau wie der Bayerische Rundfunk oder das Magazin „Servus“. Rückblickend sei aber auch klar, so der Regionalmanager weiter, dass die Aktionen in München sehr kostenintensiv waren. Und: „Es ist bei solchen Projekten immer schwierig, messbare Erfolge vorzuweisen.“
Dass es jedoch diese greifbaren Erfolge braucht und nicht nur um die Präsenz in überregionalen Medien gehen darf, sondern die Imagekampagne denjenigen Leuten nutzen muss, die hier leben, hat Regionalmanager Schuster offensichtlich rechtzeitig erkannt. MADE macht nun Werbung vor Ort statt auf Werbetafeln in der Münchner U-Bahn. Das Regionalmanagement FRG organisiert Praktikumswochen, in denen Schüler möglichst viele Betriebe aus dem Landkreis kennenlernen sollen. Es holt Medizinernachwuchs aus ganz Deutschland in die Praxen vor Ort. Durch diese Aktionen wird greifbar, was mit dem Fördergeld passiert.
Das große Problem bei iMONA hingegen scheint zu sein, dass in der Landkreis-Bevölkerung offensichtlich bislang nicht die große Notwendigkeit gesehen wird, Ergebnisse zu erzielen. Oder fehlt es gar an Ideen, wie man innovativ von A nach B kommen könnte, ohne sein eigenes Auto oder den Bus zu nutzen? In den Bürgerdialogen des Projektes iMONA entwickelten sich jedenfalls nur sehr wenige Vorschläge.
Bloßes Ausschöpfen von Töpfen ist Steuergeldverschwendung
Wenn ein Förderprojekt also nur deshalb realisiert wird, weil es in diesem Bereich gerade viele Fördergelder abzugreifen gibt, fließen Steuergelder am tatsächlichen Förderbedarf vorbei. Von Anfang an müssten daher diejenigen, für die am Ende des Projekts etwas Zählbares herausspringen soll, beteiligt sein. Was eine ländliche Region bedarf, wofür Geld und auch Engagement nötig ist, müssen diejenigen erkennen, die hier leben. Nur, wenn sie selbst anpacken und ihre Probleme lösen wollen, machen Förderprojekte auch wirklich Sinn.
Kommentar: Sabine Simon