FRG. „iMONA – intelligente Mobilität und Nahversorgung“ – so lautet der Titel des Projekts, bei dem im Landkreis Freyung-Grafenau innerhalb der nächsten zwei Jahre Ideen zur Verbesserung der Mobilität und Nahversorgung der Bürger entwickelt werden sollen. Im ersten Teil unseres Hog’n-Interviews informierte Projektleiterin Sonja Weigerstorfer u.a. darüber, wie iMONA ablaufen und was am Ende optimalerweise dabei herauskommen wird. Im zweiten Teil geht Hog’n-Mitarbeiterin Sabine Simon der Frage nach der Finanzierung von umsetzbaren Ideen sowie dem eigentlichen Daseinssinn des Projekts weiter nach. Abschließend gibt sie in Form eines Kommentars ihre persönliche Einschätzung zum Gelingen von iMONA wieder, das ein „Umdenken in der Gesellschaft“ zwingend voraussetzt.
Wenn jemand eine der Ideen gut findet und sagt: Das machen wir! Und wenn es dann auch Menschen gibt in Gemeinden oder Vereinen, die das anpacken wollen. Und wenn diese Leute dann fragen: Frau Weigerstorfer, was bekommen wir da? Wenn die praktische Umsetzung ansteht, wenn die gesamte Vorlaufphase abgeschlossen ist, wenn der Plan da ist – können Sie das Ganze dann finanzieren?
Leider nein. Das Projekt iMONA hat knapp 660.000 Euro zur Verfügung, die fließen zur Hälfte an die TU Dresden, die die zugehörige Forschungsarbeit betreibt, und zur Hälfte an den Landkreis. Das heißt: das Geld reicht natürlich nicht, um Maßnahmen zu finanzieren, die umgesetzt werden.
Hilfe bei Organisation von Geldern: ja – Finanzierung: nein
Das Projekt ist da, um Daten zu ermitteln, Ideen zu finden, selbst zu entwickeln und sie bekannt zu machen. Es gilt Menschen zu finden, die sich dafür begeistern und bereit sind, diese Ideen umzusetzen. Diesen Menschen helfen wir, die richtigen Fördertöpfe zu finden. Aber iMONA hat keinen eigenen Topf, um die Umsetzung zu finanzieren. Nochmal: Wir versuchen bei der Organisation von Geldern zu helfen – machen müssen die Menschen dann selber.
Aber ich denke, dass es zum Beispiel auch im Interesse ortsansässiger Unternehmen liegt, sich daran zu beteiligen. Viele unserer Unternehmen im Landkreis liegen nicht unbedingt direkt an einer Bushaltestelle. Da taucht dann etwa die Frage auf: Wie kommen meine Arbeitnehmer, wie kommen meine Auszubildenden gut zur Arbeit? Uch denke, dass man da auf eine Zusammenarbeit hinarbeiten kann.
Wenn also eine Gemeinde sagt: Die Idee der Mitfahrbänke finden wir gut, das würden wir gerne zusammen mit Ihnen weiterentwickeln – die Entwicklung übernimmt iMONA, aber das Aufstellen der Bänke, die rote Farbe für den Anstrich etc. – das finanziert die Gemeinde?
Das finanziert dann jemand, der hinter der Idee steht, der das gut findet, der vielleicht auch einen Vorteil davon hat. Ich sehe da die gesamte Bevölkerung, ich sehe die Gemeinden, die Unternehmen, aber ich sehe auch Fördergelder, die man auftun kann.
Man muss betonen, dass es hier vor Ort Leute gibt, die engagiert sind, ein Interesse daran haben, was zu verändern und die gerne bereit sind, Sachen in die Hand zu nehmen. Leute, für die es selbstverständlich ist, für die Gemeinschaft etwas zu tun. Es ist wichtig, diese in den Vordergrund zu stellen.
„Da sind verschiedene Ideen in der Luft“
Einige Ideen, wie man ohne ÖPNV und eigenes Auto an Lebensmittel rankommt, gibt es ja bereits. Ich selbst wohne mitten in der „Pampa“, bei uns kommt donnerstags der rollende Supermarkt vorbei, freitags der Metzger mit seinem Verkaufswagen, samstags liefert der Bäcker aus, es gibt Getränkelieferdienste. Oder aber eine Nachbarin nimmt die andere mit zum Einkaufen, weil die kein Auto hat. Dann geht es beim Projekt iMONA ja eher darum, dass man diese Möglichkeiten publik macht, oder? Dass also mehr Leute erfahren: Das gibt es – und das kann ich nutzen.
Ich bin wirklich positiv erstaunt, dass es schon so viel gibt – das spricht auch für den Landkreis. Aber mir ist auch in vielen Gesprächen aufgefallen: Nicht jeder weiß, dass es diese Angebote gibt. Viele haben immer noch das Gefühl: Die tägliche Frage, wie ich an meine Lebensmittel rankomme, ist problematisch. Und iMONA soll dabei helfen, das alles mehr zu kommunizieren, eine Plattform bieten, damit diese Informationen flächendeckend gestreut werden. iMOna soll da, wo noch Lücken sind, schauen, wie man diese füllen kann.
Das ist das Schöne an iMONA: Es bietet die Plattform, ganz viele Ideen neu zu stricken oder Sachen zu verknüpfen, die man jetzt so auf den ersten Blick nicht miteinander verbinden würde. Wir haben eine sehr vorteilhafte Ausgangslage: Es ist vieles da, aber man kann es einfach noch optimaler nutzen, verbreiten, kommunizieren, zugänglicher machen für alle.
Sie sprechen von einer Plattform. Gibt es schon Ideen, wie das funktionieren soll? Über das Internet?
Am Internet werden wir nicht vorbei kommen, das ist klar. Das Internet macht es sehr einfach, sich Informationen zu besorgen und in Kontakt miteinander zu kommen. Aber ich denke auch an Dinge wie ein Schwarzes Brett, an dem man seine Sachen aufhängen kann. Auch ein Dorfladen wie der „Annalon“ in Kreuzberg oder der Dorfladen Philippsreut kann als Plattform dienen, weil sie mehr sind als nur eine Einkaufsstätte: Sie sind eine Begegnungsstätte, die für Austausch sorgt und das Dorf belebt.
Da sind verschiedene Ideen in der Luft – letztendlich entscheide das nicht ich, sondern das entscheidet immer die Bevölkerung je nach Bedarf, was gewünscht ist und was gewollt ist.
Nicht ausschließen: Leute ohne Internet und Smartphone
Internet beziehungsweise Apps auf dem Handy wären natürlich die schnellste Möglichkeit – aber wahrscheinlich bei uns und für die Zielgruppe schwierig, da viele schlechte Internetverbindungen haben – oder gar kein Handy besitzen.
Deshalb wollen wir beide Kanäle nutzen – den digitalen und den analogen. Aber ich glaube, dass unterschätzt wird, wie viele ältere Menschen bereits Smartphones nutzen. Ich unterhalte mich mit vielen Leuten über 65, von denen die meisten sagen: Selbstverständlich nutze ich das. Deshalb glaube ich, dass wir das Internet da sehr gut einbinden können. Nur müssen wir uns auch eine Alternative überlegen für die Personen, die kein Internet und Smartphone haben oder nutzen – die dürfen auf keinen Fall ausgeschlossen sein.
Vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben. Alles Gute für das Projekt.
Interview: Sabine Simon
Übrigens: Wer interessiert ist, eigene Ideen einzubringen oder mitzumachen, kann über imona@lra.landkreis-frg.de Kontakt mit Sonja Weigerstorfer aufnehmen. Informationen gibt’s auf imona-frg.de.
_________________________
Umdenken in der Gesellschaft
Wie viel kann man mit einem Projekt wie iMONA tatsächlich erreichen? Sonja Weigerstorfer hat eine schwere Aufgabe übernommen. Sie hat keinen großen Geld-Fördertopf zur Verfügung, um Projekte zu starten und auszuprobieren. Sondern sie kann nur herausfinden, welche Ideen es in Sachen Mobilität und Nahversorgung gibt: Was ist bereits vorhanden? Was kann man ausbauen und besser machen? Sie muss dann aber auch Leute finden, die das Ganze umsetzen (wollen) – und vor allem: Die das, was umgesetzt werden soll, finanzieren.
Wer ständig kritisiert wird, der mag irgendwann nicht mehr
Im Endeffekt muss sie ein Umdenken in der Gesellschaft erreichen. Wieder hin zu mehr Gemeinsamkeit, wieder hin zu „einer hilft dem anderen“, einer nimmt den anderen mit, einer bringt dem anderen etwas, wir teilen uns ein Auto, wir teilen uns einen Bus, wir gehören als Dorf zusammen. Nicht jeder muss alleine für sich schauen, wie er den Alltag regelt, damit er nicht auf der Strecke bleibt, sondern das Dorf hilft – auch älteren und nicht so mobilen Nachbarn.
Ideen und engagierte Menschen gibt es bereits. iMONA kann sie vernetzen, Ideen weiter entwickeln oder Leuten, die sich engagieren wollen, helfen, ihre Ideen auf den Weg zu bringen. Bleibt zu hoffen, dass sich genug Leute für die Ideen, die am Ende bei dem Projekt herauskommen (sollen), begeistern können. Und dass es nicht zu viele Nörgler und Kritiker gibt, die es ihnen schwer machen. Denn wer sich ehrenamtlich engagiert, aber ständig wegen irgendwas kritisiert wird, das noch nicht gut funktioniert – der mag irgendwann nicht mehr…
Ich würde mich sehr freuen, wenn iMONA ein Umdenken der Leute in Sachen Mobilität und Nahversorgung erreichen würde. Als ich klein war, hatten wir nur ein Auto in der Familie, mit dem mein Vater zur Arbeit gefahren ist. Meine Mutter hat mit uns Kindern alles zu Fuß erledigt in Waldkirchen. Das war nie ein Problem. Heute liegen die Supermärkte teils weit draußen im Industriegebiet und sind so konzipiert, dass man sie quasi nur mit dem Auto erreichen kann. Und jedes mal, wenn ich dort einkaufen gehe, ärgere ich mich über Autofahrer, die direkt vor der Eingangstüre im absoluten Halteverbot der Feuerwehranfahrtszone parken, damit sie ja nicht einen Schritt zu weit gehen müssen… Diese Leute werden aber wohl auch in Zukunft kaum von ihrer egoistischen Art sich fortzubewegen und einzukaufen abrücken, befürchte ich…
Kommentar: Sabine Simon