Freyung. Bürgermeister Olaf Heinrich spricht von teils massiven Beschimpfungen. Von gewaltsam aufgebrochenen Türen. Von Besuchern, die sich sogar gegenseitig bestohlen haben. Die Ausräum-Aktion in der ehemaligen GESA-Klinik „Wolfstein“, die am Mittwoch und Donnerstag vergangener Woche am Freyunger Geyersberg über die Bühne ging, scheint teilweise etwas aus dem Ruder gelaufen zu sein, wie nicht nur der Freyunger Rathaus-Chef auf Hog’n-Nachfrage bestätigt.
Geschätzte 800 bis 1.000 Menschen aus der näheren wie weiteren Umgebung hatten sich an den beiden Tagen nach Freyung aufgemacht, um die Überreste des einstigen Klinik-Inventars auszuräumen, bevor das Gebäude in die Hände seines neuen Eigentümers, der Karl-Gruppe, übergeht. Diese hatte den zuletzt als Asylunterkunft genutzten Komplex zum Preis von einem symbolischen Euro der Stadt abgekauft.
„Es sei sogar versucht worden, Antennen vom Dach zu schrauben“
Das Innernzeller Unternehmen um den Baulöwen Günther Karl hatte im Gegenzug versichert, das marode wie schadstoffbelastete Objekt innerhalb eines Jahres dem Erboden gleich zu machen. Die Stadt spare sich dadurch 8,2 Millionen Euro Abbruchkosten – und könne das Gelände für die Landesgartenschau im Jahr 2022 von Karl pachten, wie die Verwaltung gegenüber den Medien jüngst mitteilte.
Die Gratis-„Ausräum-Party“ (O-Ton Stadt Freyung), bei der sich jeder Interessierte alle beweglichen wie auch unbeweglichen Gegenstände kostenlos ausbauen und mitnehmen durfte, war seitens des Bürgermeisters genehmigt und mehrfach in der Presse (auch überregional) angekündigt worden. So bestand an den beiden Tagen die Gelegenheit, in der Zeit von 10 bis 16 Uhr das Gebäude zu betreten – und sich notfalls mit dem Flexgerät auf „Schnäppchenjagd“ zu machen, wie die Lokalzeitung die Räumungsaktion betitelte.
Und diese Chance nutzten offensichtlich viele. Neben Tellern, Blumenkübeln, Tischen, Regalen, Lampen und Stühlen wurden an jenen „Tagen der offenen Türen“ dann auch Waschbecken, Stromleitungen, Steckdosen und Geländer mit Schlagbohrmaschinen, Akku-Schraubern und Schutzgas abmontiert bzw. „abgeschweißt“, wie Bürgermeister Heinrich auf Hog’n-Nachfrage mitteilt. Sogar das Dach einer alleinstehenden Garage sowie eine Granittreppe fanden ihre Abnehmer, die teils mit Bulldog-Anhängern und großen Transportern angereist waren. „Nach Schätzung der städtischen Mitarbeiter waren ca. 80 Prozent der Besucher Privatpersonen“, berichtet der Freyunger Bürgermeister weiter. Der Rest verfolgte gewerbliche Interessen.
„Es wurden leider auch alle Türen aufgebrochen, die aus Sicherheitsgründen abgeschlossen waren“, zeigt sich der Rathaus-Chef wenig begeistert vom rabiaten Vorgehen einiger Sammler. „Etwa zu Kellerräumen, in denen keine Beleuchtung mehr funktionsfähig war.“ Es sei sogar versucht worden Antennen von den Dächern zu schrauben. Ein Vorgehen, das „durch die städtischen Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen unterbunden wurde“ – was wiederum den Zorn der teils sehr raffgierigen Leute nach sich zog.
„Rund 40 Betten in ein Pflegeheim nach Tschechien“
Heinrichs Fazit der ihm zufolge mit guten Absichten durchgeführten Ausräum-Aktion fällt daher eher gespalten aus: „Ich persönlich bin froh, dass viele Dinge mitgenommen wurden und weiterhin eine Verwendung finden. So wurden beispielsweise von einem Pflegeheim aus Tschechien rund 40 Pflegebetten abgeholt, die dort sofort in den Einsatz kommen werden. Bedauerlich ist in meinen Augen die hohe Aggressivität eines Teils der Besucher gegenüber den städtischen Mitarbeitern.“
da Hog’n