Die kleinsten Wildbienen in Deutschland sind nur vier Millimeter groß, wie etwa die Sand-Steppenbiene. Andere Arten haben eine Größe von fast drei Zentimetern, wie beispielsweise die Blaue Holzbiene. Sie alle haben – neben der Honigbiene – große Bedeutung für uns Menschen als Bestäuber von Bäumen, Blumen und Nutzpflanzen. Hog’n-Autorin Bini Katz beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den schwarz-gelben Insekten und weiß, welche Nisthilfen Sinn machen – und welche nicht.
Das Wissen über Wildbienen ist leider immer noch sehr gering – weit verbreitet ist die Verwechslung von solitären Wildbienen mit den staatenbildenden Honigbienen. Übrigens zählen auch die Hummeln zu den Wildbienen – als Bodennister bleiben sie von den gängigen Nisthilfen-Angeboten weitgehend verschont.
Ganz wichtig: Nur was man kennt, kann man schützen!
Von ca. 550 Solitärbienen-Arten nisten 70 Prozent ebenfalls im Boden, die übrigen 30 Prozent entweder in Wurmlöchern im Totholz, liegenden hohlen Halmen oder Pflanzenstielen. Einige nagen sich einen Gang in senkrecht stehende markhaltige Stengel. Daneben gibt es etliche Spezialisten, wie zum Beispiel die „Zweifarbige Schneckenhaus-Mauerbiene„, die ausschließlich in leeren Schneckenhäuschen nistet und diese sorgfältig mit grünen Blattstückchen tarnt.
Wenn eine Mutter-Biene ihre befruchteten Eier in einen Brutgang legt, muss sie gut für die ausschlüpfenden Kleinen vorsorgen, denn: Sie wird den Winter nicht überleben, ihre Kinder aber schon. Diese brauchen also viele Monate lang Schutz vor Kälte, Krankheiten, Fressfeinden und Parasiten sowie genug Nahrung, um sich zur fertigen Biene entwickeln zu können und auf den Augenblick zu warten, wenn die Sonne im Frühling ihr Nest erwärmt und es Zeit zum Ausfliegen ist.
Wie geht denn nun so ein Bienen-Nestbau vor sich?
Das Bienenweibchen sucht sich einen geeigneten Wurmgang im Holz oder einen Hohlraum in einem abgestorbenen Pflanzenteil (z. B. Schilf) – oder sie nagt einen Gang in einen mit Mark gefüllten Stengel (hier werden besonders gerne abgebrochene Brombeer-Stengel genommen). Ungefähr zehn bis 12 Zentimeter sollte eine solche Röhre lang sein, einen Durchmesser von zwei bis acht Millimeter haben (je nach Größe der Biene) und am Ende verschlossen sein.
Die Bienenmutter legt nun einen aus zusammengekneteten Pollen bestehenden Nahrungsvorrat an das Ende des Ganges, plaziert ein Ei darauf und verschließt die Zelle mit Material, das sie sich in der Umgebung holt und das von Art zu Art verschieden ist – oft ist es feiner Lehm oder auch Harz. Dann legt sie wieder ein Ei auf das nächste Pollen-Päckchen und verschließt auch diese Zelle – bis zu 20 Mal, bis die Röhre gefüllt ist. Die letzte Zelle bleibt leer – als Schutz vor Feinden aller Art. Ganz hinten werden die Eier gelegt, aus denen Weibchen schlüpfen sollen, zum Eingang hin die der Männchen. Diese schlüpfen im Frühjahr auch als erste und warten vor dem Nistgang bereits auf die Weibchen, mit denen sie sich dann sofort paaren. Wenn man all diese Tatsachen kennt, ist es eigentlich ganz einfach, eine ordentliche Nisthilfe zu kaufen oder selbst zu bauen – indem man nämlich die Natur, so gut es geht, nachahmt.
Nisthilfen sollten sauber gebohrte Gänge oder Röhrchen anbieten
Ein Gang, den sich eine Wildbiene zum Nisten aussucht, muss einen runden Querschnitt haben, denn viereckige Löcher gibt es nicht in der Natur – und er darf nur wenig größer als die Bienenmutter sein. Es ist nämlich Schwerstarbeit für so ein kleines Insekt, erst den Pollen für die Vorräte zu sammeln und zu deponieren – und dann das Material herbeizuschleppen, um jede einzelne Zelle zu verschließen. Je größer das Loch, desto mühsamer ist es für die Biene, desto weniger Eier wird sie legen und desto weniger Bienen-Nachwuchs wird es geben.
Um den gesammelten Pollen, den Wildbienen in der „Bauchbürste“ tragen, am Rand des Nistgangs abzustreifen, muss die Bienenmutter rückwärts hineinkriechen – eine Katastrophe für sie, wenn der Nesteingang keine glatten Kanten hat oder gar Splitter in den Hohlraum hineinragen, die ihr die Flügel zerreißen. Die zarten Bienenflügel sind nämlich nur ein Tausendstel Millimeter dick und für die Biene überlebenswichtig – wenn sie nicht mehr fliegen kann, muss sie verhungern, denn weder der Pollen für die Brut noch der Blüten-Nektar, den sie selber braucht, sind für sie dann noch erreichbar.
Wir lernen also, dass künstliche Nisthilfen sauber gebohrte Gänge oder Röhrchen anbieten sollten, mit glatten Kanten und mit möglichst unterschiedlichen Durchmessern für verschiedene Arten: zwischen zwei und 8 Millimeter, bei zehn bis zwölf Zentimetern Länge und einer geschlossenen Rückwand. Sehr wichtig ist es für Bohrungen abgelagertes Holz zu verwenden, das nicht mehr „arbeitet“ und nicht harzig ist – also das Holz von Obst- oder Laubbäumen, niemals von Nadelbäumen. Röhrchen können etwa aus Schilf, Bambus oder auch Pappe sein (gibt es zu kaufen).
Gänge sollten außerdem nicht in das Stirnholz, sondern von der Seite quer dazu gebohrt werden – so, wie auch ein Käfer seinen Fraßgang von außen durch die Rinde legen würde. Stirnholz nimmt vermehrt Wasser auf, quillt auf, reißt leichter und bildet dadurch den Eingang für Pilzsporen und Krankheitserreger, welche die Jungbienen in ihren Zellen absterben lassen.
Wichtig: Bienen-Futterpflanzen, die Nahrung bieten
Klar ist auch, dass es wenig Sinn machen würde, eine Nisthilfe im Wald oder in einem der inzwischen leider so beliebten Steingärten aufzustellen: Die Wildbiene braucht eine Umgebung, die ihr den Futtervorrat für den Nachwuchs liefert sowie das Material zum Verschließen der Niströhre (und zwar in höchstens 400 Metern Entfernung). Muss sie weiter weg fliegen, ist das nicht nur viel mehr Arbeit für sie, auch die Gefahr für die schon belegten Zellen wächst, dass sich während ihrer Abwesenheit Räuber darüber hermachen, seien es andere Insekten oder auch Vögel, die die eiweißreichen Häppchen zu schätzen wissen.
Das bedeutet: In unseren Gärten müssen Bienenfutter-Pflanzen wachsen, die das ganze Jahr über Nahrung bieten, am besten heimische Wildpflanzen mit einfachen, nicht gefüllten Blüten, die nicht steril sind, wie die hochgezüchteten Gartensorten, sondern viel Pollen und Nektar spenden.
Bei Bienenarten, die in markgefüllten Stengeln einen eigenen Nistgang bauen, ist die Sache vergleichsweise einfach – eine „wilde Ecke“ im Garten mit Brombeeren, Himbeeren und Holunder bietet das Nötigste. Hauptsache, abgestorbene Pflanzenteile werden nicht entfernt. Diese markgefüllten Stengel müssen unbedingt senkrecht oder leicht schräg stehen, können also kaum in künstliche Nisthilfen eingebaut werden. Man kann aber zum Beispiel abgebrochene Brombeer-Ruten leicht schräg mit Draht an einer sonnigen Stelle an den Zaun binden und sehen, ob sie angenommen werden.
Die Nachteile eines klassischen „Insektenhotels“
Nachdem wir jetzt wissen, wie eine gute Nisthilfe aussehen sollte, wenden wir uns doch einmal kritisch so einem gängigen „Insektenhotel“ zu:
Die ganze Holzansammlung auf dem „Dachboden“ ist ein Witz – links sind einige im Stirnholz „angepiekste“ Äste zu erkennen, die Löchlein ein bis zwei Millimeter tief; wozu die Holzstücke auf der rechten Seite dienen sollen, außer als Füllmaterial, ist unergründbar. Sehr beliebt sind als Füllung auch Hobelspäne, Laub und sonstiges Zusammengekehrtes – alles als Nisthilfe völlig wertlos.
Auch sehr beliebt: die Tannen-, Fichten- oder Kiefernzapfen-Füllung – man nimmt eben gerne mal das, was halt grade so rumliegt im Garten. Gut möglich, dass sich ein paar Ohrenkneifer dafür interessieren…
Eine Biene, die sich in solche Stirnholz-Bohrungen wagt, muss lebensmüde sein – fransige, rissige Löcher, viel zu großer Durchmesser mit viel zu wenig Tiefe, dafür voller Sägemehl und Splitter.
Ein schlichter Ziegelstein, immerhin mit runden Öffnungen (oft findet man auch welche mit viereckigen „Löchern“), gedacht für Monsterbienen mit nahezu zwei Zentimetern Durchmesser. Aber auch die sollten beim Hineinkriechen eine Rüstung tragen, denn die Innenflächen sind rauh und uneben.
Fazit: Am besten gestaltet man seinen Garten so, dass Wildbienen keine künstlichen Nisthilfen brauchen. Ein vielfältig strukturierter Naturgarten mit alten Bäumen (Weiden!), Trockenmauern, Steinhaufen, Totholz, Magerrasen, Wasserflächen, Blumenwiesen und einheimischen, ungefüllt blühenden Pflanzen ist der wertvollste Beitrag zur Rettung der bedrohten Wildbienen und anderer Insekten.
Text: Bini Katz/ Titelbild: Stella’s Picture Wonder World
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