Kapfham/Altschönau. Ein kleiner Beutel voller Blut zählt zu den größten Geschenken, die Andreas Hackl bisher in seinem Leben einem seiner Mitmenschen gemacht hat. Ein sehr wertvolles Geschenk, das über Leben und Tod entscheiden kann. Der 38-jährige Waidler, der als Tierpfleger im Nationalpark Bayerischer Wald beschäftigt ist, hat einem Leukämiepatienten seine Stammzellen gespendet – und ist somit zum Lebensretter avanciert.
Schon früh morgens ist er im Tier-Freigelände des Nationalparks bei Altschönau unterwegs. Gerade hat er der Bärenfamilie ihr Futter gebracht: Hühner, Äpfel und Salat. Nun geht es weiter zu den Wisenten. Der 38-Jährige macht mit der Schaufel und dem Schubkarren ganz absichtlich etwas Lärm. „Dann wissen die Tiere, dass ich da bin und dass es Frühstück gibt“, sagt er. Nur wenige Minuten später stehen die großen Rinder vor ihm und warten am Eingangstor zu ihrem Futterplatz, bis alles ausgemistet ist und sie hineindürfen. Andreas Hackl, der in Kapfham (Gde. Hohenau) lebt, ist gut gelaunt. Man sieht ihm nicht an, dass er vor zehn Tagen um diese Zeit nicht seinen Dienst im Nationalpark getan hat, sondern in der Klinik in München lag. Nicht weil er krank war, sondern um Leben zu retten.
Andreas Hackl: „Für mich war das schon eine Herausforderung“
2015 hat sich Andreas Hackl typisieren lassen. Damals war eine Mitbürgerin aus seiner Heimatgemeinde Mauth an Leukämie erkrankt. Er wollte helfen, es war selbstverständlich für ihn, da hin zu gehen. Als Spender kam er damals nicht in Frage. „Dass ich nun drei Jahre später für einen Patienten ausgewählt werde, damit habe ich überhaupt nicht gerechnet“, erzählt er. Als der entsprechende Brief von der Stiftung „Aktion Knochenmarkspende Bayern“ (AKB) kam, musste er erst einmal schlucken. Und überlegen. „Aber dann stand relativ schnell fest, dass ich es machen werde.“ Rückhalt hat er bei dieser Entscheidung von seiner Frau Petra und seiner siebenjährigen Tochter Pia bekommen. „Sie waren dafür und haben mich unterstützt.“
Und diese Unterstützung war auch nötig. Denn die Vorbereitung auf eine Stammzellenspende ist aufwändig. Einen Tag lang wurde Andreas Hackl in der Klinik in Gauting untersucht. Danach bekam er eine Kühltasche voller Spritzen mit nach Hause. Fünf Tage lang musste er sich dreimal täglich eine Injektion in den Bauch geben. „Für mich war das schon eine Herausforderung, ich geh ja schon ungern zur Blutentnahme“, sagt Andreas Hackl. Darüber hinaus hat das Medikament, das ganz einfach gesagt die Stammzellen anregt, in die Blutbahn zu treten, gewisse Nebenwirkungen. „Am zweiten Tag hatte ich eine Grippe, wie ich sie noch nie erlebt habe“, erinnert er sich. Mit Fieber und Knochenschmerzen. „Es war ein seltsames Gefühl, weil im Kopf ist man ja kerngesund.“
Und dennoch würde Andreas Hackl all dies noch einmal auf sich nehmen. „So schlimm, wie ich es mir aufgrund von Erfahrungsberichten vorgestellt habe, war es nicht.“ Die Entnahme selbst fand im Roten-Kreuz-Haus in München statt und war innerhalb von drei Stunden vorbei. „Es ist wie eine Dialyse. Das Blut wird abgenommen, in einer Zentrifuge werden die Stammzellen herausgefiltert, dann wird das Blut dem Spender wieder zugeführt.“
Nach zwei Jahren: Kennenlernen von Spender und Patient
Wem er seine Stammzellen gespendet hat, weiß der Tierpfleger nicht. „Ich darf nach sechs Monaten fragen, wie es dem Patienten geht.“ Nach zwei Jahren besteht die Möglichkeit, sie oder ihn kennenzulernen – wenn dies auch von der anderen Seite gewünscht ist. „Und darauf hoffe ich“, sagt Andreas Hackl, dem noch etwas auf dem Herzen liegt. „Jeden kann Leukämie treffen. Dann ist man um einen Spender froh. Daher sollte sich auch jeder typisieren lassen.“
da Hog’n