Edelmühle/Freyung. Im zweiten Anlauf kam es bei diesem langwierigen und teilweise undurchsichtigen Fall nun doch zu einer Entscheidung bzw. zu einem Urteil: Ein 69-jähriger Geschäftsmann und Betreiber einer Wasserkraftanlage in Edelmühle bei Waldkirchen ist zu einer Geldstrafe (90 Tagessätze zu je 100 Euro) verurteilt worden. Dieser soll die geforderte Restwassermenge nicht gesichert und somit für einen enormen sog. Artenfehlbetrag im Osterbach gesorgt haben – eine Gewässerverunreinigung, für die er sich vor Gericht verantworten musste (wir berichteten).
Ähnlich wie bereits am ersten Verhandlungstag vor zwei Wochen rückte auch dieses Mal die eigentliche Sache etwas in den Hintergrund. Während der rund zweistündigen Verhandlung entfachte sich immer wieder eine Diskussion zwischen Richter Klaus Fruth und Dr. Rainer Kiewitz, dem Verteidiger des Angeklagten. Nach mehrmaligen Ermahnungen durch den Vorsitzenden Richter, der Rechtsanwält möge sich an die Strafprozessordnung halten und nicht irgendwelche Thesen in den Raum stellen, sondern die Zeugen befragen, unterstellte Dr. Kiewietz Richter Klaus Fruth, er sei „dicht an der Grenze der Befangenheit“.
„Der Angeklagte zeigt sich sehr uneinsichtig und beharrlich“
Und ähnlich wie bereits am ersten Verhandlungstag schienen die Beteiligten auch dieses Mal aneinander vorbei zu diskutieren. Während die Staatsanwaltschaft und auch die beiden Zeugen – Mitarbeiter des Landratsamtes – immer wieder feststellten, dass zwar eine Beteiligung des Bibers an der Verstopfung der Fischtreppe und der damit verbundenen geringeren Restwassermenge nicht ausgeschlossen werden kann, jedoch von staatlicher Seite eine entsprechende Freilegung ausdrücklich erlaubt worden ist, beharrte die Verteidigung darauf, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof derzeit einen Bescheid, der mit diesem Fall zu tun habe, prüft. Nach Ansicht der Staatsanwältin hätte dieses Dokument jedoch überhaupt nichts mit dem eigentlichen Sachverhalt zu tun.
In diese Richtungen argumentierten Anklage und Verteidigung dann auch bei ihren Plädoyers. Nach Ansicht der Staatsanwältin sei der Sachverhalt einer Gewässerverunreinigung nach Anhörung aller Zeugen bestätigt worden. Ob ein wirtschaftliches Motiv vorliege, könne nicht festgestellt, die Argumente der Verteidigung könnten jedoch relativ einfach widerlegt werden. Dass es sich bei dem Material, das die Restwassermenge begrenze, um Biberholz handelt und es deshalb nicht entfernt werden dürfte, ist der Staatsanwältin zufolge eine reine Schutzbehauptung, da eine Beseitigung des Holzes ausdrücklich erlaubt worden sei. „Der Angeklagte zeigt sich sehr uneinsichtig und beharrlich“ – weshalb eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 200 Euro laut Staatsanwaltschaft durchaus angebracht ist.
„Das Landratsamt unterlässt einen eigenartigen Eindruck“
Die Verteidigung jedoch forderte Freispruch bzw. ein Aussetzen der Verhandlung, bis ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vorliege. Dr. Rainer Kiewitz unterstellte der Staatsanwaltschaft, „äußerst schlampig ermittelt“ und viele Unterlagen erst gar nicht gesichtet zu haben – ein entsprechender Beweisantrag des Angeklagten ist während des Prozesses von Richter Fruth wegen „offensichtlicher Überflüssigkeit“ abgelehnt worden. Kiewitz betonte auch, dass das Landratsamt Freyung-Grafenau in dieser Angelegenheit einen „eigenartigen Eindruck“ hinterlassen und sein Mandant nur die geltenden Gesetze beachtet habe.
Letztlich orientierte sich Fruth bei seinem Urteil an den Vorgaben der Staatsanwaltschaft – er verhängte eine Strafe von 90 Tagessätzen zu je 100 Euro. „Das Ganze hat doch überhaupt nichts mit dem Biber zu tun, wie deutlich wurde. Fakt ist, dass die geforderte Restwassermenge nicht bereitgestellt wird“, betonte er. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig – die Verteidigung hat die Möglichkeit, Berufung oder Revision einzulegen. In Anbetracht der beiden Verhandlungstage darf man davon ausgehen, dass der Angeklagte von diesen Rechtsmitteln Gebrauch machen wird.
da Hog’n
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