Ja, holla, die Waldfee! So ein Brett – und das nach 50 Jahren Bandgeschichte. Judas Priest sind zurück – und wie! Das hätte man den Hohepriestern des Heavy Metal um den Metal-God Rob Halford nach einigen eher halbgaren bis zumindest gutklassigen Alben in den vergangenen fast 30 Jahren seit „Painkiller“ (1990!) nun bestimmt nicht mehr zugetraut. Zumal das Vorgängerwerk „Redeemer Of Souls“ ja auch sowas wie ein Farewell-Ausrufezeichen war. Und jetzt schießt das Heavy-Metal-Urgestein mit „Firepower“ um die Ecke und pflanzt ein dermaßen dickes Denkmal in die Landschaft, dass man als Rezipient nur so mit den Ohren schlackert.
„Children Of The Sun“ und „Evil Never Dies“ sind die ersten beiden Songs, die direkt auf die Zwölf marschieren und jede Menge Power transportieren – die typischen Halford-Screams, die ihn seinerzeit zum Metal-God machten, erfreulicherweise inklusive. Und dann kommt das „Painkiller“ des Jahres 2018 – „Firepower“ heißt es, wird mit einem knatternden Riff direkt eingezählt, dann ein hoher Schrei, ehe die Strophenmelodie sich mit Monster-Widerhaken direkt ins Ohr fräst.
Firepower – eine echte Hymne füs Judas-Priest-Stammbuch
Wow, möchte man da andächtig ausrufen und die Anlage direkt auf (ja, schon wieder) zwölf drehen, wenn der Refrain mit mächtiger Doublebass dahergaloppiert kommt. Die Bridge ist eine melodische Wundertüte, die Soli von Richie Faulkner und Glenn Tipton sind ein Genuss – und die drei Minuten achtundzwanzig leider viel zu schnell vorbei. Fraglos: Mit „Firepower“ haben sich die Grandseigneurs der NWOBHM eine echte Hymne ins Stammbuch geschrieben, wo sie direkt neben „Painkiller“ oder „Night Crawler“ auf alle Ewigkeit stehen wird.
Dagegen muss der Rest zwangsläufig ein wenig abstinken – aber, werte Freunde, seid beruhigt: auf ganz hohem Niveau. „Flame Thrower“ etwa ist ein solider Klopfer, das Doppel „Guardians/Lightning Strike“ erinnert nicht nur vom Aufbau (Instrumentalintro geht in Song über) an „Helion/Electric Eye“, sondern ist ähnlich eingängig konzipiert.
Man habe sich eigentlich auf ein kurz-knackiges Zehn-Song-Album geeinigt, hieß es kürzlich in einem Interview. Dann aber war der Metal-God so begeistert von allen 14 Stücken, dass sie es alle schlussendlich auf das Album schafften und dieses auf eine voluminöse Spielzeit von einer guten Stunde brachten. Keine schlechte Entscheidung, denn auch langsame und längere Songs wie „Lone Wolf“ oder „Rising From Ruins“ gefallen.
Ein Wort noch zum zwangsweisen Ausstieg von Gitarrist Glenn Tipton: Es passt zu dieser unaufgeregten und weitgehend skandalfreien Band, dass mit der Parkinson-Erkrankung des Musikers genauso umgegangen wurde, wie es in den Medien präsent war. Nämlich kaum.
Rob Halford & Co: Stellt den Rentenantrag nochmal zurück!
Tipton, der zur Hochzeit der Band mit dem vor einigen Jahren ausgestiegenen zweiten Sechssaiter K.K. Downing die Twin-Gitarren neben Iron Maiden prägte wie kaum ein zweiter, wird auch weiterhin sporadisch die Bühne mit seinen Kollegen teilen und bleibt Teil von Judas Priest. Live wird er bei Bedarf von Andy Sneap ersetzt, der im Übrigen zusammen mit Tom Allom und Mike Exeter für den großartigen Sound von „Firepower“ gesorgt hat.
Keine Frage: Judas Priest ist mit „Firepower“ eines der wichtigsten Metal-Alben der letzten Jahre gelungen! In dieser Form – bitte noch nicht in Rente gehen, lieber Metal-God!
Wolfgang Weitzdörfer
- VÖ: 9. März 2018
- Label: Sony Music
- Songs: 14
- Spielzeit: 58:21 Minuten
- Preis: ca. 12 Euro