Freyung/Hinterschmiding. Man sieht sich immer zweimal im Leben. Dr. Maximilian Zwiebel kehrt zu den Kliniken Am Goldenen Steig zurück, er löst Dr. Wolfgang Reichel ab und wird ab 1. September Teamchefarzt der Abteilung für Innere Medizin am Krankenhaus Waldkirchen, wie die Kliniken gGmbH jüngst in einer Pressemeldung mitteilte. Der 60-Jährige war bereits von 2000 bis 2007 als Chefarzt am Krankenhaus Freyung tätig. Die damalige Zusammenarbeit endete vor dem Arbeitsgericht, weil Zwiebel mit den Abrechnungen seiner Abgaben an die Klinik etwas – nennen wir’s mal – „schludrig“ umgegangen ist. Doch warum geht die Kliniken gGmbH trotz der Zwistigkeiten vor neun Jahren ein neuerliches Arbeitsverhältnis mit dem zuletzt freiberuflich tätigen Hinterschmidinger ein? Muss der Mediziner nun seine damals ausbezahlte Abfindung eigentlich zurückgeben? Hat Zwiebel aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt? Und: Wie will die Krankenhaus-Geschäftsführung sicherstellen, dass Vergangenes nicht wieder aktuell wird?
Auf Hog’n-Nachfrage erklärt Judith Wunder, Pressesprecherin des Landratsamts Freyung, dass neben Gesprächen mit zwei weiteren Bewerbern auch Kontakt zu Dr. Zwiesel aufgenommen worden sei, als es um eine „adäquate Nachbesetzung“ der Stelle von Dr. Wolfgang Reichel gegangen ist. „Nach anfänglicher Zurückhaltung auf beiden Seiten merkte man schnell, dass man hinsichtlich der medizinischen Ausrichtung der Abteilung auf einer Wellenlänge liegt. Daraufhin wurden die Gespräche intensiviert und auch internistische Kollegen zur Abstimmung mit ins Boot genommen.“ Die Probleme der Vergangenheit – während Zwiebels erster „Amtszeit“ (2000 bis 2007) hießen die Protagonisten noch Wolfgang Hamerlak (Kliniken-Chef) und Alexander Muthmann (Landrat) – seien im Vorfeld der Neuanstellung angesprochen und aufgearbeitet worden, heißt es aus dem Landratsamt. Man habe die Ursachen analysiert, wie Judith Wunder versichert. „Mit der heutigen Geschäftsleitung (Hubert Denk – Anm. d. Red.) der Kliniken gGmbH besteht für beide Seiten die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.“
Kontakt zu Dr. Zwiebel? Schwieriger als zunächst gedacht
Ob von Dr. Maximilian Zwiebel die 2007 ausgehandelte Abfindung nun zurückgezahlt werden müsse, kann und will die Landkreis-Sprecherin nicht direkt beantworten. Denn: Zwischen den beiden Parteien sei eine Vereinbarung zur Schweigepflicht getroffen worden. Gesichert ist hingegen, dass die damals offenen Posten inzwischen beglichen sind, wie Judith Wunder bestätigt: „Unseres Wissens nach sind diese Dinge alle abgearbeitet.“ Gerade in der aktuellen Phase der Haushaltskonsolidierung und der Neuausrichtung der Struktur der Kliniken gGmbH in Folge der negativen Finanzergebnisse dürfte ein großes Augenmerk auf eine makellose Abrechnung Zwiebels liegen. Um ähnliche Schwierigkeiten wie zur Zeit von Zwiebels erstem Engagement bereits im Vorhinein zu vermeiden, werden seit einiger Zeit „klinikenweit sämtliche Behandlungsverträge mit der Kliniken gGmbH geschlossen – das heißt, die Rechnungsstellung erfolgt durch die Kliniken gGmbH“ (Wunder).
Von Seiten der Kliniken-Geschäftsführung bzw. deren Träger, dem Landkreis Freyung-Grafenau, steht einer neuerlichen, wünschenswerterweise erfolgreicheren Zusammenarbeit somit offenbar nichts im Wege.
Doch wie steht Dr. Maximilian Zwiebel selbst zu seinem unerwarteten Comeback? Das Onlinemagazin „da Hog’n“ möchte ihn dazu persönlich befragen und in Kontakt mit ihm treten – was zunächst einfacher erscheint, als es in Wirklichkeit ist. Das Landratsamt verweist hinsichtlich der Kontaktdaten vorerst auf die Kliniken GmbH – diese wiederum teilt mit, dass die Landkreis-Presseabteilung um Judith Wunder hierfür zuständig sei. Im Telefonbuch ist der Hinterschmidinger nicht zu finden. Unter der auf der familieneigenen Homepage angegebenen Telefonnummer ist (trotz mehrmaliger Versuche) niemand erreichbar. In Folge einer weiteren Anfrage beim Landratsamt bittet Judith Wunder „Ihre Anfrage an Herrn Dr. Zwiebel ggfs. über die Pressestelle des LRA zu stellen“ (19. Juli).
„Man kann die Vergangenheit nicht schlagartig ausblenden“
Alexander Muthmann (Landrat 2000-2008, aktueller Kreisrat): „Die Kreisräte sind zu dieser Entscheidung (Dr. Zwiebel wieder zur Kliniken gGmbH zurückzuholen – Anm. d. Red.) nicht gefragt worden. Ich persönlich schätze Herrn Dr. Zwiebel nach wie vor als Arzt. 2007 musste sich die Kliniken gGmbH von Dr. Zwiebel aus Gründen trennen, die nichts mit seinem fachlichen Können zu tun hatten, sondern mit seiner Tätigkeit im organisatorischen und finanziellen Bereich. Ob dies in den neuen Vereinbarungen berücksichtigt worden ist, kann ich nicht sagen, da ich die Verträge nicht kenne.“
Ein direktes Gespräch mit dem Mediziner ist anscheinend nicht möglich (bzw. erwünscht?). Auch eine weitere Anfrage bei der Kliniken gGmbH bringt zunächst keine Neuigkeiten: „Leider dürfen wir aus Datenschutzgründen keine Kontaktdaten weitergeben. Aber ich werde ihre Anfrage an Dr. Zwiebel weiterleiten“, teilt uns eine Mitarbeiterin der Krankenhaus-Verwaltung am 20. Juli mit. Am 21. Juli meldet sich Dr. Zwiebel dann doch telefonisch bei den Hog’n-Redakteuren. Er sei in den vergangenen Tagen nicht erreichbar gewesen und dürfe Auskünfte nur über das Landratsamt erteilen, teilt er mit. Schließlich einigt man sich darauf, dass er die Fragen beantwortet und von der Landkreis-Pressestelle absegnen lässt. Die Beantwortung erfolgt dann am 22. Juli. Im Vorspann entschuldigt sich Dr. Zwiebel dabei sehr höflich für die Mühen und schreibt: „Ich bin froh, dass weder das Landratsamt noch die Geschäftsleitung die Daten ohne mein Einverständnis herausgegeben haben. Nur so kann der notwendige Schutz der Persönlichkeitsrechte auch gewährleistet werden.“
Weiter erklärt er: „Wie bereits erwähnt, erfolgt diese Antwort aber entsprechend dem Dienstweg nach Rücksprache mit der Pressestelle des Landratsamtes. Auch wenn es umständlich erscheinen mag, so ist dies ein in vielen Firmen übliches Vorgehen. Dass wir Chefärzte nach Dienstvertrag zu Stillschweigen über unsere Dienstgeschäfte verpflichtet sind (was ich auch sehr sinnvoll halte), ist dies zu unserer Sicherheit (…).“
Generell betont er auf Hog’n-Nachfrage: „Man kann in einer solch wichtigen Frage die Vergangenheit nicht schlagartig ausblenden.“ Zwiebel hat sich eigenen Aussagen zufolge in den vergangenen Jahren viel mit strukturellen Veränderungen im Krankenhauswesen beschäftigt. Vor allem die Neuausrichtung der Kliniken gGmbH und die jetzige Geschäftsführung habe ihn überzeugt, dass sich „wieder eine vertrauensvolle, positive Zusammenarbeit entwickeln kann“.
„Ich habe auf ein Einklagen der offenen Summen verzichtet“
Die Probleme der Vergangenheit sind laut Zwiebel bereits im damaligen arbeitsrechtlichen Vergleich sehr intensiv aufgearbeitet worden. „Der entscheidende Punkt ist aber wohl, dass die heutige Geschäftsführung mit der von damals nur mehr am Rande deckungsgleich ist.“ Die ausbleibenden Rechnungen, die 2007 der Grund für die Trennung waren, seien inzwischen erstellt und mit der Klinik abgerechnet worden. „Es gibt sicherlich Patienten, die mir gegenüber ihre Rechnung nicht beglichen haben, dies ist jedoch zu meinen Kosten gegangen. Obwohl rechtlich noch keine Verjährung eingetreten gewesen wäre, habe ich in fast allen Fällen auf ein Einklage der offenen Summen verzichtet.“ Zwiebel hofft, aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und die richtigen Schlüsse gezogen zu haben. „Es wäre schlimm, wenn dies nicht der Fall wäre.“
da Hog’n