Viechtach. Die aktuelle Asylthematik beschäftigt die Menschen derzeit so sehr wie wohl kein anderes Thema. Während die Flüchtlingsströme der vergangenen Wochen mittlerweile auch die Städte und Dörfer im Bayerischen Wald erreicht haben, stellt man sich auch hierzulande die Frage, wie mit den neuen Mitbürgern verfahren werden soll. Im niederbayerischen Viechtach kam es vor wenigen Tagen zu einem heftigen Disput, nachdem über das soziale Netzwerk Facebook eine Seite mit dem Titel „Nein zum Heim, auch in Viechtach“ ins Leben gerufen wurde. Dort zu finden sind u.a. Artikel von „Junge Freiheit“, Videos von fahnenschwenkenden und grölenden Umzugsteilnehmern, sowie Anti-Flüchtlingspropaganda gepaart mit den üblichen angstschürenden Hetz-Botschaften. „Wir helfen gern, doch JETZT ist Schluss. Wir Deutschen sind nicht die Melkkuh der Welt. Schluss mit Asylbetrug und Überfremdung!“, lautet der Kurztext in der Seitenbeschreibung, mit dem sich die bislang anonymen Betreiber für einen Stopp der Flüchtlingszuwanderung aussprechen.
Mitglieder von „Der III. Weg“ als vermutliche Seitenbetreiber
Seither diskutieren die Viechtacher im Rahmen hitziger und emotional geführter Online-Debatten über das Für und Wider der gegenwärtigen Asylpolitik. Unter anderem im Bürgerforum „Ist Viechtach schon tot?“, einer öffentlichen Facebook-Gruppe, regte sich jüngst massiver Widerstand gegen die aufgetauchte Seite. Mehrere Verlinkungen – die mittlerweile wieder entfernt wurden – verweisen darauf, dass „Nein zum Heim – auch in Viechtach“ wohl in engem Zusammenhang mit der neonazistischen Kleinpartei „Der III. Weg“ steht. Ein weiteres Indiz für diese Verbindung stellt eine per Foto auf der Seite (siehe unten) angekündigte Flugblatt-Aktion dar, bei der Walter Strohmeier, ein einschlägig bekannter Neo-Nazi und „Stützpunktleiter“ der Partei für den ostbayerischen Raum, zugange war (das Foto wurde mittlerweile wieder entfernt). Strohmeier soll dabei beobachtet worden sein, wie er am 13. September die Flugblätter mit der Aufschrift „Asylflut stoppen – auch in unserer Region“ persönlich in Privathäusern übergeben bzw. in Briefkästen eingeworfen hat. Seine Partnerin soll ihn dabei unterstützt haben, indem sie am Rande des Musikfestivals „Saitensprung“ am Viechtacher Stadtplatz den Passanten jene Zettel mit den rechtspopulistischen Inhalten in die Hand drückte.
Indes fordern viele Bürger die Löschung der Seite „Nein zum Heim, auch in Viechtach“ – stoßen damit bei Facebook jedoch auf taube Ohren. „Wir haben die […] wegen Hassbotschaften oder -symbolen gemeldete Seite geprüft und festgestellt, dass sie nicht gegen unsere Gemeinschaftsstandards verstößt“, lautet die standartisierte Antwort seitens FB. Grund hierfür könnte das vermutlich aus taktisch-strategischen Gründen bislang nicht ganz so offensive Posting-Verhalten der Initiatioren der Seite sein. In Zeiten von Verurteilungen wegen volksverhetzenden Inhalten haben sicherlich auch jene Seitenbetreiber von der strafrechtliche Relevanz von Hass-Kommentaren in sozialen Netzwerken schon gehört.
Umso fassungsloser die Haltung vieler Viechtacher – wenngleich es auch User gibt, die das bloße Bestehen dieser Seite pragmatischer betrachten. „Ich sehe auf der Seite keine Hetze (…) Die Beiträge, die geteilt wurden, sind auch bestimmt rechtlich in Ordnung, da diese vom Focus (…) sind und diese besser auf deren Wortwahl achten als die NPD“, argumentiert einer der Nutzer, der im gleichen Zug darauf verweist, dass er sich nicht mit den Seiteninhalten identifizieren kann – wohl aber den vielfach vorgeworfenen Tatbestand der Hetze nicht erfüllt sehe.
Ähnlich liberal äußert sich dazu Viechtachs dritter Bürgermeister Christian Zeitlhöfler. „Das hier soll keine Hetzjagd auf die Viechtacher Anhänger der Seite werden. Ich akzeptiere auch eine Meinung gegen Flüchtlingsheime, kann mich aber ganz und gar nicht damit identifizieren.“ Weiterhin fügt er an, dass es wichtig sei, den Dialog mit den Menschen zu suchen, die Probleme bei der Unterbringung von Flüchtlingen sehen.
Deutschlandweit wurden ähnliche Seiten bereits erstellt
Besorgniserregend erscheint vielen Facebook-Usern, dass sich hinter der Seite wohl ein deutschlandweites Netzwerk verbirgt. Seiten mit ähnlichem Titel und Inhalten in anderen deutschen Städten, wie zum Beispiel Oranienburg („Nein zum Heim in Oranienbrug“) in Brandenburg oder Gardelegen in Sachsen-Anhalt („Nein zum Heim in Gardelegen“), sind Anhaltspunkte für diese These.
Bei der Durchsicht der Kommentare wird jedenfalls schnell deutlich, wie sehr die Kontroversität dieses Themas die Gesellschaft spaltet – selbst in einer Bayerwald-Kleinstadt wie Viechtach. „Acht Leute aus meiner Freundesliste haben dieser Seite ein ‚Gefällt mir‘ gegeben“, zeigt sich eine Userin in der Gruppe „Ist Viechtach schon tot?“ schockiert. Ein anderer berichtet, dass er aus dem selben Grund bereits zwei Leute aus seiner Kontaktliste entfernt habe.
Menschen, die im alltäglichen Leben „normal“ und überwiegend freundschaftlich miteinander verkehrt haben, lernen sich derzeit offenbar neu kennen – und entfernen sich aufgrund unterschiedlicher Meinungen in puncto Asylpolitik zunehmends voneinander. Der derzeitige Graben, der sich durch die Flüchtlingsdebatte herauszubilden scheint und die Fronten mehr und mehr verhärtet, gleicht im Augenblick einer unüberwindbaren Schneise. Wechselseitige Vorwürfe der Hetze, des „Gutmenschentums“ sowie des offen zur Schau gestellten Faschismus zeigen, wie emotional die Asyldebatte geführt wird. „Leute fangt bitte keine Hetzjagden an! Was soll das!? Dann sind wir ganz schnell wieder im Bereich der Pogrome. Das wollen wir doch alle nicht“, bringt es ein Viechtacher im Rahmen der Netz-Diskussionen auf den Punkt.
Die Facebook-Debatte hat sich in den vergangenen Tagen derart verschäft, dass sich nun eine zweite Gruppe mit dem Titel „Alles rund um Viechtach“ gebildet hat – diesmal keine öffentliche, sondern eine geschlossene Gruppe. Diese soll laut den Administratoren eine Alternative zu „Ist Viechtach schon tot?“ darstellen. „Hintergrund ist ganz einfach das ich es nicht nachvollziehen kann warum man Leute in einer Gruppe lässt die nur Hetzen und was noch abscheulicher ist, zur Gewalt gegen dritte aufrufen. Hier wird keine Politische Werbung geduldet. Diese Gruppe dient einzig und allein um sich über Viechtach auszutauschen“, ist in der Gruppeninfo zu lesen.
Staatsschutz ist informiert, Staatsanwaltschaft Deggendorf ermittelt
„Uns hat ein Bürger darauf hingewiesen, dass die Flugblätter verteilt worden sind“, informiert Gerhard Bräu von der Polizeinspektion Viechtach auf Hog’n-Nachfrage. Das Flugblatt von „Der III. Weg“ ist dem Polizeibeamten zufolge wenige Tage nach der Verteilungsaktion von der Viechtacher Inspektion an das Kommissariat Staatsschutz in Straubing weitergeleitet worden. „Derzeit liegt die Angelegenheit bei der Staatsanwaltschaft Deggendorf zur Prüfung, ob strafrechtliche Relevanz gegeben ist und ob das Flugblatt den Anforderungen des Pressegesetzes genügt“, wie der Polizeihauptkommissar zu berichten weiß. „Das Ergebnis der Prüfung ist noch offen.“ Das gleiche Flugblatt sei auch schon Mitte Juni dieses Jahres in Drachselsried aufgetaucht…
David Salimi, Stephan Hörhammer
Wer andere meinungen als Hetze bezeichnet, so wie es hier gemacht wird, der hat nicht verstanden was Demokratie ist. Ein wirklich einseitiger und schlechter Bericht. Man kann richtig schön erkennen wie verblendet der oder die Verfasser sind. Wieso will man nicht verstehen, daß es eben auch Menschen gibt die diese Überfremdung nicht wollen?
Wer als Jugendlicher in meiner Nachbarschaft wie Walter Strohmeier jun. einen Hotelier geprügelt und mit Springerstiefeln getreten, einen alten Rentner grundlos fast zu Tode geprügelt und in meinem Elternhaus mit seinen Freunden versucht hat, mich zu verprügeln und die Haustür einzuschlagen, weil ich als Juso an Anti-Nazidemos teilgenommen habe, der sollte hier sehr vorsichtig sein, wenn er eine härtere Gangart des Staates gegenüber (ausländischen) Straftätern fordert. Gäbe es diese nämlich, hätte er nach seinem Gefängnisaufenthalt nach einschlägigen Straftaten die Anstalt nicht bereits verlassen, sondern säße dort bis zum Ende seines Lebens.