Trautmannsdorf/Nürnberg. „Ich habe sehr viel darüber nachgedacht, wer ich bin, wo ich hingehöre – und was ich möchte.“ Karin Rabhansl, Singer-Songwriterin aus Trautmannsdorf (Gde. Saldenburg), hat sich für ihren eigenen, nicht immer ganz so geradlinigen Weg im Musikgeschäft entschieden. Sie will sich selbst treu und für ihre Fans authentisch bleiben – und sich nicht von marketinggesteuerten PR-Beratern verbiegen lassen. „Ich fühl mich frei, kann machen, was ich will, bin mein eigener Chef – und das ist ganz gut so“, wie die 28-Jährige im Interview mit dem Onlinemagazin da Hog’n erzählt. Mit ihrem neuen Album „Anna“ präsentiert sich die Waidlerin erneut von ihrer ganz persönlichen Seite – und berichtet über ihr aktuelles „Singa“-Video, erzählt von ihrer Großtante und davon, dass sie alles andere als ein „liebes, nettes Pop-Prinzesschen“ ist.

„Ich bin die Karin, a bisserl derb, a bisserl krass, einfach ein Gitarrenmädchen.“ Fotos: Nadine Lorenz
„Sie war immer eine extrem wichtige Bezugsperson für mich“
Karin: Vor kurzem hast Du Dein neues Video zum ja bereits schon etwas älteren Song „Singa“ veröffentlicht, der Titel Deines zweiten Albums. Ein Lied, das unter die Haut geht, zu Tränen rührt. Wie kam’s dazu?
Eigentlich ist das Lied ja schon ein alter Hut (lacht)…. immer dann, wenn ich es auf meinen Konzerten spiele, wird’s auf einmal mucksmäuschenstill – und hinterher kommen die Leute auf mich zu und fragen, auf welchem Album der Song zu finden ist, weil sie alle so gerührt sind… Ich hab für den Dreh mein bewährtes Team aus Nürnberg reaktiviert, mit denen ich schon mehrere Videos gemacht habe. Mein Vater hatte sich Ende der 80er Jahre, als ich noch ein kleiner Wuzl war, eine Filmausrüstung gekauft und hat zu besonderen Anlässen immer wieder mal kleinere Familienfilme gedreht. Diese Videokassetten hab ich hervorgekramt und mir gedacht, dass einige Aufnahmen perfekt dazu passen würden. Und so haben wir einige Szenen ins Singa-Video mit reingeschnitten.
„Eine meiner besten und stärksten Nummern“ (Karin Rabhansl)
Wo sind dann die neueren Aufnahmen entstanden?
Wir waren in der ‚Quelle‚ in Nürnberg, eines der größten leer stehenden Gebäude in ganz Deutschland. Dort haben wir ein ehemaliges Fotostudio gefunden, das ganz in Weiß gehalten ist. Das hat von der Location cool dazu gepasst.
Im Video ist beim selbstgedrehten Material Deines Vaters immer wieder eine ältere Frau zu sehen, die ein kleines Mädchen in die Arme nimmt. Wer ist sie?
Das ist meine Großtante. Sie hat bei uns im Haus in Trautmannsdorf gewohnt und war so eine Art zweite Mutter für mich. 2006 ist sie gestorben, das war furchtbar. Sie hatte zum Schluss Alzheimer und wir konnten nur noch zusehen, wie eine einstmals sehr aktive Frau und begnadete Köchin sich mehr und mehr von dieser Welt verabschiedete… Das war sehr traurig… Ich bin mit ihr aufgewachsen und wir haben sehr viel miteinander unternommen. Außerdem hab ich ihr oft vorgesungen, was ihr immer sehr gut gefallen hat – im Gegensatz zu den anderen, die davon eher genervt waren (lacht). Sie war immer eine extrem wichtige Bezugsperson für mich.
(–> Interview mit Karin Rabhansl zum Musikvideo „Singa“)
Auf der neuen Platte mit drauf: Dettl, Kälberer, Wölpl…
Wie geht es Dir, wenn Du den Song auf der Bühne spielst?
Als ich das Lied geschrieben hatte, hab ich Rotz und Wasser geheult… Und ja, mir geht’s auch heute noch sehr nahe. Ich stell mir dann vor, wie es mit ihr so war damals. Anfangs war’s deshalb auch sehr hart für mich, das Lied zu präsentieren, ich musste mich häufig zusammenreißen, dass ich nicht in Tränen ausbreche. Heute kommt es auf meine Stimmung an. Und wenn ich einen Tag erwische, an dem ich emotional eh a bisserl angeschlagen und melancholisch drauf bin, lass ich den Song auch schon mal ganz weg. Manchmal geht’s einfach nicht…

„Ein besonderes Highlight auf der Platte ist mein Klassiker ‚Mogst schmusn mia wad’s wurscht‘, neu aufgenommen im Duett mit Stefan Dettl von LaBrassBanda.“
Verständlich, ja. Kommen wir zu Deinem neuen Album mit dem Titel „Anna“, Dein zweiter Vorname. Scheint ja dann wieder ein sehr persönliches Album geworden zu sein, oder?
Es ist das mittlerweile dritte Album, das Elemente beinhaltet, die auch auf dem Singa-Album hätten drauf sein können. Es ist etwas rockiger geworden, gepaart mit einigen akustischen Stücken; auch ein punkiges Lied ist mit drauf, mit verzerrten Gitarren, bei dem ich lauthals rumschreie. Außerdem gibt’s drei, vier reduziertere Nummern, nur mit meiner Stimme, dazu Gitarre und ein bisschen Percussion. Und ein besonderes Highlight auf der Platte ist mein Klassiker ‚Mogst schmusn mia wad’s wurscht‚, neu aufgenommen im Duett mit Stefan Dettl von LaBrassBanda.
Cool. Wie kam’s dazu?
Er ist ein großer Fan von dem Song – und hat, als wir vor einiger Zeit gemeinsam auf Tour waren, zu mir gesagt, dass wir das unbedingt mal miteinander einsingen müssen. Damals habe ich nicht wirklich an eine Umsetzung gedacht, weil Stefan ja ein sehr viel beschäftigter Musiker ist… Doch dann hat er mich angerufen und zu sich nach Truchtlaching ins Studio eingeladen. Und so ist der Song schlussendlich auf der neuen Platte gelandet. Das Ergebnis ist echt geil geworden (lacht).
„Es geht um die Musik – nicht darum, welche Sprache man wählt“
Was gibt’s noch auf dem neuen Album zu hören?
Zum Beispiel eine Elektronummer namens ‚Berlin‘, bei der mein ehemaliger Dozent an der Berufsfachschule für Musik in Dinkelsbühl, Peter Wölpl, mitgemischt und produziert hat. Er hat daraus eine total abgefahrene und düstere Version gemacht (lacht)…
Gibt’s weitere Überraschungen?

„Alles in allem ist die neue Platte ein ziemlicher Gemischtwarenladen, auf den ich echt sehr stolz bin.“
Ja, die gibt’s: Als weiteren Musiker habe ich mir Martin Kälberer mit ins Boot geholt. Für die Nummer ‚Letzte Chance‘, bei der er mich am Klavier begleitet. Dafür war ich bei ihm im Studio in Bad Endorf – und es war echt der Wahnsinn ihm zuzuschauen, wie er sein ganz eigenes Ding daraus kreiert und sich voll reingefühlt hat. Wow! Ich hab sehr viel von ihm lernen dürfen, was wiederum mir sehr viel Inspiration und Auftrieb für meine Gesangsaufnahmen gegeben hat… Alles in allem ist die neue Platte ein ziemlicher Gemischtwarenladen, auf den ich echt sehr stolz bin.
Hochdeutsch oder Boarisch? Für was hast Du Dich diesmal entschieden?
Wieder für beides. Neun boarische Nummern, vier auf Hochdeutsch. Das ist ein gutes Stilmittel, wenn man beide Sprachen einsetzen kann. Die ersten Songs, die ich überhaupt jemals geschrieben habe, waren auf Hochdeutsch. Das Boarische kam erst später… Aber das Wichtigste ist ja eh meine Stimme – und dass man erkennt, dass das die Karin Rabhansl ist, die gerade singt. Es geht um die Musik – nicht darum, welche Sprache man wählt. Ich will mich hier nicht festlegen. Vielleicht kommt ja demnächst auch noch was Englisches hinzu, wer weiß…
„Ich bin halt kein liebes, nettes Pop-Prinzesschen“
Du hast Dein neues Album ja komplett alleine finanziert, warum?
Ich wollte mal versuchen, alles komplett in die eigene Hand zu nehmen – und schauen, wie weit ich damit komme. Ich habe mir ein kleineres Label gesucht – und geh jetzt alles einfach ein wenig langsamer an.
In den letzten zwei Jahren habe ich gelernt, mich wieder mehr auf mein Bauchgefühl zu verlassen. Ich sehe mich als mein eigenes, kleines Unternehmen – was bedeutet, dass ich selber in die Vorleistung gehen und Geld in die Hand nehmen muss. Aber wenn man nichts riskiert, wird man nie weiterkommen. Das ist so. Und wenn man bei den Leuten ankommen will, geht’s um Authentizität. Das muss 100 Prozent ich selbst sein. Übers Knie brechen bringt da nichts… Ich habe sehr viel darüber nachgedacht, wer ich bin, wo ich hingehöre und was ich möchte – und bin da glaube ich gerade auf einem sehr guten Weg.
Wie soll’s in Zukunft für Dich weitergehen?
Ich möchte langsam und gesund wachsen – und nicht so sehr in die Mühlen irgendwelcher Marketing-Maschinerien hineingeraten. Ich bin halt kein liebes, nettes Pop-Prinzesschen. Ich bin die Karin, a bisserl derb, a bisserl krass, einfach ein Gitarrenmädchen. Ich muss mich nicht verstellen. Und das ist gut so.
Interview: Stephan Hörhammer