Waldkirchen. Für den, der nach der Schule „wos wean mog“, hat der Woid durchaus was parat – als Lernhungriger muss man nicht zwingend in die Ferne schweifen. So laden die Technologie Campus-Standorte Freyung, Grafenau, Teisnach und Cham sowie das Anwenderzentrum in Spiegelau zum Studieren ein. Und wer eine Ausbildung anstrebt, ist neben den heimischen Betrieben im Staatlichen Beruflichen Schulzentrum Waldkirchen (BSZ) bestens aufgehoben. Derzeit unterrichten dort 79 Lehrer rund 1431 Schüler. Welche Möglichkeiten das BSZ bietet, was der demografische Wandel an der Schule bewirkt und wie die „Schüler von heute“ so drauf sind – das verrät uns Schulleiter Uwe Burghardt (59) im Interview…
Herr Burghardt, für wen eignet sich Ihre Schule?
Die Schule eignet sich für alle ohne Altersbeschränkung nach oben, die eine Ausbildung in den Berufen machen möchten, die wir anbieten bzw. die das Abitur an der Beruflichen Oberschule oder der Berufsfachschule für Hotel- und Tourismusmanagement machen möchten.
„Praktisch ist mindestens ein Quali erforderlich“
Welche Zweige bietet das BSZ Waldkirchen an?
Das Staatliche Berufliche Schulzentrum Waldkirchen besteht aus fünf Schulen (siehe Grafik): Der Berufsschule, den beiden Berufsfachschulen für Kinderpflege und für Hotel- und Tourismusmanagement sowie der Fachoberschule und der Berufsoberschule. Die Berufsschule teilt sich auf in fünf Bereiche: Dachdecker, Holzberufe (Zimmerer/Schreiner), Metallberufe (Kfz/Spengler), Kaufmännische Berufe (Büro/Einzelhandel) und Gastronomieberufe der 10. Jahrgangsstufe.
Welche Voraussetzungen braucht man, um ans BSZ gehen zu können?
Die Voraussetzungen hängen davon ab, ob man eine Berufsschule, Berufsfachschule oder Berufliche Oberschule besuchen möchte. Für die meisten Berufe in der Berufsschule benötigt man theoretisch nicht einmal einen erfolgreichen Abschluss der Mittelschule, praktisch sind aber die Anforderungen in der Ausbildung so hoch, zum Beispiel für Zimmerer oder Bürokaufleute, dass man hier mindestens einen „Quali“ haben sollte. Für die Berufsfachschule, kurz BFS, für Kinderpflege ist der erfolgreiche Abschluss der Mittelschule zwingend vorgeschrieben. Für die weiterführenden Schulen BFS für Hotel- und Tourismusmanagement oder Berufliche Oberschule, FOS/BOS, benötigt man einen Mittleren Schulabschluss mit einem Notendurchschnitt in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik von mindestens 3,5.
„Dachdecker sind die stärkste Berufsgruppe“
Warum sollen Ihrer Meinung nach Schüler nach ihrem Abschluss an der Mittelschule/Realschule noch das BSZ besuchen, bevor Sie ins Arbeitsleben einsteigen?
Jeder Jugendliche, der eine berufliche Ausbildung durchläuft, ist in dieser Zeit noch berufsschulpflichtig, auch wenn er bereits den Mittleren Schulabschluss besitzt. Wenn jemand jedoch das Abitur anstrebt, kann er auf die BFS-HOT oder die FOS gehen. Einige unserer Abiturienten beginnen danach eine Lehre – beispielsweise als Bürokaufmann, Bankkaufmann oder Schreiner, um sich danach zu überlegen, ob sie in dem Beruf bleiben oder lieber studieren wollen.
Bekannt ist Ihre Schule vor allem für den Bereich Holz. Was wird dort genau angeboten?
Bekannt ist unsere Schule in erster Linie durch die Dachdecker, weshalb in der Waldkirchner Bevölkerung unsere Berufsschule immer noch gerne als Dachdeckerschule bezeichnet wird. Aus der Grafik kann man entnehmen, dass die Dachdecker mit 400 Schülern die stärkste Berufsgruppe sind. Dennoch spielt der Bau-Holz-Bereich bei uns eine wichtige Rolle, da zum einen die Zimmerer sehr gut zu den Dachdeckern passen, die Schreiner im Bayerischen Wald noch eine große Bedeutung haben, weil es hier noch viele traditionelle Handwerksbetriebe gibt. Außerdem gibt es noch die Holzmechaniker, die vor allem von der Firma Knaus in Jandelsbrunn für den Innenausbau der Wohnwagen und Wohnmobile ausgebildet werden.
Auch Tourismus ist Thema an Ihrer Schule. Inwiefern?
Man kann in der Berufsfachschule für Hotel- und Tourismusmanagement lernen, wie man ein Hotel, Tourismusbüro oder Reisebüro führt. Man lernt zwar auch die Grundfertigkeiten der Gastronomie und Hotellerie, dennoch handelt es sich aber hauptsächlich um eine betriebswirtschaftliche Ausbildung. Wer gerne moderne Sprachen lernen möchte, ist hier an der richtigen Stelle, da man neben den Pflichtfächern Englisch und Spanisch bzw. Französisch auch noch zwischen Tschechisch und Italienisch wählen kann. Selbstverständlich kann man nach dem Abitur auch studieren. Hier bietet sich Tourismusmanagement in Deggendorf oder Passau an – oder allgemein Betriebswirtschaftslehre oder Volkswirtschaftslehre.
„Spengler-Betriebe sollen sich besser organisieren“
Thema „demographischer Wandel“: Wie sehr wirkt er sich auf Ihre Schule aus?
Am stärksten wirkt er sich im Bereich der Handwerksberufe aus – mit einem Schülerrückgang von zirka drei Prozent pro Schuljahr. Das ist jedoch von Beruf zu Beruf unterschiedlich. Während bei Dachdeckern, Zimmerern und Schreinern die Schülerzahlen noch stabil sind – weil hier viel Werbung für die Berufe gemacht wird – gehen die Schülerzahlen z.B. bei den Spenglern deutlich zurück. Hier sollten sich die Spengler-Betriebe besser organisieren und stärker auf ihren Beruf aufmerksam machen. Unsere Schulen mit größerem Einzugsbereich sind stabil, da wir hier, z.B. bei der FOS, auch Schüler aus dem nördlichen Landkreis Passau bekommen oder in der BFS für Kinderpflege aus den Landkreisen Deggendorf und Regen. Die Schule mit dem größten Einzugsbereich ist die BFS für Hotel- und Tourismusmanagement. Hier kommen die Schüler sogar aus Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.
Wie hat sich das Verhalten der Schüler in den vergangenen Jahren verändert?
Beim Verhalten der Schüler kann man keine negative Veränderung feststellen. Dies gilt auch für den Drogenbereich, einschließlich Alkoholkonsum. Auch Mobbing und Suizidgefährdung sind kaum ein Thema. Deshalb sind wir mit unseren Schülern nach wie vor sehr zufrieden.
Ist die Qualität gestiegen oder gesunken?
Die Niveaustufen haben sich verschoben. Diejenigen Schüler, die früher einen „Quali“ erhalten haben, erreichen heute den Mittleren Schulabschluss. Durch die Spezialisierung an den Mittel- und Realschulen haben die Schüler häufig Anschlussprobleme, wenn sie sich für eine andere Ausbildungsrichtung entscheiden. Probleme gibt es oft in Physik, Mathematik und betriebswirtschaftlichem Rechnungswesen.
Interview: Helmut Weigerstorfer/Fotos: BSZ Waldkirchen