Waldkirchen/Wotzmannsreut. Das Leben eines Handwerkers: anstrengend, unterbezahlt und ohne große Zukunft. Vehement wehrt sich Michael Holzbauer, Junior-Chef der Holzbauer GmbH aus Wotzmannsreut, gegen derartige Vorurteile und aus seiner Sicht längst veraltete Klischees. Er ist sich sicher: Eine Ausbildung im Handwerksbereich lohnt sich mehr denn je – insbesondere im Bayerischen Wald. Denn auch in ferner Zukunft, so Holzbauer, werde sich der Alltag nicht ausschließlich technologisch regeln lassen – sei er auch noch so „modern“. Während andere Berufsgruppen künftig zu kämpfen haben, bleiben Holzbauers Überzeugung nach vor allem handwerkliche Dienste unverzichtbar.
Herr Holzbauer: Wodurch zeichnet sich Ihr Betrieb aus?
Die Holzbauer GmbH gibt es bereits seit 1982 und beschäftigt derzeit 50 Mitarbeiter. Unser Schwerpunkt liegt dabei auf Heizungs- und Lüftungsanlagen sowie im Sanitär-Bereich – egal, ob fürs Einfamilienhaus oder die Industrieanlage. Außerdem übernehmen wir Altbausanierungen. Seit 1994 sind wir im Gewerbegebiet Wotzmannsreut beheimatet. Highlight unseres Standortes ist mit Sicherheit unsere umfassende Badausstellung – dort zeigen wir unseren Kunden, was in diesem Bereich so alles möglich ist.
Ein großes Thema in der Region sind Ausbildungsplätze. Welche Ausbildungsberufe bieten Sie an?
In unserem Betrieb bilden wir derzeit Anlagenmechaniker mit verschiedenen innerbetrieblichen Schwerpunkten aus. Das geht los beim klassischen Heizungstechniker sowie dem Sanitär- und Klimatechniker – und geht bis hin zu Spenglern und Elektroinstallateuren. Auch Berufsausbildungen rund um das Thema regenerative Energien bieten wir derzeit an.
„Jeder Beruf ist mal mehr und mal weniger anstrengend“
Wie viele Azubis absolvieren derzeit bei der Holzbauer GmbH ihre Ausbildung?
Das sind aktuell neun Personen. Überwiegend handelt es sich dabei um männliche Azubis aus der Region.
Wie viele Bewerbungen erhalten Sie im Schnitt jährlich? Geht die Anzahl der Bewerbungen zurück?
Momentan bekommen wir pro Jahr Bewerbungen im unteren zweistelligen Bereich. Leider ist diese Zahl deutlich rückläufig. Noch vor nicht allzu langer Zeit konnten wir den Anfragen kaum gerecht werden.
Woran liegt das? Sind Berufe ihrer Sparte nicht mehr so gefragt?
Ja, ein Teil der Schulabgänger sieht seine Chancen eher im Handel und in der Industrie – oder auch im Studium. Die Hauptursache liegt aber wahrscheinlich einfach in der Menge der vorhandenen Lehrstellen einerseits und der sinkenden Zahl an Schulabsolventen andererseits begründet.
Was antworten Sie denjenigen Schulabgängern, die etwa behaupten: „Ein handwerklicher Beruf ist mir zu anstrengend.“ Oder: „Damit kann ich kein Geld verdienen“?
Jeder Beruf ist mal mehr und mal weniger anstrengend – sei es körperlich oder geistig. Wenn man täglich acht Stunden vorm PC sitzt, kann das auch anstrengend sein. Die Verdienstaussichten im Handwerk erachte ich als sehr gut. Eben genau deshalb, weil die Nachfrage künftig immer größer sein wird als das Angebot. Und weil man einen Handwerker eben auch dann noch brauchen wird, wenn unsere Welt größtenteils nur noch mittels Apps funktioniert und gesteuert wird. Ein gut ausgebildeter Handwerker hat eine beachtliche Auffassungsgabe und ist flexibel. Diese Eigenschaften sind auf dem Arbeitsmarkt definitiv sehr gefragt, da man mit ihnen in nahezu jedem Berufszweig einsatzbar ist.
Anforderungen an Lehrlinge und Auszubildende gestiegen
Wenn Sie – trotz Ihres noch jungen Alters – in die Vergangenheit blicken: Was hat sich in Ihrer Branche in Sachen Ausbildung alles getan? Was hat sich verändert?
Sehr viel. Aber es ist auch vieles beim Alten geblieben – und das ist das Schöne daran. Es wird noch eine gewisse Tradition gelebt und weiter vermittelt. Im Vergleich zu früher wird heute mehr auf den Lehrling eingegangen – es wird versucht, ihn stärker zu fördern. Der Umgangston seitens der Monteure ist ein anderer – man arbeitet heute mehr auf Augenhöhe zusammen, als das früher der Fall war.
Sind die Anforderungen an die Azubis gestiegen?
Auf alle Fälle. Durch die Komplexität der Anlagen und die schnellen Entwicklungssprünge ist es beachtlich, welches Wissen sich die Lehrlinge aneignen müssen. Gerade im Bereich Sanitär, Heizung und Klima kommt sehr viel Fachübergreifendes auf die Azubis zu.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten: Was sollte an der aktuellen Ausbildungssituation verbessert werden?
Wahrscheinlich würde ich die Einteilung der Stundenpläne grundlegend verändern. Es wäre sinnvoller, wenn die Lehrlinge länger am Stück im Betrieb bzw. in der Schule sind. Doch meistens ist die Situation leider so: Bevor sich die Auszubildenden richtig in ein Projekt miteinarbeiten und hineindenken können, funkt schon wieder ein Unterrichtsblock in der Schule dazwischen. Das halte ich für wenig förderlich.
Hat es der Bayerische Wald in Bezug auf Ihr Handwerk schwerer als andere Regionen in Deutschland?
Nein, das glaube ich nicht. Nehmen wir München als Beispiel: Die Landeshauptstadt könnte nicht so expandieren, wenn dort nicht unzählige Handwerksfirmen aus dem Bayerischen Wald aktiv wären. Die Firmen aus unserer Region sind gerade aufgrund ihrer Arbeitskräfte besonders gefragt. Sie sind als ‚Werkler und Reißer‘ bekannt – und das nimmt die nachfolgende Generation wieder mit auf.
„Ein Schüler muss Interesse und Entschlossenheit mitbringen“
Werden die Schüler in unseren Breitengraden heutzutage gut genug auf die Berufswelt vorbereitet?
Man kann immer noch mehr machen, keine Frage. Verglichen mit anderen Regionen wird bei uns die Berufswahl schon recht ernst genommen. Man interessiert sich dafür, setzt sich dafür ein – sowohl von Seiten der Schüler als auch seitens der Eltern.
Wie ist es um die soziale Kompetenz der heutigen Azubis bzw. Bewerber bestellt?
Meiner Meinung nach: durchmischt. Sicherlich liegt es auch am Alter der Bewerber, dass hier manchmal noch große Unsicherheiten vorhanden sind. Allgemein lässt sich so gut wie immer eine gute Erziehung erkennen, die aus dem Elternhaus mitgegeben wurde. Solange ein Schüler Interesse am Beruf und genügend Entschlossenheit mitbringt, regelt sich der Rest meistens ganz von alleine.
An welchen Stellschrauben muss noch gedreht werden, damit im Bayerwald die Ausbildungschancen wieder steigen?
Da seid’s auch ihr gefragt. Die Medien spielen mit Sicherheit eine wichtige Rolle. Das Handwerk hat in der Region eine gute Zukunft, davon bin ich überzeugt. Das darf so in den Medien auch gern öfters mal thematisiert werden. Weiter ist von Bedeutung, ob überhaupt genug Nachwuchs in die Region kommt – und dann auch bleibt. Letzten Endes wird es ebenso davon abhängen, wie schnell man Asylbewerber und Flüchtlinge in die Arbeitswelt überführt und dort auch integriert.
Herr Holzbauer, vielen Dank für das Gespräch und weiterhin alles Gute.
Interview: da Hog’n
Sehr Toller Artikel!