Jandelsbrunn. Mit 748 Mitarbeitern gehört die Knaus Tabbert GmbH in Jandelsbrunn zu den größten Arbeitgebern des Landkreises Freyung-Grafenau. 41 davon sind Auszubildende. Dieses Verhältnis macht deutlich, dass der Wohnwagen-Hersteller, der 1934 von Alfred Tabbert in Schweinfurt gegründet wurde, großen Wert auf den eigenen Nachwuchs legt. Im Interview mit dem „Hog’n“ spricht Johannes Haidn, Mitglied der Personalentwicklung, über die Ausbildung im Betrieb, die Entwicklung der handwerklichen Berufe und über die Rolle der Schulen, verbunden mit dem Berufsgrundschuljahr (BGJ). I mog wos wean!
Herr Haidn: Beschreiben Sie unseren Lesern bitte kurz Ihren Betrieb.
Die Knaus Tabbert GmbH ist ein führender Hersteller von Freizeitfahrzeugen in Europa mit Hauptsitz in Jandelsbrunn. Zu den weiteren Standorten gehören Mottgers in Hessen sowie Nagyoroszi in Ungarn. Das Unternehmen mit seinen Kernmarken Knaus, Tabbert, T@B und Weinsberg erzielte im Geschäftsjahr 2014 einen Umsatz von 297 Millionen Euro – und produzierte mit rund 1.200 Beschäftigten zirka 13.000 Wohnwagen, Reisemobile und Kastenwagen.
Welche Ausbildungsberufe bietet Knaus Tabbert an?
Wir bilden aus zum Holzmechaniker, Mechatroniker, Elektroniker, Technischer Produktdesigner, Fachinformatiker, Industriekaufmann, Fremdsprachen-Industriekaufmann und zur Fachkraft für Lagerlogistik. Außerdem besteht die Möglichkeit, ein duales Studium in Wirtschaftsinformatik bzw. BWL zu absolvieren.
Rückgang der Bewerbungen im handwerklichen Bereich
Wie viele Azubis haben Sie derzeit?
Am Standort in Jandelsbrunn beschäftigen wir derzeit 41 Auszubildende. 17 im kaufmännischen Bereich – davon zwei duale Studenten – und 24 im gewerbelichen Bereich. 20 Azubis sind weiblich, 21 männlich.
Kommen die Bewerbungen ausschließlich aus der Region?
‚Region‘ ist ein dehnbarer Begriff. 95 Prozent der Bewerbungen stammen aus einem Umkreis von 30 Kilometern.
Wie viele Bewerbungen erhalten Sie im Schnitt jährlich? Geht die Anzahl der Bewerbungen zurück?
Pro Jahr erhalten wir zwischen 100 und 200 Bewerbungen. Ein Rückgang im handwerklichen Bereich ist zu spüren, das ist richtig.
Woran liegt das?
Der Beruf Holzmechaniker ist nicht mehr so gefragt. Großer Nachteil dabei: Der Eintritt ist nur über das Berufsgrundschuljahr möglich. Eventuell hemmt das BGJ manche Bewerber, weil während dieser Zeit noch kein Geld verdient wird.
30 Tage Jahresurlaub – Wochenarbeitszeit liegt bei 35 Stunden
Was antworten Sie denjenigen Schulabgängern, die behaupten „Ein handwerklicher Beruf ist mir zu anstrengend“ – oder: „Damit kann ich kein Geld verdienen“?
Wir sind ein moderner Industriebetrieb mit vielen Hilfsmitteln, um die körperliche Belastung auch im gewerblichen Bereich zu verringern. Unser Motto lautet ‚Wir bewegen‘. Und das bezieht sich nicht nur auf unsere Fahrzeuge, sondern auch auf unsere Mitarbeiter. Unsere neu eingeführte und gut angenommene Knaus-Tabbert-Akademie ermöglicht allen Mitarbeitern, sich kontinuierlich zu ‚bewegen‘ und weiterzuentwickeln – vom Auszubildenden bis zur Führungskraft. Darüber hinaus bieten wir Leistungen nach dem IGM-Tarifvertrag der Bayerischen Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung. Jeder Mitarbeiter verfügt über einen Jahresurlaub von 30 Tagen, die Wochenarbeitszeit liegt bei 35 Stunden. Wir denken, damit viele gute Argumente für einen Berufseinstieg bei der Knaus Tabbert GmbH zu liefern.
Wenn Sie 20 Jahre in die Vergangenheit blicken: Was hat sich in Ihrer Branche in Sachen Ausbildung alles getan, was hat sich verändert?
Hauptziel ist es, unseren Azubis eine fundierte und hochwertige Ausbildung zu ermöglichen. Ein Mix aus sehr erfahrenen und jungen Ausbildern ermöglicht uns, dieses Hauptziel perfekt abzudecken. Früher sind Schulen und eine hohe Bewerberzahl auf uns zugekommen. Heute müssen wir aktives Azubi-Marketing betreiben. Zuckerl für unsere Auszubildenden ist unter anderem unsere Azubiwoche mit einem tollen Kennenlernausflug.
Sind die Anforderungen an die Lehrlinge gestiegen?
Besonders der technische Fortschritt in allen Abteilungen wird immer rasanter – zusätzlich wird unseren Azubis mehr Flexibilität abverlangt.
„Oftmals werden alltägliche Situationen vernachlässigt“
Was sollte aktuell an der Ausbildungssituation, etwa im Bereich Holzmechanik, verbessert werden?
Persönlich denke ich, dass dies momentan noch ein gesellschaftliches Problem darstellt. Leider wird oftmals eine kaufmännische Ausbildung höher angesehen als eine technische.
Was denken Sie: Werden die Schüler in unseren Breitengraden heutzutage gut genug auf die Berufswelt vorbereitet?
In den vergangenen Jahren wird verstärkt Wert auf Praktika oder Betriebserkundungen seitens der Schulen gelegt. Wir spüren ebenso, dass die Qualität der Bewerbungen durch die schulische Vorbereitung steigt. In manchen Fächern wird sehr intensiv die Fachkompetenz der Schüler gefördert. Oftmals werden jedoch alltägliche Situationen und übergreifende Zusammenhänge ein wenig vernachlässigt.
Wie ist es um die soziale Kompetenz der heutigen Azubis bzw. Bewerber bestellt?
Hierbei kann keine pauschale Antwort gegeben werden. Knaus Tabbert legt allerdings viel Wert auf die Entwicklung von sogenannten Soft Skills – gerade während der Ausbildung. Hier gibt es Inhouse-Schulungen speziell für Azubis und auch während der Azubi-Startwoche findet eine Art Knigge-Kurs statt.
Was sollte ein Schüler mitbringen, der eine Ausbildung bei Ihnen beginnen möchte?
Interesse, Teamfähigkeit, Dynamik und Flexibilität.
An welchen Stellschrauben muss gedreht werden, damit im Bayerwald die Ausbildungschancen wieder steigen?
Wirtschaft, Politik und die Menschen in der Region müssen an einem Strang ziehen. Grundsätzlich sollte Holzmechanikern ein Direkteinstieg ermöglicht und über eine Umstrukturierung des BGJ nachgedacht werden.
Vielen Dank für das Interview – und alles Gute für die Zukunft.
Interview: Helmut Weigerstorfer