Warum nur haben die Editors diese Platte auf den Markt gebracht? Bei ihrer neuen Scheibe „The Weight Of Your Love“ steht ein überdimensionales Fragezeichen über der gesamten Produktion. Sie hätten es lieber gleich ganz lassen sollen …

Zermürbt und leidenschaftslos:Trotz Neubesetzung wirkt das neue Album der Editors weder ambitioniert noch innovativ. Foto: Matt Spalding
Gitarrist Chris Urbanowicz musste die Band verlassen
Die Briten stürmten mit ihren Vorgängerwerken „An End Has A Start“ (2007) und „In This Light and on this Evening“ (2009) auf Platz 1 der UK-Charts und feierten europaweit Erfolge. Doch beim vierten Album lief einiges schief: „Eine lange Zeit wussten wir selbst nicht, wo genau das Problem lag“, sagt Schlagzeuger Edward Lay. „Wir haben nicht besonders gut miteinander kommuniziert. Aber nach und nach wurde uns klar, dass Chris einfach nicht mehr mit ganzem Herzen dabei war. Wir mussten eine drastische Entscheidung treffen, die uns wirklich schwer fiel.“
Also verließ Gitarrist Chris Urbanowicz die Band im April 2012, die nachfolgenden Konzerte fanden dennoch wie geplant statt. Daraufhin spielten sie – nach eigenen Angaben – am 1. Juli 2012 ein Konzert, das bisherige Events in den Schatten stellen sollte: Wegen der 60.000 jubelnden Belgier beim Rock Werchter Festival beschlossen sie, dass es auch in Zukunft weitergehen muss.
Mit Gitarrist Justin Lockey und Keyboarder und Gitarrist Elliott William holten die Editors also neue Männer ins Boot. In der Country-Capital Nashville wurden die Aufnahmen von Produzent Jacquire King produziert. Nur: warum? Denn Western und Folk klingen ganz anders als der übliche Editors-Sound. Eigentlich zieht die Band sonst gerne Parallelen zu R.E.M. oder den Kings Of Leon. Sogar den Vergleich mit U2 oder Bruce Springsteen scheuen sie nicht …
Leidenschaftsloses Alternative-Geklampfe trotz talentiertem Sänger
Und tatsächlich lassen sich musikalische Anleihen bei der großen irischen Rockband erkennen: Im Song „A Ton Of Love“ singen sie etwa von „Desire“, das wir in einer anderen Form von Bono ja schon seit 1988 kennen. Es ist eins der wenigen Highlights auf der Scheibe – und man kann sich gut vorstellen, dass dieses Lied auch in einem kleineren Stadion funktionieren könnte. Nach der Nummer 3 auf der Platte muss man allerdings sehr lange warten bis das nächste brauchbare Material zu hören ist: „Two Hearted Spider“ ist nämlich schon Track 9 auf der Scheibe – und erinnert wiederum an eine ganz große Band. „Every breath you take, every smile you fake“ ist nicht nur ein Zitat, es ist eine Verneigung vor „The Police„.
EDITORS – A Ton Of Love (Official Video) von PIASGermany auf Vimeo.
Tom Smith´s einzigartige Bariton-Stimme ist das Markenzeichen der Editors: Sein prägender Gesang war bei den ersten Alben für eine Indie-Rockband ziemlich überraschend und strange. Aber genau dessen opernhafte Darbietung verhalf der Band zu ihrem grandiosen Anfangserfolg. Jetzt wirkt Tom Smith ziemlich verloren und gefangen in seinem selbst gebauten Schloss. Neue Ideen präsentieren sich höchstens noch als verzerrter Bass bei „Sugar“ oder mit Streichern und Falsett-Gesang bei „What Is This Thing Called Love“.
„Wir haben ein paar echt düstere Monate durchlebt, die zum Teil sehr beängstigend waren“, gibt Smith zu. Und das hört man: Nach einem langen, quälenden Kampf ist eine Platte entstanden, die weder eingängige Melodien noch weiterentwickelnde Momente enthält. Es ist ein leidenschaftsloses Alternative-Geklampfe mit einem hochtalentierten Sänger. Glückwunsch an Ex-Gitarrist Urbanowicz, der wegen seinem Rauswurf den kompletten Absturz der Band nicht mehr miterleben muss …
Jason Ditshej