München/Chiemgau. Ein Song, der davon erzählt, die ganze Zeit „nackert“ zu sein. Und eine Band, die mit dem Traktor nach Malmö will. So etwas hat es beim Vorentscheid zum Eurovision Song Contest (ESC) noch nie gegeben! LaBrassBanda aus Oberbayern haben sogar noch jede Menge mehr zu bieten, nämlich schmissige Reggae-Ska-Rhythmen, mitreißende Blasinstrumente, frische bayerische Texte und eine Erfolgshistorie, die sogar bis nach Sibirien reicht.
Am Donnerstag, 14. Februar, treten sie beim Vorentscheid an (ab 20 Uhr in der ARD) – eine Woche später erscheint ihr ESC-Hit „Nackert“ als Single. „Wenn wir den Vorentscheid gewinnen, fahren wir von Oberbayern aus mit dem Traktor bis Malmö“, verspricht die Band allen Ernstes. Und auch dem noch nicht genug: „Und wir rufen alle, die Lust haben, dazu auf, sich uns anzuschließen. Dann fahren wir im Traktoren-Konvoi da hoch.“ Ein kurzweiliges Interview mit BrassBanda-Posaunist Manuel Winbeck und seinem kongenialen Partner am Schlagzeug: Manuel da Coll.
Wir fühlen uns nur wohl auf der Bühne, wenn wir live spielen können
Wie kam es überhaupt dazu, dass Ihr bei „Unser Song für Malmö“ mitmacht?
Manuel W: Wir sind von Herrn Schreiber, dem Unterhaltungschef vom NDR, eingeladen worden. Der mag unsere Musik, glaube ich, ganz gerne und ist Vorsitzender der Jury, die die Kandidaten für den Vorentscheid auswählen. Der hat uns über ein paar Ecken gefragt, ob wir Lust haben mitzumachen. Wir haben kurz überlegt, ob wir Lust haben, aber dann gleich zugesagt.
Manuel d. C.: Wir wären nie auf die Idee gekommen, dass wir beim ESC was zu suchen haben – ohne den ESC jetzt schlecht zu machen. Wir haben es aber nur unter der Bedingung gemacht, dass wir live spielen. Bei uns würde eine Bühnenshow mit Tänzern oder Pyro-Show nicht funktionieren, das stand nicht zur Debatte. Wir fühlen uns nur wohl, wenn wir live spielen können.
Was ist die Geschichte hinter „Nackert“?
Manuel W: Der Song ‚Nackert‘ ist eigentlich ein Sommer-Song. Er kommt jetzt ein bisschen zu früh, war aber eigentlich für den Sommer geplant. Es geht in dem Lied um eine geheime Liebesgeschichte in einem Dorf. Die Angebetete ist mit einem anderen Mann zusammen, aber fährt in der Nacht heimlich mit einem Sänger an den See und schwimmt dort nackt im Wasser. Also geht es eigentlich um Sommer, Liebe, Nacktsein und Lebensgefühl. In unserem Fall singt es der Dettl Steff – und ist somit der Batzi, der die Dorfschönheit entführt.
Mit „Nackert“ wollen LaBrassBanda beim Vorentscheid die Fahrkarten nach Malmö lösen:
Allein schon wegen dieser ganzen Einwände hätte ich Lust zu gewinnen
Ihr seid zwar Bayern, pflegt aber keine Bayern-Klischees. Warum tretet Ihr trotzdem am liebsten in Lederhosen auf?
Manuel W: Die Lederhosen ist uns über die Jahre hinweg echt ans Herz gewachsen, sie gehört jetzt einfach dazu. Am Anfang hatte es eher praktische Gründe, warum wir in Lederhosen aufgetreten sind, mittlerweile ist es aber undenkbar mit der Band in einem anderen Outfit aufzutreten. Haferlschuhe gehören zum Beispiel nicht zu LaBrassBanda dazu – jeder hat zwar welche daheim, aber mit LaBrassBanda spielen wir immer barfuß.
Warum geht ihr am liebsten ungestylt auf die Bühne?
Manuel d. C.: Dazu gibt es eine lustige Anekdote: Ein guter Freund von uns ist Stylist, der fliegt jede Woche mit Models nach Johannesburg und ist viel unterwegs. Als er dann erfahren hat, dass wir beim ESC mitmachen, wollte er unbedingt mit. Ich hab ihm gesagt, dass er gerne mitkommen kann, aber hab ihn gleich gefragt, was er denn bei uns stylen will. Er antwortete darauf, dass man doch beim ESC gut ausschauen muss. Heute habe ich mit ihm telefoniert, er hat sich in der Zwischenzeit angeschaut, was wir so machen und meinte nur: ‚Wenn ihr auf der Bühne wie so Hippies rumspringt, dann fällt mit dazu leider auch nichts ein.‘ Ich könnte mir aber auch echt nicht vorstellen, was man bei uns noch schöner machen könnte…?! (beide lachen).
Was spornt Euch am meisten an, den deutschen Vorentscheid auf jeden Fall gewinnen zu wollen?
Manuel d. C.: Ich denke, wir sind auf alle Fälle die Band, die aktuell für den meisten Wirbel sorgt – unfreiwillig! Wir werden von allen Seiten fertig gemacht. Wir haben das Gefühl, dass keiner von den ESC-Fans wirklich will, dass wir gewinnen. Die schreiben: ‚Ihr Outfit nervt und der Sänger, der kann überhaupt nicht singen und den versteht man nicht und es ist doch ein Gesangswettbewerb.‘ Allein schon wegen dieser ganzen Einwände hätte ich Lust zu gewinnen. Außerdem haben wir selber einen großen Ansporn, weil wir versprochen haben, dass, wenn wir gewinnen, wir mit dem Bulldog nach Malmö fahren – und da bin ich echt heiß drauf. Diese Reise würde mir wahnsinnig gefallen, durch ganz Deutschland mit dem Bulldog zu fahren. Das ist mein persönlicher Ansporn.
Im Ausland ist es nie ein Thema, warum wir Lederhosen anhaben
Ihr habt bereits viel im Ausland gespielt. Was für eine Geschichte ist Euch speziell in Erinnerung geblieben?
Manuel d. C.: Ganz besonders unser Auftritt auf einem Festival in Simbabwe. Dort waren nur Reggae-, Raggaeton- und Dancehall-Acts. Da unsere Songs sehr variabel sind und wir sie in jedem Tempo umbauen und an die Situation anpassen können, haben wir einen ewig langen Reggae-Jam gespielt. Da ist dann sofort einer auf die Bühne gesprungen und hat mitgesungen. Eigentlich hätten wir daraus sofort eine Zusammenarbeit machen sollen. Das war nämlich ein Super-Typ, ein Staatsfeind, der Mugabe auf dem Festival kritisiert hat. Er konnte das nur auf diesem Festival machen, weil es unter internationaler Beobachtung steht, mit vielen internationalen Acts. Das war für mich ein magischer Moment.
Inwieweit spiegelt der Song „Nackert“ Eure musikalischen Anfänge in den Clubs wider?
Manuel d. C.: Wir haben 2007 angefangen zusammen mit einem DJ zu arbeiten. Der hat viel Balkan aufgelegt, das war damals noch ein heißes Thema. Das war so, dass der DJ angefangen hat, Manu ist danach dazu gekommen, Stefan natürlich danach an der Trompete und Posaune, dann bin ich langsam mit den Percussion- und Schlagzeug-Elementen dazu gekommen, so haben wir das damals immer gemacht. Wir haben anfangs nie in Bierzelten gespielt, waren auch eher schon in London und Berlin unterwegs, in München haben wir gar keine Show bekommen. Das war also schon immer Teil der Band, es ist nur so, dass das letzte Album schon wieder drei Jahre her ist und wir uns live immer mehr in die Richtung entwickelt haben – und dieser Song also unserem aktuellen Live-Modus entspricht.
Wie reagiert das Publikum im Ausland – verglichen mit Deutschland – auf Eure Musik und Euer Liederhosen-Outfit?
Manuel W: Es ist immer wahnsinnig schön, wenn man ins Ausland kommt, weil für die Menschen, die uns textlich überhaupt nicht verstehen, die Musik noch viel mehr im Vordergrund steht. Im Ausland ist es auch nie ein Thema, ob wir aus Bayern kommen, warum wir Lederhosen anhaben oder ob wir bairisch singen – wir sind da einfach eine Band aus Deutschland, die ihr Ding macht. Das ist das Schönste, da steht das Menschliche auch viel mehr im Vordergrund – und politische Aspekte werden nicht thematisiert.
Manuel d. C.: Es gibt die ganzen Klischees nicht. In Deutschland ist es ja schon ein politisches Statement, wenn du in so einem Outfit, wie wir es haben, spielst. International ist so etwas den Leuten total egal, die denken sowieso, dass in Deutschland jeder so rumläuft wie wir. Das ist wohl auch das Problem der Norddeutschen, dass sie sich nicht durch uns vertreten fühlen. Das kann ich aber auch verstehen …
Unsere Blasinstrumente kann man auch in einen See schmeißen
Wie genau muss man sich das vorstellen, wenn ihr mit den Bulldogs nach Malmö fahren solltet? Noch dazu bei der unsicheren Wetterlage?
Manuel W: Da kann überhaupt nichts passieren, unsere Blasinstrumente kann man auch in einen See schmeißen und es passiert nichts. Über das Schlagzeug kommt eine Plane, auf dem Hänger hinten ist die Bühne montiert, da gibt es überhaupt keinen Stress.
Manuel d. C.: Unser Bulldog fährt so 18 km/h. Vor vier Jahren haben wir das ja schon einmal gemacht; damals bei der Fußball Europameisterschaft, da haben wir auch jedes Wetter mitgemacht. Jedes Moped, das den Geist aufgibt, muss auf den Hänger – und wenn es mal schnell gehen muss, können wir auch gut auf dem Hänger ein Unplugged-Set spielen. Wettertechnisch sind wir sehr abgehärtet und unabhängig. Die Frage ist eher, wie wir in Malmö ankommen. Als wir damals in Wien angekommen sind waren wir total dreckig. Wir konnten ja nicht duschen, aber haben trotzdem vor 40.000 Menschen gespielt. Das können wir für Malmö gut gebrauchen … (beide lachen).
Zur Fußball-Europameisterschft 2008 sind die BrassBandas mit den Mopeds angereist:
Was macht Ihr, wenn Ihr nicht mit LaBrassBanda unterwegs oder im Studio seid?
Manuel d. C.: Ich spiele im Couville Theater gerade bei einer Inszenierung von Lola Montez mit und auch bei einer anderen Inszenierung, außerdem habe ich noch eine andere Band, die sich Polyester nennt. Die Band gibt es etwa genauso lang wie LaBrassBanda, ist aber ein ganz ein anderes Thema. Eine Mischung aus New York Disco und Post Punk. Schwierig zu beschreiben. Auch Fotografie ist eine Leidenschaft von mir, ich fotografiere analog und gehe in die Dunkelkammer damit, das ist mein Gegengewicht zum auf der Bühne stehen. Da kann ich sehr gut abschalten.
Manuel W: Ich habe neben LaBrassBanda auch noch eine eigene Band, die heißt Monobo Son, die gibt es seit ungefähr zwei Jahren. Die Band ist auch sehr bläserlastig, mit Wolfi Schlick an der Tuba und an der Flöte und mein Bruder spielt auch Tuba und Basstrompete. Wir machen da mit Hammond Orgel und Schlagzeug einen ganz wilden Afro-Rock’n’Roll – Free Jazz-Mix. Der Hans hat eine Professur für Tuba am Mozarteum in Salzburg und unterrichtet da zwischen acht und zehn Studenten. Das ist ein wichtiger Bestandteil von seinem Leben und auch mittlerweile von der Band, weil es wieder ein ganz anderer Einfluss ist, der die Band sehr bereichert.
Interview: Sandra Eichner
bei der letzten Frage die Manuel W. mit Manuel d.C. tauschen…dann ist das Interview perfekt!
Okay, da Coll und Polyester gehören zusammen. Danke :-)
[…] Interview im Online-Magazin Da Hogn […]