„Mia miass’n schneja werd’n, de miass’n schneja werd’n, des muas ois brutaler werd’n heid“, gibt BrassBanda-Chef Stefan Dettl die unmissverständliche Taktrichtung des Abends im gewohnt geschmeidigen Chiemgau-Dialekt vor. Das Motto am 4. Dezember 2011 lautete: schneller, noch schneller – und brutaler. Das Konzert in der restlos ausverkauften Münchner Olympiahalle sollte der krönende Abschluss der Übersee-Tour werden – nach mehr als 500 Auftritten innerhalb von vier Jahren. Und er wurde es. „Bläserexzess“, „Turbo-Gypsy-Funk“, „Hyper-Hyper-Speed“, „maschinengewehrartiger Tubastakkato“, „superschneller Ska“ – die Vertreter der Münchner Lokalpresse waren nach dem Konzert voll des Lobes für die fünf Überflieger aus Süd-Bayern – und übertrafen sich gegenseitig mit mehr oder weniger feuilletonistisch klingenden Wortneuschöpfungen.
Echter Reggae: „Oly-Popoly & The Holy Moly Fist Fucking Band“
„Hawedearäääh, Olympiahallääääääääääääh”, schreit Dettl den 12.000 tanzwütigen Banda-Fans eingangs entgegen – und macht von Anfang an das, was er neben dem perfekten Bespielen seiner Trompete am besten kann: die Leute zum Mitmachen animieren, sie unterhalten, und das auf die für ihn typisch offene und ehrliche Weise. Er erzählt vom ersten LaBrassBanda-Konzert in der Glockenbachwerkstatt („Glocke“); von der Hass-Liebe zum Chiemsee Reggae-Festival, als sie von den Veranstaltern erst mit dem Fantasie-Namen „Oly-Popoly & The Holy Moly Fist Fucking Band“ engagiert worden sind – und sie dann vor dem Reggae-Publikum „I like da Buttyman“ (frei übersetzt: „Ich mag Schwuchteln“) zum Besten gegeben haben. Dabei macht Dettl auf witzig-authentische und zu keinem Zeitpunkt verächtliche Weise einen auf schwulen Jamaikaner, mischt das Boarische mit dem Englischen und philosophiert auf der Bühne darüber, wie das so ist mit dem Weißbier und dem Weed, wenn einen beide „nice and slowly“ machen. Dem Publikum gefällt’s – und dankt es mit Applaus und Lachern. Ach ja: Und wenn der Dettl juchitzt und jodelt, juchitzt und jodlt die Menge es brav nach. „Da Cheamgau-Jodler is net schee, owa er is wahnsinns-brutal.“ Eh klar. Was auch sonst.
Musik wird nebenbei auch gemacht: Pflicht-Klassiker wie „Rotes Hoserl“, „Autobahn“, „Ringelbleame“, „VW Jetta“ und „Bauersbua“ gehen ab wie Schnitzel – und immer wieder wird das Publikum miteinbezogen, das aus vollem Halse die „Dadada“-, „Jababa“-, „Dschanana“- oder „Darara“-Refrains mitsingt. Dazu haut Dettl in Scatman-Manier blitzschnelle Gesangstiraden raus („Vosteht’s ihr mi??”) – unverständlich, aber den Zuhörern in diesem Moment völlig egal. Die Leute – die Band sowieso – haben irre viel Spaß in diesen Situationen, und tun’s dem blonden Musikus mit Inbrunst gleich. Motto: „Dettl befiehl, wir folgen Dir!“
„A soa Moment, den vogisst ma net, des hod ma oamoi in sei’m Leb’n.“
„Minga, seid’s ihr bereit fia‘ran boarisch‘n Techno?“, stellt der Steff die rhetorische Frage noch an die schwitzenden 12.000, während im Hintergrund Andreas Hofmeier auf der Tuba schon erste kurze Luftstöße durchs rund-goldene Blech jagt – und kurz darauf Manuel da Col die Felle seiner Trommeln und die Becken des Hi-Hats systematisch vergewaltigt. Doch dann auch wieder ganz wunderbar sanft-jazzige Posaunenklänge von Manuel Winbeck, bei denen man sich gedanklich-gefühlsmäßig auf dem Gamsknogel, dem Hochstaufen oder dem Fellhorn wiederfindet, den Blick in die Weiten des Chiemgaus schweifen lassend.
Ein echtes Schmankerl für die Freunde der Blechmusi ist etwa das Stück „El Paso“, das für die „Wurscht-Semme-Mach-Frau“ in der transsibirischen Eisenbahn als Dankeschön-Lied komponiert wurde – sehr mexikanisch, folkloristisch, ruhig, erhaben. Für die Partymäuse ist „Konned“ mit dem glorreichen Refrain „Konned mah, konned saah, owa Diandl recht sche drah“ eines der Highlights. Es ist das Brass-Banda-Live-Lied schlechthin, das sich ab Minute 2:30 zum Dance-Floor-Kracher der 90er, „Rhythm is a Dancer“ von Snap, und später zur Titelmusik der 80er-Jahre-Zeichentrick-Kultserie „Captain-Future“ verwandelt. Zum Schluss, sozusagen als Rausschmeißer-Katharsis, gibt es zum Sich-Glücklich-Fühlen und Wieder-Runter-Kommen, das ruhige und sehr seltene „Doda Hos“.
Fazit: Ein qualitativ hochwertiges Live-Album, das jeden, der bis jetzt noch nicht auf einem LaBrassBanda-Konzert vertreten war, mit dem gleichnamigen Virus infizieren dürfte. Der Hörer bemerkt sofort die ehrliche Freude, die Dettl und Co. beim Musizieren vor dem Ausnahme-Publikum haben. Oder, um es mit den Worten des Banda-Chefs zu formulieren: „A soa Moment, den vogisst ma net, des hod ma oamoi in sei’m Leb’n.“
P.S.: Beim Limited-Edition-Digipack ist noch die Bonus-DVD „LaBrassBanda – ein musikalischer Heimatfilm“ von Manuel Unger mit dabei. Wer das Phänomen und den Erfolg der Band besser verstehen will, bekommt damit eine Antwort geliefert.
Stephan Hörhammer