„Diese LP ist unsere bislang beste Platte, und ich selbst bin unfassbar happy mit dem Resultat“, sagt Sänger Brandon Flowers voller Stolz. Sind die Killers denn nun völlig abgehoben? „Ich bin mir sicher, dass die Fans die neuen Songs auf Anhieb verstehen und darauf abgehen werden“, fügt er hinzu. Leider ist es bei „Battle Born“ nicht ganz so …
The Killers: Mit „Battle Born“ zurzück zu dem, „was sie richtig können“
Bereits seit einigen Monaten wird das Album im Internet und auf Youtube von der Band promotet: Mit der ersten Singleauskopplung „Runaways“ meldeten sich die Jungs aus Las Vegas nach vier Jahren Pause in imposanter Weise zurück. Mit wuchtigen Gitarren und niederschmetternden Chören in Killers-Manier war dieser Song wie geschaffen für ein Comeback. Wie ein Meteor schlug das Preview in die Mojave-Wüste ein, dessen Druckwelle sich in Schallgeschwindigkeit nach allen Himmelsrichtungen ausbreitete, um die Geburt von „Battle Born“ zu verkünden.
Große Erwartungen also. Und die kommen ja auch nicht von ungefähr. Immerhin haben die Killers mit „Hot Fuss“ (2004), „Sam´s Town“ (2006), „Sawdust“ (2007) und „Day & Age“ (2008) weltweit über 15 Millionen Alben verkauft. Sie gewannen den Brit-Award als beste internationale Band für das Album „Sam’s Town“ sowie mehrere MTV-Awards. Mit „Battle Born“ wollen sie jetzt nach ihrem Pop-Ableger „Day & Age“ zurück zu dem, „was sie richtig können“: die Gitarren sollen wieder lauter, die Songs wieder amerikanischer und stadiontauglicher werden.
Dass die Killers schon immer patriotisch waren, erkennt man gerade an ihren ersten beiden Alben. Mit „Battle Born“ blicken sie zurück in die Geschichte des amerikanischen Bürgerkriegs: Am 31. Oktober 1864 wurde aus den Trümmern der Schlachten der US-Staat Nevada geboren, Abraham Lincoln wurde wieder gewählt, und die Staatengemeinschaft war gesichert. Auf der Flagge Nevadas sind die beiden Worte „Battle Born“ zu lesen. Das Killers-Studio in Las Vegas trägt heute denselben Namen. Nun also auch ihr viertes Album.
Bereits 2009 hatten die Killers Einfälle zur ersten Single „Runaways“, was aber nicht so recht zum damaligen Album „Day & Age“ passte. „Runaways“ ist Roots-Rock durch und durch – und hätte nicht zur damaligen radiotauglichen Scheibe gepasst. Mit der Zeit entstanden neue Songideen, doch es ließen sich keine Produzenten finden, weil ihre Wunschkandidaten andere Verpflichtungen hatten: Warum also nicht schnittchenweiswe mit den besten Produzenten der Welt die Platte aufnehmen? Daniel Lanois, Steve Lillywhite, Damian Taylor, Stuart Price und Brendan O’Brien waren mit von der Partie.
Erst nach mehrmaligem Hören stellt sich eine gewisse Satisfaktion ein
Herausgekommen ist nun ein Album, das unverwechselbar den typischen Killers-Sound präsentiert – so wie wir die Band von Anfang an kennen. Zu den markanten analogen Synthie-Sounds, die teils spährisch aber auch detailliert der ganzen Platte ihren Stempel aufdrücken, werden Dave Keunings Gitarrenverstärker nun wieder voll aufgedreht. Dabei war es überhaupt kein Nachteil, dass mehrere Produzenten mit an Board waren. Einer der beeindruckendsten Songs auf „Battle Born“ ist etwa die Soul-Nummer „Heart Of A Girl“, bei der die Band von U2-Produzent Daniel Lanois beim Songwriting unterstützt wurde. Ein Song, der tatsächlich ein bisschen nach Bono und The Edge klingt. Das darf er auch, denn nach eigenen Angaben wurden die Killers schon immer von der irischen Rockband beeinflusst.
Mit dem sehr elektronischen Opener „Flesh & Bone“ dürfte der Band wohl ein weiterer Radio-Hit gelungen sein: tauglich, um die Massen in den Stadien zu elektrisieren. Der Rest der Platte ist schwer zu packen: Die langjährigen Fans werden sich das neue Werk mehrmals anhören müssen, um zu erkennen, dass Songs wie „Miss Atomic Bomb“ ein „Mr. Brightside“-Ableger ist. Die Sehnsucht nach den eingängigen Melodien von „Sam’s Town“, dem tanzbaren Disco-Rock von „Hot Stuff“ oder auch dem Radio-Pop von „Human“ muss erst einmal gestillt werden.
Und in der Tat stellt sich eine gewisse Satisfaktion nach einigem Rauf- und Runterspielen ein. Man bekommt wieder Lust auf den Live-Sound der Truppe, der pompösen Show, der überheblichen und selbstdarstellenden Performance des Brandon Flowers, der einmal mehr sagt: „Ich finde schon, dass auf diesem Album besonders viele von diesen Konzert-Momenten zu finden sind, mehr als je zuvor“. Da hat er recht. Aber es ist doch auch eine gewisse Bescheidenheit in seinen Worten erkennbar. Er weiß nur allzu gut, dass sie es nicht ganz geschafft haben, ein „Mr. Brightside“, ein „Somebody Told Me“, ein „When You Were Young“ oder ein „Human“ aus der Kiste zu zaubern. Passt aber alles, um neue Konzerte wieder mit anderen Momenten aufzufüllen. Es wird diesmal nicht reichen, bei den begehrtesten Musikpreisen nominiert zu werden. Fraglich wird auch sein, ob die Band mit diesem Album neue Fans hinzugewinnen kann. Die Druckwelle von „Battle Born“ wird sich schnell verflüchtigen …
Jason Ditshej