Waldkirchen/Reutmühle. Golfen!?!?!? Das ist nichts für mich, das ist doch nur was für die älteren Semester! Zählt das denn überhaupt als Sport? Und: Das können sich doch nur die reichen Schnösel leisten, die sich ohnehin nicht wegen der kleinen weißen Bälle auf dem Rasen treffen, sondern um ihre Geschäftskontakte auszubauen! Wie man sieht, hat(te) Hog’n-Redakteurin Dike Attenbrunner jede Menge Vorurteile was das Golfen anbelangt. Höchste Zeit also für ein „Ausprobiat„: Sie schwingt heute für Euch das Eisen auf dem Grün! Ob ihr Kollege Stephan Hörhammer beim Filmen mit einem blauen Auge davonkommt? Ihr werdet’s erfahren …
Doch zuallererst sei einmal derjenige vorgestellt, der mich auf den Geschmack bringen soll: Golflehrer Max Biebl, aus Reuthmühle bei Waldkirchen. Zu seinen Vorbildern zählen keine Youngsters wie Tiger Woods oder Martin Kaymer. Nein, er bewundert eher Golflegenden wie Greg Norman oder Freddy Couples. Also Profis, die in den 1980er und 90er Jahren erfolgreich waren, zu einer Zeit, als auch Max mehr und mehr das Golf-Fieber gepackt hat.
Gap-Wedge, Sand-Wedge – ich kenn nur Kartoffel-Wedges
„Es ging damals um eine Wette“, erinnert sich der 54-Jährige an seinen ersten Versuch. „Ein Bekannter hat behauptet, dass ich es nicht schaffe, einen Golfball auf 100 Meter Weite zu schlagen.“ Doch bereits nach nur wenigen Übungsschlägen hatte er’s geschafft. Ein Naturtalent, das Max erkannte – und von dem Zeitpunkt an weiter ausbaute mit der dreijährigen Ausbildung zum „Golf-Pro“, also zum professionellen Spieler mit Diplom. Seitdem bringt der lizenzierte Trainer, der eine eigene kleine Golfschule betreibt, seinen Kunden bei, auf was es beim Golf-Sport ankommt. So wie mir heute.
Wo? Auf der 9-Lochanlage des „Land- und Golfclubs Bayerwald e.V.“ in Waldkirchen-Dorn. Und da gibt’s erst einmal eine kleine Einführung vom PROFESSIONAL Max, so seine genaue Berufsbezeichnung: Eisen, Putter, Hölzer, Chipper, Wedges, unter letzteren: Pitching-Wedge, Gap-Wedge, Sand-Wedge, Lob-Wedge … ich versteh‘ grad nur Bahnhof … Kartoffel-Wedges von McDonalds kenn ich … mir schwirrt der Kopf schon nach wenigen Minuten, als mir der Profi die unterschiedlichen Schlägerarten erklärt, die aus seinem beeindruckend ausstaffierten Golfbag hervorblitzen!
Endlich, das war’s mit der Theorie!
Also doch: Golfen ist was für hochbegabte Akademiker! Hilft nichts, da muss ich jetzt durch – ein theoretisch-praktischer Anfängerkurs samt Übungsstunden stehen am Anfang einer jeden Golferkarriere. Das Ziel eines Anfängers soll sein, so Max, zunächst die sogenannte Platzreife zu erlangen – eine Art Führerschein, damit ich mich überhaupt auf einem Golfplatz frei bewegen darf. Schließlich kann hier allerhand passieren. „Ein Vater hat mal gemeint, er muss seiner Tochter zeigen, wie das mit dem Schwung holen geht. Da er dummerweise beim Ausholen hinter seiner Tochter stehen blieb, hat er das Eisen an den Kopf bekommen“, erzählt Biebl. Nicht der einzige Unfall: Vorkommnisse dieser Art gebe es häufiger im Jahr …
Endlich, das war’s mit der Theorie. Nachdem mir Biebl die Eigenschaften und den Aufbau eines Golfballs sowie dessen physikalisches Flugverhalten erläutert hat, holt er einen Putter für mich und wir begeben uns auf das sagenhaft gepflegt-gemähte und mit einem Spezialrasen angelegte Green. Ein persicher Teppich in Natur. Der Putter mit seinem besonderen Eisenkopf ist meistens der kleinste Schläger, mit dem der Ball eingelocht wird – wenn’s nicht vorher schon ein Hole-in-one war, der Ball also mit dem Abschlag eingelocht wurde. Max zeigt mir, wie man den Putter richtig hält.
Das ist schon mal sehr ungewohnt, weil ich als Rechtshänderin den Schläger mit der linken Hand oben am Griff und mit der rechten Hand etwas weiter unten halten soll. Dann soll ich hüftbreit leicht in die Knie gehen, die Arme gestreckt halten und mich leicht nach vorne beugen. Meine Schulterachse dreht Biebl in einer geraden Linie zum gewünschten Loch – und dann gilt noch zu prüfen, ob die Schlagfläche des Putters senkrecht zu dieser Linie auf den Ball gerichtet ist. Ganz schön ungewohnt – und vor allem unbequem …
Ups! Da hab ich’s mit dem Schwung zu gut gemeint
Ich weiß gar nicht so recht, wie ich meinen Schläger überhaupt noch bewegen soll – vor lauter Verkrampfung im Körper. Aber was soll’s! ‚Give it a shot!‘, wie der Anglo-Kanadier sagen würde. Ich versuch’s jetzt einfach mal. Schultern runter, locker lassen und den ersten Stoß wagen. Leicht ausholen, Ziel anvisieren, durchschwingen, fertig. Ups! Da hab ich’s mit dem Schwung wohl etwas zu gut gemeint. Das weiße Ei mit dem Pockengesicht rollt meilenweit am Loch vorbei … Also relativ zur kleinen Fläche des Greens betrachtet.
Biebl muss lachen und greift auch gleich korrigierend ein: „Du brauchst nicht so viel Schwung nehmen, Dike. Achte mehr auf die Ausrichtung und lass‘ die Arme gestreckt.“ Ja nee, is klaaa. Gar nicht so leicht, den Ball in die richtige Richtung rollen zu lassen, denk ich mir, wenn man wie ich in „Schonhaltung“ über dem Ball gebeugt steht … Doch dann, einige wenige Versuche später, mein erstes Erfolgserlebnis: Versenkt! Auf Anhieb! Aus mindestens drei Metern Entfernung. Tschakka! Langsam gewöhne ich mich an den Griff des Schlägers und die ungewohnte Haltung. Und auch die Geschwindigkeit kann ich nun immer besser einschätzen. Hurra, der nächste Ball ist drin! Geht doch!
Mischung aus Angst und Mitleid überkommt mich
Hatte ich bis dahin geglaubt, die Bewegung mit dem Putter sei gewöhnungsbedürftig, nehme ich das an dieser Stelle höchstoffiziell zurück. Abschlagen ist noch viel schlimmer! Es beginnt schon damit, wie man den Schläger, den sogenannten Driver (in den meisten Fällen das „Holz 1“) hält: Die linke Hand oben, der Daumen zeigt entlang des Schlägers nach unten. Dann legt man den kleinen Finger der rechten Hand auf den Zeigefinger der linken Hand, den rechten Daumen auf den linken und schließt die linke Hand um den Schlägergriff. Dann soll ich mich wieder hüftbreit mit leicht gebeugten Knien hinstellen und die Arme ausstrecken.
Meine Hände nehmen beim krampfhaften Umklammern des Griffs schnell einen blutleeren Weißton an. Der Grad des Zudrückens steigt direkt proportional zur Angst, dass mir der Schläger im Moment des Abschlags entgleiten könnte. So stehe ich dann auf einem kleinen Podest, blicke auf einen leicht ansteigenden Wiesenkorridor, flankiert von reichlich Bäumen und mit jeder Menge weißer Bällchen gesäumt, die von mehr oder weniger erfolgreichen Abschlägen zeugen.
Im Moment kann ich mir ehrlich gesagt (noch) nicht vorstellen, dass ich in dieser Haltung irgendetwas treffe werde – und schon gar nicht dieses kleine mickrige weiße runde Etwas vor mir, das mich flehentlich anstarrt und mir zuzurufen scheint: „Tu’s nicht, ich bin unschuldig!“ Ein sanfter Anflug von Mitleid überkommt mich und verdrängt für einen klitzekleinen Augenblick oben beschriebenes Angstgefühl. Doch für Gefühle ist jetzt keine Zeit, da habe ich die Rechnung ohne Max Biebl gemacht, der sofort (Erste) Hilfestellung leistet.
Er nimmt behutsam aber bestimmt den Driver und führt mich mitsamt dem Schläger bei ausgestreckten Armen zur Seite. Sobald der Schläger ganz hinten angekommen ist, nimmt er meinen rechten Arm und beugt ihn ein wenig ab – dadurch schwingt der Schläger nach oben. Gleichzeitig (!) soll ich meine Hüfte drehen und mein linkes Bein ausstrecken. Dann lässt er los. Und jetzt? Ich glaub, ich krieg‘ gleich einen Ganzkörper-Krampf! „Einfach runterfallen lassen“, lautet Maxens Antwort. Gesagt, getan und … Knapp daneben ist auch vorbei! Wäre ja auch zu schön gewesen!
„Du hast den Dreh jetzt raus“ – Wer ist Tiger Woods?
„Du musst aufpassen, dass du während der gesamten Bewegung die gleiche Haltung beibehältst“, erinnert Biebl mich immer wieder. „Und den Schläger mit dem Handgelenk drehen! Und die Hüfte bei der Abwärtsbewegung auch Richtung Ziel drehen! Und das rechte Bein strecken! Und das Gewicht von der rechten auf die linke Hüfte verlagern! Und …“ Ob das heute nochmal was wird? Tausende Dinge, auf die man parallel Acht geben muss. Doch der symphatische „Drilling-Instructor“ Max bleibt mir am Ball …
Hah, getroffen! Yabbadabbadu! Yeeeeee-haw! Da ist das Ding! Der Ball schwirrt wie ein Kugelblitz mit einem leichten Pfeiffton von dannen, Richtung Wiese. Äh halt … Richtung … Wwww…. Wald. Weg is er! Aber getroffen – das ist, was in diesem Moment zählt. Grins. Während ich peinlich genau auf die guten Tipps und Anweisungen des Golf-Profis achte, bekommt mein Körper langsam ein Gefühl für die richtige Drehung, die passenden Entfernungen und Winkel, den richtigen Schlagzeitpunkt. „Sehr schön Dike, hast du gut gemacht“, lobt mich Max nach dem dritten, vierten, fünften Treffer. Die Bälle fliegen mittlerweile 50, 60 Meter sauber geradeaus, dorthin, wo sie sollen. „Jetzt hast du den Dreh raus. Du scheinst echtes Talent zu haben, da habe ich schon ganz andere Dinge mit meinen Neulingen erlebt.“ Wieder: Grins! Diesmal noch breiter als vorher. Wer war eigentlich gleich nochmal dieser Tiger Woods???
Haltung bewahren – dann klappt’s auch mit dem Rücken
Meine Bewegungsabläufe werden nach und nach flüssiger und ich stelle am Ende der Übungseinheit mit Max fest: Golfen macht richtig viel Spaß! Und ist, man mag es kaum glauben, durchaus anstrengend: die richtige Körperspannung und -haltung, eine erhöhte Konzentrationsfähigkeit und die zum Teil zehn Kilometer langen zügig zurückgelegten Wanderungen machen Golf zu einem angenehmen Sport mit Suchtpotenzial. „Ein optimales Herz-Kreislauf-Training“, sagt Max. „Und die meisten nehmen sogar noch a bisserl ab dabei.“ Vor allem auf die richtige Haltung komme es an, so der Experte, „dann geht’s auch nicht auf den Rücken“. Golf sei ein Sport für jedermann: vom Jugendlichen bis zum Senior mit über 90 Jahren.
Ob ich so alt werde, weiß ich heute noch nicht. Aber eins kann ich nach diesem „Ausprobiat“ getrost sagen: Herr Biebl, vielen Dank! Ich komme wieder, keine Frage!
Danke , war lustig und sehr aufschlussreich.