- Kaspar Sammer, Geschäftsführer der EUREGIO (Foto: privat)
Freyung-Grafenau. Als im Jahr 1993 die EUREGIO gegründet wurde – wenige Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs – war noch nicht abzusehen, wie sich die grenzüberschreitende Zusammenarbeit entwickeln würde. Den Anfang haben engagierte Einzelpersonen gemacht, die die Grenzöffnung als Chance erkannt haben. Damals lief das Meiste über persönliche Kontakte, eine institutionalisierte Zusammenarbeit gab es nicht, geschweige denn Fördermittel für grenzüberschreitende Projekte. Über die Jahre hinweg veränderten sich die Rahmenbedingungen: es wurden von der Europäischen Union Förderprogramme als Unterstützung angeboten, wenn Bürgerinnen und Bürger, Gemeinden, Vereine und Schulen mit Partnern aus Österreich oder Tschechien gemeinsam etwas auf die Beine stellen wollten.
Tausende EUREGIO-Kleinprojekte gefördert
Im Rahmen des PHARE-CBC-Programms und der INTERREG-Programme wurden auf vielfache Anregung, Vermittlung und Betreuung der EUREGIO tausende von sogenannten Kleinprojekten gefördert, deren Ziel es ist, dass sich die Menschen drent und herent kennenlernen. Oftmals mag die finanzielle Förderung nicht hoch gewesen sein, die Wirkung ist und war jedoch nicht vom Geld abhängig; vielmehr sind es die persönlichen Beziehungen, die positive Einstellung zum Nachbarland, die dem Grenzraum genutzt haben – und immer noch nutzen. Der Kindergarten, der den Kindergarten auf der anderen Seite der Grenze regelmäßig besucht; die Schule, die eine gemeinsame Kunstausstellung mit der Partnerschule macht; die Gemeinden, die gemeinsam ihre touristischen Angebote bewerben; die Vereine, die durch die Zusammenarbeit mit den Partnern aus dem Nachbarland das kulturelle Angebot in der gesamten Region bereichern; und nicht zuletzt die Firmen, die mit Unternehmen im Nachbarland kooperieren – das alles ist die Basis des Zusammenwachsens.
„Es ist noch viel mehr möglich – aber nicht von heute auf morgen“
Auch große Projekte der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit sind in der gesamten Grenzregion zu sehen – das Granitzentrum in Hauzenberg, das neugestaltete Hans-Eisenmann-Haus in Neuschönau, das Waldgeschichtliche Museum in St. Oswald, das neue Jagd- und Fischereimuseum im Schloss Wolfstein in Freyung, die zweisprachig beschilderten Wanderwege in den Nationalparks Bayerischer Wald und Šumava – all diese Kultureinrichtungen und touristischen Attraktionen wären ohne Förderung aus den INTERREG-Programmen, vor allem aber ohne grenzüberschreitendes Engagement nicht möglich geworden. Die EUREGIO ist bei dieser Art von Projektumsetzung auch immer beteiligt bei der Partnersuche, bei der Ideenentwicklung, bei der Antragstellung etc. Nicht selten ergeben sich aus den Projektkooperationen langfristige Beziehungen und mehrmalige gemeinsame Projekte.
Insgesamt wächst die Region durch die vielen Einzelkontakte zusammen. Natürlich ist noch viel mehr möglich, aber es geht eben auch nicht von heute auf morgen. Die Trennung über Jahrzehnte wird auch Jahrzehnte brauchen, um vollständig überwunden zu sein. Ein guter Anfang ist durch vielfaches persönliches Engagement und die mittlerweile dauerhaften zivilen, behördlichen und persönlichen Beziehungen gemacht – und soll durch die Bemühungen um die Europaregion Donau-Moldau auch weitergeführt werden. Ziel der Europaregion ist es, die Zusammenarbeit über Grenzen hinweg langfristig, verbindlich und innerhalb eines strategischen Rahmens, in dem die gemeinsamen Ziele festgelegt wurden, zu verbessern und auszubauen. Es gibt trotz sehr guter Kontakte noch viel Abstimmungsbedarf, vor allem bei komplexeren Themen der Daseinsvorsorge, die bisher auf der Basis der Projektzusammenarbeit noch nicht zufriedenstellend bearbeitet werden konnten.
„Potenziale bleiben ungenutzt, weil der Nachbar nicht mitgedacht wird“
Nächstes Jahr feiert die EUREGIO ihr 20-jähriges Bestehen. Die Arbeit wird aber auch in den nächsten Jahren sicherlich nicht ausgehen. Viele Potenziale bleiben noch ungenutzt, weil das Nachbarland nicht mitgedacht wird. Die Europäische Union gibt den rechtlichen Rahmen vor, die Gestaltung vor Ort bleibt den Menschen in der Grenzregion überlassen. Unser Wunsch ist es, dass es eines Tages selbstverständlich ist, über die Grenzen hinweg zu denken und die Chancen des grenzenlosen Europa vollständig zu nutzen – in allen Bereichen des täglichen Lebens und auch Arbeitslebens. Die westlichen Grenzregionen Europas, die schon einige Jahrzehnte länger nicht mehr durch geschlossene Grenzen getrennt sind, machen uns das bereits vor und profitieren erheblich davon. Das zeigt uns, dass unsere Bemühungen in die richtige Richtung gehen!
Unsere Zukunft ist grenzenlos!
Euregio-Geschäftsführer Kaspar Sammer