Freyung/Waldkirchen/Jandelsbrunn. Trotz der Brisanz in der Krankenhaus-Debatte, waren die beiden Kreistagssitzungen, in denen über das Ende der Akutversorgung in Waldkirchen diskutiert worden ist, von Sachlichkeit und Fairness geprägt. Emotionalität ist nur einmal aufgekommen, nämlich als sich Kreisrat Max Pöschl (CWG-JW), geschäftsleitender Beamter der Gemeinde Jandelsbrunn, zu Wort meldete. Er bat um die Prüfung, ob einige seiner Ratskollegen durch die Entscheidung einen persönlichen Vor- oder Nachteil hätten. Welche Hintergründe hatte diese Nachfrage?
Obwohl er es auch im Nachklang der Sitzung gegenüber dem Onlinemagazin „da Hog’n“ nicht bestätigen wollte, dürfte der Jandelsbrunner damit die Kreisräte Dr. Heidi Massinger-Biebl und Dr. Jörg Sorgenfrei gemeint haben, die daran interessiert sind, Teil des geplanten Gesundheitszentrums Waldkirchen zu werden, das in den Räumlichkeiten der bisherigen Akutversorgung entstehen soll. „Ich wollte sichergehen, dass keine Formfehler gemacht werden – und sicher keinem etwas Böses unterstellen“, erklärt Pöschl. „Wir haben im Kreistag einige Ärzte, die Interesse angemeldet haben, sich Räume im Medizinischen Versorgungszentrum zu mieten. Ich wollte geprüft haben, ob ein solcher Grundsatzbeschluss als Vorteilsmöglichkeit gesehen werden könnte.“
„Außer Häme und Schelte habe ich bisher nichts geerntet“
Die Emotionalität in seinen Worten – die während der Sitzung sowohl Spiegelaus Bürgermeister Karlheinz Roth als auch Landrat Sebastian Gruber kritisierten – begründet der geschäftsleitende Beamte mit seiner eigenen Vergangenheit in der Verwaltung der Klinik und der Stadt Waldkirchen. „Nach meiner Zeit bei der Bundeswehr war ich kurz im Archiv des Krankenhauses beschäftigt. Später hatte ich als Mitarbeiter im Standesamt Waldkirchen ständigen Kontakt mit dem Haus, das ich insgesamt 17 Jahre begleitet habe.“ Er erinnert sich an die medizinischen Aufschwünge in der größten Stadt des Landkreises, als das Krankenhaus Hutthurm geschlossen wurde und die Palliativstation in Waldkirchen eingerichtet wurde. „Das komplette Umfeld hat dazu beigetragen, dass eine Atmosphäre entsteht, in dem der Mensch in seiner ausweglosen Situation doch noch ein lebenswertes Leben verbringen darf.“
Aus diesen Gründen hat Pöschl eigenen Angaben zufolge gegen das Ende der Akutversorgung, aber für die Einrichtung eines Gesundheitszentrums und für die Reduzierung der Planbetten gestimmt. „Obwohl mir die Entscheidung persönlich sehr weh tut, muss man in einem demokratischen Gremium die Entscheidung der Mehrheit mittragen und mitverantworten“, sagt er auf Hog’n-Nachfrage. Mittlerweile habe er zudem bereut, sich während der Kreistagssitzung geäußert zu haben. „Außer Häme und Schelte habe ich bisher überhaupt nichts geerntet.“ Er könne den Kommentar von Landrat Gruber nachvollziehen, der seine Wortmeldung als unsachlich abgestempelt hat, und sei auch mit der Erklärung von Landkreis-Juristin Judith Wunder („Das wurde im Vorfeld geprüft. Kein Kreisrat muss von der Abstimmung ausgeschlossen werden.“) zufrieden.
„Als Kreisrätin muss ich den gesamten Landkreis im Auge haben“
Als „durchaus legitim“ bezeichnet Kreisrätin Dr. Heidi Massinger-Biebl (JWU) die Bedenken von Max Pöschl. „Ich verstehe aber die Aufregung nach seiner Aussage nicht. Deshalb habe ich auch gleich mit ihm persönlich geredet und ihm erklärt, dass ich seine Nachfrage nachvollziehen kann. Er hat vielen Bürgern aus dem Herzen gesprochen.“ Laut der Waldkirchener Gynäkologin ist eine unerlaubte Vorteilsnahme weit hergeholt. Schon seit längerer Zeit sei ein Ärztehaus angedacht, der Standort im Waldkirchen erst im Rahmen der Nachnutzungsfindung aktuell geworden.
Vielmehr beschäftigt die Ärztin die Emotionalität außerhalb des Sitzungssaales, was dieses Thema betrifft. Ihrer Meinung nach ist eine Umstrukturierung allein aus medizinischer Sicht schon längst überfällig. „Man hat in der Vergangenheit immer zu viel Rücksicht auf politische Befindlichkeiten genommen.“ Etwas irritiert ist die 48-Jährige aufgrund der Misstöne, die ihr entgegengeschlagen sind, weil sie als Waldkirchenerin für das Ende der Akutversorgung in ihrer Heimatstadt gestimmt hat. „Als Kreisrätin muss ich den gesamten Landkreis im Auge haben. Der eingeschlagene Weg ist nicht optimal, aber alternativlos.“ Nun sei eben eine konstruktive Arbeit der Nachnutzungsgruppe gefordert. „Da sind wir erst am Anfang – ich habe auch die Palliativstation noch nicht aufgegeben.“
„…das wäre ein fairer Ausgleich gewesen“
Ähnlich argumentiert auch der Waldkirchener Augenarzt und Kreisrat Dr. Jörg Sorgenfrei (ödp), der ebenfalls daran interessiert ist, sich im Gesundheitszentrum einzumieten. Gegenüber dem Onlinemagazin „da Hog’n“ betont er: „Ich fühle mich von den Aussagen von Max Pöschl gar nicht angesprochen, weil ich durch die Entscheidung auf keinen Fall irgendwelche Vorteile habe.“ Ähnlich wie Heidi Massinger-Biebl spricht auch Sorgenfrei davon, dass die Idee eines Ärztehauses schon länger bestehe und das Krankenhaus in dieser Hinsicht erst mit dem Ende der Akutversorgung in den Fokus gerückt sei.
Auch der Augenarzt erachtet die Zusammenlegung der Akutversorgung als unabdingbar an, hätte sich „das Ganze aber etwas anders vorgestellt. Meine Vorstellung war, dass man die Nicht-Akut-Betten wie die Psychosomatik nach Waldkirchen holt. Das wäre ein fairer Ausgleich gewesen.“
Helmut Weigerstorfer
Respekt Max, Du traust Dich wenigstens das auszusprechen, was jeder hinter vorgehaltener Hand denkt.
Ich ziehe meinen Hut