Regen. Auf Freilichtbühnen, im Kurpark und in Gaststuben wird bis spät abends musiziert und gesungen. Auf dem Bretterboden am Stadtplatz wird getanzt, dass sich die Balken biegen. Fürs „drumherum“ verwandelt sich die Regener Innenstadt seit 1998 alle zwei Jahre zur Festivalmeile für Volksmusikliebhaber. Es ist neben dem legendären Pichelsteinerfest das zweite große Event der Stadt – und als solches zog es auch dieses Jahr (trotz kühler Temperaturen) wieder tausende Besucher an, die durch die Straßen der Bayerwald-Kreisstadt zogen, um den Klängen der rund 3.000 Musikanten und Sänger zu lauschen. Auch da Hog’n war für seine Leser dieses Mal mittendrin im „drumherum“ – und hat sich unter den Teilnehmern von „Bayerns größtem Volksmusikspektakel“ umgehört.
„Musischer Ausnahmezustand statt normaler Alltag“
„Ich lade alle Menschen ein, mit mir mitzusingen“, so einfach lautet die Botschaft von Alois Pabst an die Passanten in der Bahnhofstraße. Dort, wo sich an normalen Wochentagen lange Autoschlangen bis zum Moitzerlitzplatz hin bilden, herrscht an diesem verlängerten Pfingstwochenende erneut dichtes Gedränge. Um den Musiker, der sich selbst schlicht als „Drehorgelmann“ bezeichnet, hat sich eine Schar Menschen gebildet, um den Klängen seines Instruments zu lauschen – oder auch dessen Einladung zum Mitsingen zu folgen. Bereits zum zehnten Mal ist er eigens aus dem mittelfränkischen Schnaittach angereist, um in Regen beim größten Freiluft-Volksmusikfestival dabei sein zu können.
Das Besondere am „drumherum“ aus seiner Sicht? „Ganz einfach: Rundherum herrscht hier, wo sonst im Jahr die Menschen ihrem Alltag nachgehen, ein musischer Ausnahmezustand.“ Und dieser Ausnahmezustand ist tatsächlich kaum zu übersehen: Ob am Stadtplatz, im Kurpark oder auf der „Sparkasseninsel“ – soweit das Auge reicht, tanzen Menschen zur Musik, lachen und singen gemeinsam. Wie anstrengend dies nach einer gewissen Zeit werden kann, zeigen die vielen Musikanten, die sich überall in der Stadt niederlassen, um für ihre nächsten Auftritte Kraft zu tanken – im Gras, am Flussufer oder einer schattigen Bank am Kirchplatz.
„So viele Musikanten in solch einer kleinen Stadt“
Dort sind gegen 17 Uhr Doris und Rainer Berauer aus der Nähe von Rosenheim anzutreffen, die ansonsten als Duo unter dem Namen „Isarschiffer“ auf Kleinkunst- und Theaterbühnen sowie in Wirtshäusern ihr Publikum mit einer Mischung aus Musik, Kabarett, Comedy und Clownerie unterhalten. Auch sie sind bereits zum wiederholten Male beim „drumherum“ vertreten – und schätzen besonders den musikalischen und kulturellen Facettenreichtum, den sie in diesen Tagen in Regen erleben dürfen.
Wenige Meter weiter hat sich auf der Ludwigsbrücke die „Kapela Po zagonach“ aus Posen niedergelassen, um die vorbeiziehenden Menschen ebenfalls zum Mitmachen aufzufordern – mit Erfolg. Bereits nach kurzer Zeit tanzen oder klatschen die ersten Zuschauer zur Musik. Gemeinsam mit einer befreundeten Tanzgruppe haben sie zum vierten Mal rund zwölf Stunden Anfahrtszeit in Kauf genommen, um die „drumherum„-Besucher in den Bann polnischer Volkslieder und Nationaltänze zu ziehen. Und sie wollen wiederkommen: „So viele Musikanten in solch einer kleinen Stadt – das ist definitiv etwas Besonderes“, ist sich Skalec Przemko sicher. Zumindest in seiner Heimatstadt Posen ist dem Klarinettenspieler kein vergleichbares Fest bekannt.
Auch drumherum ums „drumherum“ ist vieles geboten
Doch nicht nur im Stadtkern ist musikalisch wie kulinarisch so einiges geboten. Ein Blick in den Standortplan der Veranstaltung zeigt, dass das „drumherum“ auch Randgebiete der Stadt – wie etwa den Grubhügel, den Waldschmidtpark oder das Kaufhaus Bauer – ins Geschehen miteinbezieht. Selbst in umliegenden Orten wie March oder Langdorf sind in diesen Tagen (also im wahrsten Sinne des Wortes drumherum ums „drumherum“) musikalische Höhepunkte geboten. Dass solch ein großer Radius notwendig ist, zeigen die Besucherzahlen: 50.000 Menschen finden den Weg über die Pfingstfeiertage nach Regen – gut fünfmal so viel als die Bayerwaldstadt Einwohner zählt.
Zahlreiche Workshops, eine internationale Volksmusik-Messe, ein großer Kunst-Handwerkermarkt und viele weitere Attraktionen sorgen für das passende Rahmenprogramm.
Im Jahr 2018 gibt es die nächste Gelegenheit, nach Regen zum „drumherum“ zu kommen, um nationale wie internationale Volkskultur fernab von Kommerz und Volkstümelei hautnah mitzuerleben.
Text: David Salimi
Fotos: Suzane Salimi