Ringelai. Sein Vorgänger ist nach seiner Zeit als Freyung-Grafenauer Landrat inzwischen in den Gemeinderat zurückgekehrt. Dass das zu einigen Spannungen während so mancher Sitzung führte, war vorauszusehen. Dennoch möchte Ringelais Bürgermeister Max Köberl nicht von einem angespannten Verhältnis zu Ludwig Lankl sprechen. Die anfänglichen Wogen haben sich mittlerweile wieder geglättet. Wie jede andere Kommune auch, hat die Schmalzdobel-Gemeinde mit diversen Alltagsproblemen zu kämpfen. Nachdem die aufwendige Dorferneuerung inzwischen abgeschlossen ist, stehen weitere Investitionen wie zum Beispiel die häufig diskutierte Breitbanderschließung an. Im Interview mit dem Onlinemagazin „da Hog’n“ spricht der 57-jährige Max Köberl u.a. über jene Projektvorhaben und blickt auf die – wie er es nennt – Problem-Immobilie „Plail-Haus“. Die weiteren Themen: Erweiterung des Gewerbegebiets, Ringelais Standortnachteile sowie das aus Köberls Sicht wenig ruhmreiche Projekt „E-Wald“…
Herr Köberl, wie würden Sie den Ringelaier Gemeinderat Ludwig Lankl beschreiben?
Sowohl für Ludwig Lankl als auch für mich war diese Situation anfangs nicht ganz einfach. Nach 16 Jahren als Bürgermeister unserer Gemeinde und als ehemaliger Landrat – mit weitgehenden Kompetenzen ausgestattet – war es für ihn eine ungewohnte Situation, nun als ‚einfaches‘ Gemeinderatsmitglied vereidigt zu werden. Und es war für ihn sicher nicht leicht, seine neue Verantwortung und Rolle im Gemeinderat zu finden. Da kam es naturgemäß auch zu der einen oder anderen Meinungsverschiedenheit. Doch nach einer kurzen, etwas holprigen Anlaufphase bin ich inzwischen sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit.
„Man hat schon ein gewisses Alleinstellungsmerkmal in der Region“
Gibt’s in der Gemeinde Ringelai so etwas wie Parteipolitik?
Nein, ganz so schlimm ist es nicht. Es gab und gibt mit Sicherheit keinen Fraktionszwang in unserem Gemeinderat. Wir leben ja Gott sei Dank in einer Demokratie, in der nunmal Mehrheiten entscheiden. Aber gerade in der Zeit unmittelbar nach den Wahlen ist es irgendwie logisch, dass eine Art von Parteipolitik aufkommt – dann geht’s um die Bürgermeister-Stellvertreter, Ausschüsse und andere Entscheidungen.
Haben Sie es als SPD-Bürgermeister in einer doch recht schwarz-geprägten Region eigentlich doppelt schwer?
Man hat schon ein gewisses Alleinstellungsmerkmal in der Region, das stimmt schon. Auf der Bürgermeister-Kollegen-Ebene ist die Zusammenarbeit aber immer äußerst konstruktiv. Da zählt nach der Wahlphase die Parteizugehörigkeit so gut wie gar nicht mehr – menschlich gibt es da überhaupt keine Probleme.
Würden Sie sich selbst als bürgernaher Bürgermeister bezeichnen?
Wenn ich an die vielen Fragen und Anrufe denke, die ich beantworte, dann kann man diese Frage mit einem klaren Ja beantworten. Zumal viele dieser Anfragen gar nicht in meinen Aufgabenbereich gehören. Denn wenn ein Bürger eine Schlange im Garten vorfindet, kann auch der Bürgermeister nicht sofort weiterhelfen… (lacht). Aber es ist auch eine Bestätigung für mich, dass ich als Helfer wahrgenommen werde. Es ist jedoch nicht so, dass permanent das Telefon läutet, Gott sei Dank.
Ein großes Thema in Ihrer Gemeinde waren die vielen Dorferneuerungen, die inzwischen abgeschlossen sind. Geben Sie uns bitte einen kurzen Überblick über dieses Mammutprojekt.
Grundsätzlich läuft unser Dorferneuerungspaket seit 25 Jahren. Elf Ortschaften innerhalb unserer Gemeinde sind dabei in den Genuss einer Neugestaltung gekommen. Angefangen von Ortskernsanierungen mit Ausbau von Wirtschaftswegen bis hin zur Wasserrückhaltung. Es wurden vergleichsweise gigantische Mittel investiert, dabei musste der ein oder andere Bereich sicher etwas leiden. Denn eine finanzielle Beteiligung der Bürger bei den Dorferneuerungen gab es nicht. Neben den umfangreichen Investitionen in die Baugebiets- und Gewerbegebietserschließung, Kanalisierung und Sanierung der Wasserversorgung wurden hierfür insgesamt rund fünf Millionen von Seiten der Gemeinde investiert.
„Bekämen wir hierfür Geld, wird es woanders wieder abgezogen“
Ein großer Brocken, der endlich abgearbeitet worden ist.
Sicher, die Gemeinde ist finanziell an ihre Belastungsgrenzen gegangen. Die Bevölkerung hingegen nimmt das Ganze nicht so deutlich wahr, weil es ein dynamischer Prozess war. Kürzlich habe ich eine Aufstellung gemacht, was in den kommenden Jahren noch ansteht. Und da kommt wieder einiges auf uns zu, wie etwa die Sanierung der Gemeindestraßen, die Breitbanderschließung, die Sanierung des Kindergartens, die Erneuerung der Wasserversorgung…
Der Antrag der FW-Landtagsfraktion hinsichtlich eines Förderprogramms für Wasser und Abwasser ist erst kürzlich im Landtag abgelehnt worden. Begründung der CSU-Fraktion: Die Gemeinden, die in den vergangenen Jahren schludrig gewirtschaftet haben, würden dann auch unterstützt werden. Ihre Meinung dazu?
Stellt die Opposition einen Antrag, wird er von der Regierung abgelehnt – und umgekehrt. Das ist leider so. Generell gibt es keine Förderungen für Sanierungen in diesem Bereich, weil sich Wasser und Abwasser durch die zu entrichtenden Gebühren selber tragen müssen. Einzig Neuerschließungen werden noch unterstützt – doch die gibt es mittlerweile fast gar nicht mehr. Und deshalb kommt letztlich auch keiner in den Genuss solcher Gelder.
Schade, oder?
Freilich würden wir uns über eine Unterstützung freuen. Doch letztlich ist es nur eine Umschichterei. Bekämen wir für diesen Bereich Geld, wird es woanders wieder abgezogen. Legt der Gesetzgeber fest, dass Wasser und Abwasser eine kostendeckende Haushaltstelle sein soll, müssen wir besonders darauf achten, wirtschaftlich und kostengünstig zu handeln.
Thema Breitbanderschließung – wie ist da der Stand der Dinge?
Wir haben mehrere Angebote eingeholt, in der nächsten Gemeinderatssitzung können wir dann beschließen, wer den Auftrag ausführen soll. Start der Breitbanderschließung dürfte dann im Frühjahr sein.
Welche Ortsteile werden dann mit Glasfaserkabeln ausgestattet?
Ringelai selber ist fördertechnisch fast komplett außen vor. Wir sind durch Kabel Deutschland bestens abgedeckt, die Technik funktioniert ähnlich wie das Kabel-Fernsehen. Hier in Ringelai ist eine 100.000er Internet-Leitung möglich. Der Großteil der Erschließung wird daher draußen in den Ortschaften stattfinden.
Eine nahezu optimale Ausgangssituation, nicht?
Das stimmt so nicht ganz. Wir haben mit den Tücken des Marktes zu kämpfen. Die Anbieter spielen mit uns – und wir sind am Ende die schwächeren Partner. So gab es in regelmäßigen Abständen Bedarfsabfragen und sonstige Anforderungen, die die Gemeinde vorab zu leisten hatte. Diese Schritte muss man aber machen, sonst könnte einem die Förderung gestrichen werden. Deshalb sind wir froh, dass Ringelai selbst schon einigermaßen gut versorgt ist – hier ist flächendeckend LTE möglich. Die Technik der Telekom ist sowieso veraltet, eine Umrüstung ist daher unumgänglich – das wird jedoch gerne verschwiegen…
E-Wald-Projekt: „Versteckte Fördermittel für die Automobilkonzerne“
Was genau meinen Sie?
Teile unserer Hauptversorgungskabel sind noch sogenannte Papierkabel (siehe dazu folgender Wikipedia-Eintrag) – und deshalb sehr störanfällig… in diesem Zusammenhang fällt mir auch das Projekt E-Wald ein.
(aus Wikipedia: „Die Adernisolation soll einen möglichst hohen spezifischen elektrischen Widerstand haben und muss auch Überspannungen standhalten. Oft muss sie auch einen möglichst geringen dielektrischen Verlustfaktor haben.
Früher verwendete man dafür oft Papier, um die Feuchteempfindlichkeit zu verringern und die Durchschlagsfestigkeit zu erhöhen, tränkte man das Papier mit Öl oder Wachs. Öl-Papierkabel (auch Massekabel genannt) sind noch heute im Einsatz und im Hoch- und Mittelspannungsbereich den mit PVC isolierten Kabeln im Hinblick auf ihre Lebensdauer und Durchschlagsfestigkeit überlegen. Allerdings sind die Montagekosten enorm hoch, daher werden sie durch Kunststoffkabel mit einer Isolation aus vernetztem Polyethylen (VPE) ersetzt.“
Interessant. Wieso das?
Ich sehe hier versteckte Forschungsmittel für die Automobilkonzerne, die ihre Entwicklungsarbeit auf Kosten der Gemeinden, die sich an dieser GmbH beteiligt haben, betreiben. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Autohersteller die E-Auto-Entwicklung wirklich ernsthaft und zu konkurrenzfähigen Preisen vorantreiben wollen. Ich sehe dieses Projekt nicht als die Zukunft des ländlichen Raums. Es wären größere Batterien für die E-Autos notwendig, ein System mit Wechselakkus – mich überzeugt das Ganze offen gestanden nicht…
Apropos Entwicklung: Ist ein Ausbau des Ringelaier Gewerbegebietes geplant?
Wir haben insgesamt rund 30.000 Quadratmeter Gewerbeflächen zur Verfügung. Eine weitere Ausweisung voranzutreiben scheitert aber an den aktuell verfügbaren Ausweisungen.
Sind für die freien Flächen Anfragen vorhanden?
Es gibt immer wieder mal unverbindliche Anfragen – konkretere sind jedoch leider momentan nicht dabei.
Liegt’s am Standort, liegt’s an der Lage der Gemeinde Ringelai?
Wir im Talkessel haben hier keine optimale Anbindung an das weiterführende Straßennetz. Wir sind also nicht so nah dran an den großen Zentren. Ringelai ist eher für lokale Handwerksbetriebe interessant, die im Umkreis ihre Kunden haben. Wirtschaftliche Großansiedlungen wird es bei uns wohl nicht geben.
„Wir haben nicht den Spielraum anderer Gemeinden“
Klingt nicht gerade zuversichtlich…
In Sachen Ansiedlung von Großbetrieben ist es auch so. Unsere Stärken liegen hier eher in einer preiswerten Wohngemeinde mit hoher Lebensqualität, intaktem sozialen Umfeld und einer gesunden Umwelt.
In Ringelai gibt es auch einige Leerstände – die frühere Firma „Feuchter“, das „Bayerwald Schuhzentrum“. Wie versucht man, diese mit neuem Leben zu füllen?
Die Hallen der Firma Feuchter sind großteils vermietet – unter anderem an eine Zimmerei, an eine Fahrschule und eine Ergotherapie-Praxis. Weitere positive Entwicklungen zeichnen sich hier bereits ab. Ein anderes Objekt, das leer steht, ist das sogenannte Plail-Gebäude, das in einem Mischgebiet liegt – weshalb ein Handwerksbetrieb dort schwierig zu integrieren ist. Und einen Investor zu finden, der das Gebäude zu reinen Wohnzwecken aus- und umbaut, ist nicht weniger einfach. Nicht umsonst stehen solche Gebäude oft über einen längeren Zeitraum leer – was auch auf das Plail-Anwesen zutrifft.
Ein Kauf seitens der Gemeinde ist nicht möglich?
(lacht) Wenn wir das nötige Geld hätten, gern. Wir haben aber nicht den Spielraum anderer Gemeinden, wo die Gewerbesteuereinnahmen sprudeln.
Ein weiteres Problemkind war der Theaterstadl, nachdem vor einiger Zeit die einstigen Initiatoren aufgehört haben. Wie ist hier der Stand der Dinge?
Damals war es schon ein kleiner Schock, als die glorreichen Zeiten der Mund&Art Bühne zu Ende gegangen sind. Mittlerweile ist der Theaterstadl aber wieder sehr gut ausgelastet, viele und verschiedenste Veranstaltungen finden wieder darin statt. Gott sei Dank.
Vielen Dank für das Gespräch – und weiterhin alles Gute für die Zukunft.
Interview: Helmut Weigerstorfer und Stephan Hörhammer