Freyung-Grafenau/Regen. Bis zu 18 Stunden täglich arbeitet Philippsreuts Gemeinde-Oberhaupt Helmut Knaus zum Wohle seiner Gemeinde. Ein echter Fulltime-Job, wie er sagt. Und das obwohl der 53-Jährige nicht hauptamtlicher Bürgermeister ist. „Es ist formell betrachtet eine ehrenamtliche Stelle – aber nur rein theoretisch“, äußerte der Rathaus-Chef kürzlich im Hog’n-Interview. Lediglich eine Aufwandsentschädigung steht ihm zu, kein üppiges Bürgermeister-Gehalt, wie es vieler seiner Kollegen im Landkreis Freyung-Grafenau erhalten. Was die Frage aufwirft, ob ehrenamtliche Amtsträger zu wenig Geld für Ihre Dienste an der Allgemeinheit bekommen?!
Hauptausschlaggebender Punkt für die Bezahlung ist zunächst einmal der Status des Gemeindevorstehers. Hierbei wird zwischen sogenannten Ehrenbeamten und berufsmäßigen Bürgermeistern unterschieden. Im Landkreis Freyung-Grafenau sind derzeit zwölf der insgesamt 25 Rathaus-Chefs ehrenamtlich tätig – im Landkreis Regen 14 von 24. Berufsmäßige Bürgermeister gibt es nur in kreisfreien Gemeinden, in Großen Kreisstädten und in kreisangehörigen Gemeinden mit mehr als 5.000 Einwohnern.
In Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern ist der erste Bürgermeister in den allermeisten Fällen ehrenamtlich tätig, sollte dies nicht durch den Gemeinderat anderweitig festgelegt werden. Die Entlohnung ist dabei für Berufstätige sowie für Ehrenamtliche von der Einwohnerzahl und sonstigen örtlichen Verhältnissen abhängig. Dies alles ist durch das „Gesetz über kommunale Wahlbeamte und Wahlbeamtinnen“ (KWBG) geregelt.
Gemeinderat hat das letzte Wort
Demnach rangiert in einem Dorf mit bis zu 1.000 Bewohnern die monatliche Aufwandsentschädigung eines ehrenamtlichen „Häuptlings“ zwischen 1.072 und 2.788 Euro. Bei bis zu 3.000 Einwohnern gibt es mindestens 2.681 Euro monatliches Grundgehalt, maximal 4.022 Euro. Übersteigt die Einwohnerzahl die 5.000er-Marke, liegt die Entschädigung zwischen 4.000 und 5.150 Euro. Der Gemeinderat legt dabei den genauen Betrag in eigenem Ermessen fest. Zusätzlich erhält ein Bürgermeister – egal ob haupt- oder ehrenamtlich – weitere Gelder, wenn er zum Beispiel gleichzeitig Vorsitzender einer Verwaltungsgemeinschaft ist. In diesem Fall zwischen 160 und 670 Euro monatlich.
Trotzdem geht man als hauptberuflicher Gemeindevorstand am Monatsende schätzungsweise mit durchschnittlich rund 50 Prozent mehr Lohn nach Hause. Hinzu kommt eine sogenannte Dienstaufwandsentschädigung, welche sich auf monatlich 209 bis 687 Euro beläuft. Der genaue Betrag wird wiederum vom Gemeinderat nach eigenem Ermessen bestimmt. Allgemein orientiert sich die Entlohnung an der Beamtenbesoldung.
Nachgefragt bei Bürgermeistern aus der Region
Wir vom Onlinemagazin „Da Hog’n“ haben stichprobenartig vier Bürgermeister aus der Region befragt, wie’s denn wirklich ausschaut mit dem täglich Brot eines Gemeindevorstehers: Hackeln zum Hungerlohn oder „High Life“ auf Kosten der Gemeinde?
Kaspar Vogl, Bürgermeister der Gemeinde Grainet im Landkreis Freyung-Grafenau, hält die Aufwandsentschädigung eines Ehrenamtlichen für durchaus angebracht. Das Amt des Gemeindevorstands lasse sich sehr gut mit seinem Beruf als Lehrer verbinden – solange man auf ein gutes Zeitmanagement achte und sich seine Aufgaben dementsprechend einteile. So wird man das Graineter Gemeindeoberhaupt vormittags meist im Klassenzimmer antreffen – nachmittags dann hinterm Rathaus-Schreibtisch bzw. bei Terminen vor Ort.
Wichtig sei dabei, auch die Aufgaben innerhalb der Gemeinde weitsichtig zu verteilen. In diesem Zuge verweist Kaspar Vogl auf die „hervorragende Arbeit“ seiner Mitarbeiter: „Das funktioniert so ganz gut“. Ob er als hauptamtlicher Bürgermeister mehr für die 2.430 Einwohner seiner Gemeinde leisten könne, kann Vogl so nicht bestätigen. Er sieht aufgrund seines gut eingespielten Rathaus-Teams aktuell keinen Bedarf für einen berufsmäßigen Bürgermeister.
Bürgermeister: Formell ein Ehrenamt, aber eigentlich ein Fulltime-Job
Max Köberl, Oberhaupt der Gemeinde Ringelai im Landkreis Freyung-Grafenau sieht sich zwar „auf dem Papier als Ehrenamtler“ – eigentlich handele es sich mit 60 bis 70 Wochenstunden aber auch aus seiner Sicht um einen Fulltime-Job. Ihm zufolge würde „wirkliches Ehrenamt“, also zwei bis drei Stunden am Tag, unter keinen Umständen funktionieren. Folglich mache es für den 59-Jährigen keinen Unterschied, ob er seine Gemeinde nun hauptamtlich leiten würde.
Seine Kompetenzen sieht er als ehrenamtlicher Bürgermeister allerdings nicht beschränkt. Nach Meinung des Ringelaiers ist sein Amt zwar sehr fordernd und zeitaufwendig, er könne damit jedoch gut leben und komme gut damit zurecht. „Klar, es könnte immer mehr Gehalt sein“, doch das sei schließlich in jedem Beruf der Fall, bemerkt Köberl, der die 1.925 Einwohner starke „Schmalzdobl“-Gemeinde bereits seit 2008 vertritt.
Einwohnerzahl für Besoldung nur wenig aussagekräftig
Bürgermeister Hermann Brandl aus Arnbruck im Landkreis Regen (1.937 Einwohner), der seit 26 Jahren an der Spitze der Gemeinde steht, betrachtet sich und seine Position als „ehrenamtlich und hauptamtlich zugleich“. Mit 60 bis 80 Stunden Arbeitsaufwand pro Woche würde er sich nicht gerade als „Paradebeispiel für einen Ehrenamtler“ bezeichnen. Ginge es nach dem 63-Jährigen, solle sich die Besoldung eines Gemeindeoberhaupts insbesondere an dessen zu leistenden Aufgaben orientieren, weniger an der Einwohnerzahl.
Diese sage oft nur wenig über die tatsächlich zu leistende bzw. geleistete Arbeit aus. Außerdem kommt Brandl noch die Aufgabe des Vorsitzenden des Gemeindetags des Landkreises Regen zu. Vier- bis fünfmal jährlich versammeln sich dabei alle Vertreter der Gemeinden und Städte, um Informationen auszutauschen und die Lage der Region zu besprechen.
Ehrenamtliche Tätigkeit gehe oft zu Lasten der Gemeinde
Josefa Schmid, Bürgermeisterin der Gemeinde Kollnburg im Landkreis Regen (2.784 Einwohner) ist hauptberuflich Staatsbeamtin. Das Amt des Bürgermeisters übt sie ehrenamtlich aus. Zwar müsse sie Freizeitaktivitäten aufgrund eines Arbeitspensums von 60 und mehr Wochenstunden deutlich reduzieren, die Besoldung, die in ihrem Fall nach eigenen Angaben vom Gemeinderat auf ein Bruttogehalt von 3.897 Euro monatlich festgesetzt wurde, hält sie aber trotzdem für angemessen. Ginge es nach Meinung der 42-Jährigen, so sollten ab einer gewissen Gemeindegröße alle Bürgermeister berufsmäßig im Amt sein. Eine ehrenamtliche Tätigkeit gehe oft zu Lasten der Gemeinde, da es in diesem Fall dem Amtsträger selbst überlassen sei, wie viel Arbeit er leisten wolle, konstatiert die seit 2008 regierende Schmid.
Johannes Gress
Zur Info:
- Die ehrenamtlichen Bürgermeister im Landkreis Freyung-Grafenau (12 von 25):
Christian Süß (Eppenschlag), Heinz Binder (Fürsteneck), Kaspar Vogl (Grainet), Margot Fenzl (Haidmühle), Josef Kern (Innernzell), Roland Freund (Jandelsbrunn), Walter Bermann (Neureichenau), Alfons Schinabeck (Neuschönau), Helmut Knaus (Philippsreut), Max Köberl (Ringelai), Martin Geier (Schöfweg), Leopold Ritzinger (Zenting)
- Die ehrenamtlichen Bürgermeister im Landkreis Regen (14 von 24):
Gaby Wittenzellner (Achslach), Hermann Brandl (Arnbruck), Georg Bauer (Bayerisch Eisenstein), Anton Seidl (Geiersthal), Georg Fleischmann (Gotteszell), Alois Wildfeuer jun. (Kirchdorf im Wald), Josefa Schmid (Kollnburg), Otto Probst (Langdorf), Gertrud Menigat (Lindberg), Willibald Dietl (Patersdorf), Andreas Eckl (Prackenbach), Michael Schaller (Rinchnach), Werner Troiber (Ruhmannsfelden), Michael Dachs (Zachenberg)
Meiner Meinung nach verdient unser Bürgermeister Knaus zu wenig für das, was er leistet. Als ehrenamtlich kann man diese (und auch andere Bürgermeister-Stellen) ohnehin nicht bezeichnen.
nirgendwo anders als in Bayern werden Statistiken so dreist schöngerechnet und verfälscht wie in Bayern um das Versagen der Politik zu vertuschen und um sich selbst wirtschaftlichen Sachverstand zu zu schreiben und das das System des sich bei jeder Gelegenheit die Taschen vollzustopfen zu rechtfertigen (siehe Gröbenzell Rente mit 43 und lesen sie weiter unten***). Die oft mickrigen Altersrenten und die Zunahme der prekären Beschäftigung und die hohe Zahl der „Stillen Reserve“ in ländlichen Regionen sind Beleg für meine Darlegungen!
Die AWO zeigt mit ihrem Sozialatlas „AWO-Sozialatlas“: In Bayern leben zu viele Menschen am Rand der Gesellschaft. Betroffen sind davon die unterschiedlichsten Gruppen – von jung bis alt.
Nach der offiziellen Armutsdefinition seien 1,72 Millionen Menschen im reichen Freistaat von Armut gefährdet und tatsächlich arm. Betroffen sind davon die unterschiedlichsten Gruppen – von jung bis alt:
-Kinder: Rund 120 000 junge Bayern sind noch nicht mal 16 Jahre alt und leben demnach schon von „Hartz IV“.
– Alleinerziehende: 41 Prozent der 400 000 Alleinerziehenden im Freistaat sind den Zahlen der AWO zufolge von Armut gefährdet. Das wiederum ist für AWO-Vorsitzende Thomas Beyer ein Armutszeugnis: „Eigentlich eine Schande“, kommentierte er diese Zahlen.
– Rentner: Rosig ist auch die Lage der Durchschnittsrentner und derjenigen, die es bald werden, im Freistaat nicht, wenn man den Zahlen der AWO glaubt. Demnach lag die durchschnittliche Rente für die Erstbezieher im Jahre 2012 bei 723 Euro (Männer: 941, Frauen: 516, Bundesdurchschnitt 757 Euro). Zum Vergleich die griechische Durchschnittsrente im Jahr 2014: 960 Euro. Daher ist jeder vierte Rentner im Freistaat von Armut bedroht. Deswegen fordert die AWO in ihrem Sozialatlas, das Rentenniveau nicht weiter abzusenken und zudem eine Mindestrente zu gewähren.
– Pflegebedürftige: 34 Prozent der Bewohner von Pflegeheimen sind nach den Zahlen aus den AWO-Heimen auf Sozialhilfe angewiesen.
– Obdachlose: Wie vielen Menschen in Bayern das Geld nicht mal mehr für ein eigenes Zuhause reicht, wisse man nicht, weil es darüber keine Statistik gebe. Zahlen darüber seien „nicht gewollt“, ist der AWO-Vorsitzende überzeugt.
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Selbstbedienungs-Paradies Bayern: In allen Bundesländern bewilligen sich Politiker selbst viel Geld – „aber der Freistaat treibt es auf die Spitze“, urteilt Verwaltungsrechtler Hans-Herbert von Arnim. Der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim prangert die Selbstbedienungsmentalität der bayerischen Politiker an: „Bayern ist Deutscher Meister im gezielten Verstecken verbotener selbstbewilligter Zuwendungen.“ Besonders großzügig ist das bayerische Recht bei den Mitgliedern der Regierung. Sie kassieren das Gehalt als Minister oder Staatssekretär plus einen Teil der Abgeordnetendiät plus einen Teil der steuerfreien Kostenpauschale. Andere Bundesländer verrechnen das viel radikaler: Da gibt’s dann gar keine oder eine stark gekürzte Abgeordnetendiät. Das führt dazu, dass in Bayern schon ein Staatssekretär mit 19.116 Euro im Monat deutlich mehr verdient als der Ministerpräsident von Hessen (16.628 Euro), Niedersachsen (15.660 Euro), Saarland (14.398 Euro) oder gar Schleswig-Holstein (12.558 Euro, jeweils verheiratet ohne Kinderzuschläge).
Lieber Erich, hier ging es aber um die Entlohnung der ehrenamtlichen Bürgermeister! Schön, dass Sie soviel Informationen haben, aber bitte auf das Thema achten…
Liebe Bayern,
ein lieber Gruß aus Schleswig-Holstein: Ihr führt Luxusdebatten in Hinblick auf die Aufwandsentschädigungen der ehrenamtlichen BGMs!
Stellt doch mal die Aufwandsentschädigungen aus Schleswig-Holstein dagegen, und dann erst redet weiter über „Ehrenamt“! Und bitte auch auflisten, wie die Steuerfreibeträge für Bürgermeister-Vergütungen in jedem Bundesland unterschiedlich sind.