Jandelsbrunn. Rund 1.200 Arbeitsplätze stehen in der Gemeinde Jandelsbrunn zur Verfügung – somit gehört die Nachbargemeinde der Stadt Waldkirchen in dieser Hinsicht sicherlich zum Spitzenfeld des Landkreises Freyung-Grafenau. Dort möchte man Bürgermeister sein, denkt man sich. Und genau das hat Roland Freund für die Parteilose Wählergemeinschaft Hintereben (PWGH) im März dieses Jahres etwas überraschend geschafft. Nach Querelen im Vorfeld der Kommunalwahlen setzte er sich gegen Klaus Tanzer (Freie Gemeinschaft Jandelsbrunn) durch. Im Interview mit dem Onlinemagazin „da Hog’n“ spricht der frühere Postbeamte über eben diese Zeit, über die Asylbewerber-Problematik und über die Wirtschaft in seiner Gemeinde. Hog’n-Redakteur Helmut Weigerstorfer traf auf einen „einfachen Mann aus dem Volk“, der zwar rhetorisch nicht zu den besten seiner Zunft gehört, aber dennoch klare Aussagen trifft. In der Kürze liegt die Würze. Der 46-Jährige dürfte somit das oft klischeehafte Bild eines Waidlers wie kein anderer Bürgermeister im Landkreis erfüllen.
Roland Freund, Bürgermeister der Gemeinde Jandelsbrunn – wie hört sich das an?
Lange habe ich das Ganze gar nicht so richtig glauben können, das muss ich ganz ehrlich zugeben. Aber mit der Zeit arbeitet man sich ein, kommt mit dem Amt immer besser zurecht. Keine Frage: Für mich persönlich war es ein großer Schritt. Ich war mir aber der Aufgabe bewusst, auch wenn meine Wahl zum Bürgermeister zweifelsohne eine Überraschung war (lacht). Bisher bereue ich aber keine Minute.
Wie lange braucht man denn als Neueinsteiger um sich einzuarbeiten?
Auch jetzt befinde ich mich noch in der Findungsphase. Bestimmte Abläufe lernt man schneller kennen, andere wiederum brauchen etwas länger. Generell lernt man als Bürgermeister nie aus, nur dazu. Man muss sich mit den Vorgängen beschäftigen, sich dafür interessieren, erst dann wird man ein guter Bürgermeister. Mir ist klar, dass ich in meiner neuen Funktion so gut wie nie zu Ruhe komme. Doch bisher komme ich damit gut zurecht, dass ich überall angesprochen und oft mit Problemen konfrontiert werde.
Quereln vor den Wahlen: „Kein Kommentar dazu“
Die Querelen vor den Bürgermeister-Wahlen in Jandelsbrunn haben für Aufsehen gesorgt. Ihre Meinung zu diesen Vorfällen?
Zu diesem Thema habe ich während des Wahlkampfes keinen Kommentar abgegeben – und werde das auch jetzt nicht tun. Im Endeffekt haben mir diese Dinge mehr Nutzen gebracht als Nachteile.
Es war aber einfacher für Sie, dass die CSU, gemeinhin als Volkspartei bezeichnet, keinen Kandidaten gestellt hat, oder?
Ja, keine Frage.
Ist es ein Vor- oder Nachteil als Bürgermeister nicht der CSU anzugehören?
Bis jetzt habe ich nicht das Gefühl, dass es ein Nachteil ist. Ich habe mit CSU-Mandatsträger im Landkreis bisher gut zusammengearbeitet. Der Name und Charakter des Einzelnen ist bei uns noch mehr Wert als die Parteizugehörigkeit.
Haben Sie es eigentlich als Hinterebener in Jandelsbrunn doppelt schwer?
An bestimmen Dingen erkennt man schon noch, dass Hintereben als ‚das kleine Dorf‘ in der Gemeinde Jandelsbrunn angesehen wird. Bei den Wahlen und in meiner bisherigen Amtszeit hat es in dieser Hinsicht bisher keine Probleme gegeben – zumal ich auch seit elf Jahren im Jandelsbrunner Ortsteil Pfifferhof wohne.
Zwischen den früheren Gemeinden Hintereben, Jandelsbrunn und Heindlschlag gibt es also keine große Rivalität mehr?
Nein. Einen wichtigen Beitrag dazu leistet die ausgewogene Verteilung der Mandatsträger im Gemeinderat. Und auch generell fließt kein böses Blut zwischen den einzelnen Ortsteilen.
Trotzdem haben Sie im Gemeinderat keine Mehrheit, die hinter Ihnen steht. Nicht ganz einfach, oder?
Stimmt, aber irgendwie ist es auch gut so. Bei uns ist eine Zusammenarbeit der einzelnen Gruppierungen unabdingbar, nur dann können wir Entscheidungen treffen. Ich bin ein Mensch, der nicht auf seinen Vorteil bedacht ist, sondern eher einer, der das große Ganze, also die Gemeinde, im Sinn hat.
Klaus Tanzer: „Zu Beginn war er der Favorit, auch für mich“
Nach Politik-Urgestein Hans Wegerbauer galt lange Zeit Martin Bauer als dessen „Thronfolger“, der in Folge der CSU-Querelen auf seine Kandidatur verzichtet hat. Hätten Sie auch gegen ihn einen Wahlsieg feiern können?
Es wäre zumindest deutlich schwieriger gewesen. Betrachtet man den Rückhalt innerhalb der Bevölkerung, den ich während des Wahlkampfes genießen durfte, hätte ich aber sicher auch gegen Martin Bauer eine Chance gehabt.
Wie würden Sie den Wahlkampf mit Klaus Tanzer beschreiben?
Es war ein sehr fairer Wahlkampf, währenddem jeder seine Stärken ausgespielt hat. Klaus Tanzer war langjähriger Gemeinderat und hat schon einmal für das Bürgermeister-Amt kandidiert. Offen gesagt: Zu Beginn war er der Favorit, auch für mich.
Warum hat sich die Jandelsbrunner Bevölkerung dann für Sie entschieden?
Man kann nur Mutmaßungen anstellen, aber: Aus meiner Sicht ist der große Rückhalt innerhalb der Altgemeinde Hintereben ein großer Trumpf gewesen. Zudem dürfte mein Alter – ich bin mit 48 Jahren deutlich jünger als Klaus Tanzer – eine Rolle gespielt haben. Diese Faktoren haben dann letztlich den Unterschied ausgemacht.
Hans Wegerbauer, mittlerweile zum Altbürgermeister ernannt, war 18 Jahre lang Gemeindechef. Wie groß sind die Fußstapfen, die er hinterlassen hat?
Enorm groß. Anfangs schwimmt man darin, später passt man sich aber langsam an. Hans Wegerbauer hatte am Ende seiner Amtszeit schon sehr spezifische Ziele, die er auch nach und nach umgesetzt hat. Deshalb hat er sich den Ruhestand auch redlich verdient (lacht). Es wurde aber auch deutlich, dass die Gemeinde die nächste, jüngere Generation gerne auf dem Bürgermeister-Sessel sehen wollte.
„… möchte man dieses Amt nicht nur sechs Jahre bekleiden“
Der Tenor im Landkreis: Die Gemeinde Jandelsbrunn steht gut da, hat keine größeren Probleme. Wo drückt aus Ihrer Sicht der Schuh?
Notwendige Investitionen, die in den Millionenbereich gehen, sind in der Vergangenheit etwas geschoben worden – das Kanalnetz muss saniert, die Wasserversorgung auf Vordermann gebracht, das Schulhaus neu gebaut werden – und außerdem ist eine Städtebaumaßnahme im Ortskern von Jandelsbrunn geplant. Dass man unpopuläre Maßnahmen nicht mehr durchgezogen hat, ist irgendwie logisch. Dennoch ist es eine große Herausforderung für mich als Neu-Bürgermeister, diese Projekte durchzuführen.
Die Gemeinde Jandelsbrunn steht aber dennoch nicht vor einem Berg unlösbarer Probleme?
Nein, das nicht. Man muss ein Konzept aufstellen – und dann über einen Zeitraum von sechs bis acht Jahren die Punkte abarbeiten.
Acht Jahre? Das wäre dann in Ihrer zweiten Amtsperiode. Sie planen also längerfristig, Bürgermeister zu sein?
Entscheidet man sich in meinem Alter, Bürgermeister werden zu wollen, möchte man dieses Amt nicht nur sechs Jahre bekleiden. Dennoch hat vorerst die erste Periode Priorität – dann lasse ich mich an meinen Vorgaben messen, dann hinterfrage ich mich selber.
Welche Ansprüche haben Sie an sich selber?
Ich möchte nach sechs Jahren durch die Gemeinde fahren und Dinge sehen, die sich innerhalb meiner Bürgermeister-Zeit entwickelt haben – und auch von anderen Kommunen anerkannt werden.
Viel diskutiertes Thema sind derzeit die Asylbewerber und deren Unterbringung in der Region. Auch Jandelsbrunn werden demnächst Flüchtlinge zugewiesen. Wie bereitet man die Bevölkerung darauf vor? Wie kann man schon im Voraus Vorurteile abbauen?
Nachdem wir die Mitteilung bekommen haben, haben wir zuerst einen ‚kleinen runden Tisch‘ mit Vereinsvorständen, mit der Kirche und der Gemeindeverwaltung initiiert. Der nächste Schritt war eine Bürgerversammlung, in der wir alles konkret besprochen haben. Es ist wichtig, dass sich die Asylbewerber von Anfang an bei uns wohlfühlen. Sie sind Gäste – und so sollen sie auch behandelt werden. Man muss offen mit diesem schwierigen Thema umgehen, nur so kann man im Vorfeld den Wind aus den Segeln nehmen.
Flüchtlingswelle: „Unsere Landesregierung ist überfordert“
Immer wieder ist die Rede von einer Asylbewerber-Flut. Wie geht man als Bürgermeister damit um, dass jede Minute das Telefon läuten könnte und neue Unterkünfte gebraucht werden?
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg hat es viele Flüchtlinge in der Region gegeben. Schon damals hat die hiesige Bevölkerung zusammengehalten und die vertriebenen Menschen freundlich aufgenommen. Wir stellen uns dieser Aufgabe und gehen offen damit um. Dass in dieser Hinsicht noch größere Probleme auf uns zukommen, glaube ich nicht. Was die Zukunft betrifft, sehe ich in den Asylbewerbern sogar einen Vorteil. Wir werden weltoffener – und die Einflüsse anderer Kulturen kommen uns sicher zu Gute.
Ist der Waidler bereit dafür?
Die jüngere Generation denkt in dieser Hinsicht anders als die ältere. Dass auf dem Land die Asyl-Thematik mit Argusaugen beobachtet wird, wird sich bald ändern, davon bin ich überzeugt.
Werden die Landkreise und Bürgermeister in Sachen Zuweisung von Asylbewerbern vor vollendete Tatsachen gestellt?
Freilich ist es im ländlichen Raum schwieriger, Asylbewerber unterzubringen als in den Großstädten, denn dort gibt es einfach mehr geeignete Unterkünfte. Sind Geschäfte vorhanden und einen passende Nahverkehrsanbindung, ist es viel einfacher, diese Menschen zu integrieren. Ich glaube durchaus, dass unsere Landesregierung mit der Art und Weise der Flüchtlingswelle überfordert ist. Die Verantwortlichen hatten einfach nicht die Zeit, ihre Vorgaben umzusetzen. Sicherlich wünscht man sich, dass man da als Bürgermeister eher mit eingebunden wird – aber ich kann deren Probleme durchaus verstehen.
Themawechsel: In Sachen Wirtschaft gehört die Gemeinde Jandelsbrunn zu den stärksten Kommunen im Landkreis. Wie geht’s im neuen Gewerbegebiet am Ortseingang voran?
Wir können stolz sein auf die dortige Entwicklung. Vier Betriebe haben sich mittlerweile angesiedelt, eine Parzelle ist noch frei – und auch die ist nicht mehr lange zu haben. Dann sind wir gefordert, neue Gewerbeflächen auszuweisen. Mich freut es, dass dort vor allem heimische Firmen ihre Heimat haben und auch überwiegend hiesige Menschen arbeiten. Immerhin sind dort rund 80 Arbeitsplätze entstanden.
„Manche Aufgaben sollten in der Hand des Staates bleiben“
Welche Rolle spielt dabei die Infrastruktur. Wird der ländliche Raum hier benachteiligt?
Ja. Schon allein, wenn man sieht, wie lange es braucht, bis Erweiterungsmaßnahmen umgesetzt werden. Bis wir endlich einen durchgehenden dreispurigen Ausbau der B12 haben, werden sicher noch 15 Jahre vergehen.
Ein klarer Standortnachteil, oder?
Der Verkehrsweg ist nur eine von vielen Baustellen. Vorrangig müssen wir unsere eigene Lage in den Vordergrund stellen. Jandelsbrunn kann man irgendwie als Mittelpunkt bezeichnen – innerhalb einer halben Stunde ist man in Passau, in der gleichen Zeit auch schon fast in Linz. Und auch Tschechien ist nicht weit entfernt. Nach wie vor können die ländlichen Kommunen auch beim Preis für Gewerbeflächen punkten.
… doch leider weniger mit der Internetverbindung, wie?
Diese Angelegenheit wird immer wieder nach hinten verschoben, ärgerlich. Es ist schön, dass die Regierung Mittel zur Verfügung stellt, alleine könnten die Gemeinden diese Kosten nicht schultern. Leider wird aber mit dem Ausbau dort begonnen, wo sowieso schon eine Verbindung besteht. Die Neuanschlüsse werden zurückgestellt. Für mich einfach nicht nachvollziehbar.
Hätte dieses Projekt nicht privatisiert werden sollen?
Viele Beispiele zeigen, dass es manchmal besser ist, wenn solche Aufgaben in der Hand des Staates bleiben. Dann wäre auch die Breitbandversorgung deutlich schneller verwirklicht worden.
Knaus-Tabbert: „Wir sind froh, dass die Krisenzeiten vorbei sind“
Wie abhängig ist die Gemeinde Jandelsbrunn von Wohnwagenhersteller Knaus-Tabbert?
Die Gemeinde Jandelsbrunn ist Knaus-Tabbert – und Knaus-Tabbert ist die Gemeinde Jandelsbrunn. Mit dem ganzen Drumherum sind dort rund 1.000 Menschen beschäftigt. Wir sind sehr glücklich, dieses Unternehmen hier zu haben – und auch, dass die Krisenzeiten vorbei sind.
Letztes Thema: Die Polizeipräsenz in der Region. Auch Sie haben den Vorschlag von Heinz Pollak, in Waldkirchen eine Polizeiinspektion zu errichten, unterstützt. Haben wir zu wenig Polizeibeamte?
Die derzeitige Kriminalitätsrate, die wir zum Beispiel in Jandelsbrunn haben, gerechtfertigt mindestens die aktuelle Personenstärke der Waldkirchener Polizei. Es muss weiterhin die Präsenz und Sicherheit gewährleistet sein und es muss sichergestellt werden, dass rund um die Uhr die Beamten nach mindestens 15 Minuten am Einsatzort sind. Um das große Einsatzgebiet der Waldkirchener Polizei abdecken zu können, brauchen wir mindestens zwei Streifenbesatzungen.
Herr Freund: Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für die Zukunft.
Interview: Helmut Weigerstorfer
Kann mir die Redaktion erklären, warum Roland Freund den klischeehaften Bild eines Waidlers entspricht? Sollte es am Trachtenjancker liegen, müssten 80% der bayerischen Mandatsträger Waidler sein. Sollte man rethorisch nicht zu den besten seiner Zunft gehören, ist man auch ein Waidler, bedeutet, der Waidler ist nicht in der Lage sich verständlich auszudrücken.So vermitteln es meistens, leider auch die im Bayerischen Wald, die Medien.
Für mich ist Roland Freund ein Volksvertreter der mehr Mensch ist als taktierender Politiker ist. Mir sind ehrliche und verlässliche Aussagen mehr wert, als das geschliffene Poltikallerlei.
Vieleicht schaffen wir es einmal, daß das Bild des Waidlers mit Wötern wie zielstrebig, ehrlich, offen und so weiter, positiv eben in Verbindung gebracht wird, erst dann entspricht Roland Freund den Bild eines klischeehaften Waidlers.
Gunther Ilg
Waldkirchen
Vielen Dank für die Rückmeldung, Herr Ilg.
Bitte beachten Sie: Wir schreiben nicht, DASS er diesem klischeehaften Bild entspricht. Der Unterschied liegt in dem kleinen Wörtchen „DÜRFTE“ begründet…
Wir sind durchaus der Meinung, dass Herr Ilg authentisch und, wie Sie es bezeichnen, „ehrlich und auch verlässlich“ im Interview rüberkommt. Genaus das war auch der Eindruck unseres Redakteures während des Gesprächs und beim Transkriberen des Interviews. Ebenso denken wir, dass man beim Lesen des gesamten Gesprächs durchaus den Eindruck gewinnen kann, dass es sich bei Herrn Freund um einen „zielstrebigen, ehrlichen und offenen“ Menschen handelt.
Beste Grüße
da Hog’n
Lese ich da etwas falsch oder warum soll jetzt in der Antwort der „Leserbriefschreiber“ Ilg authentisch ec. rüberkommen. Ich dachte es geht um den Bürgermeister Freund.
Lieber Schreiner Karl, sorry, Du hast natürlich recht, wir meinen Roland Freund und nicht den Herrn Ilg :-)