Rinchnach. Es musste schnell gehen in der Gemeinde Rinchnach. Nach dem aus gesundheitlichen Gründen vorzeitigen Ausscheiden von Bügermeister Franz Dannerbauer, der erst im Frühjahr 2020 sein Amt antrat, musste flugs ein Nachfolger her. Ein Trio bewarb sich darum – letztlich setzte sich Simone Hilz in der Stichwahl am 23. Mai durch. Ähnlich rasant wie die Wahlkampf-Zeit ging es für die 34-Jährige sogleich auf dem Rathaus-Sessel weiter, wie sie im Interview mit dem Onlinemagazin da Hog’n im Rahmen ihrer 100-Tage-Bilanz berichtet.
Frau Hilz, starten wir doch das Interview mit einem kleinen Rückblick. Wie verlief Ihre Anfangsphase als Bürgermeisterin der Gemeinde Rinchnach bisher?
Spannend. Ich hatte überhaupt keine Schonfrist. Am Pfingstsonntag war Stichwahl-Tag, am Dienstag nach den Feiertagen habe ich meinen Dienst angetreten. Gezwungenermaßen. Denn im Fall des krankheitsbedingten Ausscheidens aus dem Bürgermeisteramt gibt es zwischen Wahltag und Amtsantritt laut Gesetz keine Übergangsfrist. Insofern war es sehr spannend und interessant. Man sitzt zunächst einmal vor dem Schreibtisch – und fängt einfach an zu arbeiten.
Es hat also keine Übergabe stattfgefunden?
Nein, nicht in dem Sinne. Herr Dannerbauer ist ja krankheitsbedingt ausgeschieden. Sein Stellvertreter, Herr Lemberger, ist deshalb eingesprungen. Ein geordneter Übergang war deshalb einfach nicht möglich.
„Es gibt auf 1001 Fragen immer eine Antwort“
Wie lange haben Sie gebraucht, um sich zurecht zu finden und in wichtige Themen einzuarbeiten?
Eins vorweg: Ich hatte jetzt keine Angst vor dieser Aufgabe. Viele Themen sind ja bekannt, wenn man in der Gemeinde lebt. Ansonsten funktioniert die Verwaltung hervorragend. Es gibt auf 1001 Fragen immer eine Antwort.
War es angesichts dessen vielleicht sogar ein Vorteil, dass sie in der Corona-bedingt eher Termin-armen Zeit loslegen konnten?
Das stimmt schon irgendwie. Gerade in meiner Anfangsphase hatte ich so gut wie keine Abendtermine. Nichtsdestotrotz hat sich mein Arbeitstag bis in die späten Stunden hinein gezogen. Und das tut er nach wie vor.
Der Arbeitsumfang ist aber nicht überraschend für Sie, oder?
Nein, nein. Es ist so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Entscheidung zum Bürgermeister zu kandidieren, muss wohl überlegt sein. Und das war es bei mir tatsächlich. Es juckt einfach in den Fingern, wenn ich an diese Herausforderung denke.
Gehen wir noch einen Schritt weiter in die Vergangenheit: Wie blicken Sie auf den Wahlkampf ganz allgemein zurück?
Eine sehr interessante Phase – vor allem in Corona-Zeiten. Man musste auf Zaungespräche setzen und generell versuchen, an den Wähler zu kommen ohne Kontakt zu haben. Mit meiner Ausbildung als Mediengestalterin bin ich im Marketingbereich groß geworden. Kreativität gehört bei mir dazu. Das kam mir zugute während des Wahlkampfs. Simone Hilz soll für moderne, andere Methoden stehen – nicht für das Klassische. Das habe ich mir von Beginn an vorgenommen – und, wie ich finde, bisher auch durchgesetzt.
Studium oder Bürgermeisteramt? Ausgang bekannt…
War die Wahlkampf-Aktion von Rita Röhrl, die sich für Sie als SPD-Kollegin als Bürgermeisterin aussprach, eine „unzulässige Wahlbeeinflussung“?
Dieses Thema möchte ich nicht mehr kommentieren.
Können wir gerne so stehen lassen. Themawechsel: Bei den turnusmäßigen Wahlen 2020 hieß das Duell um den Rathaus-Sessel noch Dannerbauer gegen Kurz. Nach dem krankheitsbedingten Ausscheiden des Wahlsiegers von damals sind nur ein Jahr später gleich drei andere Kandidaten zur Wahl gestanden. Wie erklären Sie sich das?
Bürgermeister-Kandidat Kurz hat mich 2020 für die Gemeinderatsliste akquiriert. Nach seiner nicht unerheblichen Niederlage damals hat er sich entschlossen, heuer nicht mehr anzutreten – weshalb ich ins Spiel gekommen bin. Darüber hinaus war es klar, dass die CSU nach dem Ausscheiden von Anton Dannerbauer ebenso wieder einen Kandidaten ins Rennen schicken wird. Dass die Freien Wähler mit Reinhard Berger auch mitmischen, war dann eine kleine Überraschung.
Warum haben Sie sich dazu entschlossen, bei den Wahlen anzutreten?
Meine Kinder sind inzwischen in der fünften und siebten Klasse. Aus diesem Grund wollte ich mich beruflich neu orientieren. Zuletzt war ich als Verkehrsleiterin beschäftigt. Ich wollte allerdings etwas Neues probieren – zumal ich wieder an eine Vollzeit-Stelle denken konnte. Das Politische interessiert mich ohnehin. Ich bin also vor der Entscheidung gestanden: Studium oder Bürgermeisteramt. Ausgang bekannt.
Von der persönlichen zur sachlichen Ebene: Wo drückt der Schuh in der Gemeinde Rinchnach? Welchen Herausforderungen wollen Sie sich zuallererst stellen?
Den Ausbau des Kindergartens müssen wir möglichst schnell plan- und bautechnisch in Angriff nehmen und umsetzen. Ähnliches haben wir mit dem Feuerwehrhaus vor. In diesem Zusammenhang gilt es etwas aufzuklären. In der Gemeinde ging lange die Meinung um, beide Vorhaben stehen in einer Konkurrenzsituation zueinander – immerhin handelt es sich jeweils um Millionen-Projekte. Das ist aber keinesfalls so. An dritter Stelle kommt dann bereits die Dorferneuerung.
„Ich bin nicht die übliche Schreibtisch-Täterin“
Insgesamt also viele Projekte, die langfristiger zu sehen sind.
Die Kindergarten-Angelegenheit ist relativ neu und muss auch schnell umgesetzt werden. Das Feuerwehrhaus steht schon länger auf der Agenda. Und eine Dorfneuerung ist bekanntlich nichts, was innerhalb kürzester Zeit erledigt werden kann. Eine ausgeprägte Jugend- und Seniorenarbeit sowie Angebote für Familien, insgesamt die Aufbesserung der kulturellen Angebote sind absolut wichtig für ein intaktes, aktives Gemeindeleben.
Insgesamt stehen also eher die Pflichtaufgaben an.
Ja, das stimmt schon.
Welche Themen sind dann „typisch Hilz“?
Die Modernisierung. Arbeitsabläufe innerhalb des Rathauses müssen angepasst und vor allem digitalisiert werden. Viele verwaltungstechnische Angelegenheiten sollen künftig von Zuhause aus per Smartphone oder Tablet erledigt werden können.
Wir sind also wieder bei den von Ihnen zuvor angesprochenen „modernen Methoden“?
Genau. Dazu zählt auch, dass ich als Bürgermeisterin viel vor Ort und immer erreichbar bin. So kann es auch mal vorkommen, dass ich den Telefondienst hier im Rathaus übernehme. Ich bin nicht die übliche Schreibtisch-Täterin.
Just in der heißen Wahlkampf-Zeit sorgte ein in Rinchnach lebender „Reichsbürger“ mit einem Brief an die Kreisräte für Aufsehen. Darin forderte er sie dazu auf, ihm die Rechte an Besitz und Boden zu überschreiben. Gibt es hierzu Neuigkeiten?
Auch ich als Gemeinderätin habe diesen Brief bekommen. Das Thema hat sich aber eigentlich erledigt.
Erst Ruhe, dann Priorisierung
Wie versucht man als Bürgermeisterin derartigen Problemen und Aufregern entgegenzuwirken – oder gar nicht erst aufkommen zu lassen?
Wichtig ist allen voran, in allen Lebenslagen Ruhe zu bewahren. Der zweite Schritt ist Priorisierung. Man kann nicht alles auf einmal abarbeiten – deshalb muss man unterscheiden, was wichtig und vielleicht nicht weniger wichtig ist.
Ist man als Bürgermeisterin irgendwie auch vom Schicksal abhängig? Vorheriges Beispiel als negatives. Die Initiative rund um das Rote Schulhaus als positives.
Naja, wann ist man nicht vom Schicksal abhängig? Aber es stimmt schon, die Entwicklung des Roten Schulhauses ist ein absoluter Glücksfall für die Gemeinde.
Danke für das Gespräch und alles Gute für die Zukunft.
Interview: Helmut Weigerstorfer