Freyung. Es sollte eine „Überraschung“ werden für die, die im Inneren des Kurhauses ihre nationalistischen und fremdenfeindlichen Parolen skandierten. Daher war vorab weder in den Sozialen Medien noch in der Presse offiziell von der Gegendemonstration zur AfD-Parteiveranstaltung am vergangenen Sonntag in der Kreisstadt zu lesen. Eine Überraschung, die die rund 200 Teilnehmer, ein überparteiliches Bündnis engagierter Freyunger Bürger, als überaus gelungen bezeichnen dürfen.
„Wir wollen signalisieren, dass Fremdenhass, antieuropäische und nationalistische Vorstellungen bei uns in Freyung nicht erwünscht sind“, hieß es von Seiten der Organisatoren, die sich im Vorfeld via Messenger-Dienste untereinander verständigten. Es sollte eine friedliche und schweigende Demo werden, mit bunten Regenschirmen und Transparenten, auf denen Sätze wie „Rassisten sind keine Alternative“ oder „Auch ausländische Kinder sind Spielkameraden“ zu lesen waren. Ein Zeichen gegen Spaltung und Ausgrenzung, für die die Partei „Alternative für Deutschland“ steht.
„Stadt war gezwungen, das Kurhaus an die AfD zu vermieten“
Die Frage, warum die Stadt Freyung den AfD-Anhängern um Kartin Ebner-Steiner, der Fraktionsvorsitzenden im Bayerischen Landtag und Sympathisantin des sog. völkisch-nationalistischen Flügels, Gastrecht im Freyunger Kurhaus, einer der zentralen Einrichtungen der Stadt gewährt, beantwortet zweiter Bürgermeister Alexander Muthmann auf Hog’n-Anfrage wie folgt:
„Die Stadt Freyung hat das Kurhaus in der Vergangenheit schon verschiedenen Parteien für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt. In diesem Fall muss die Stadt sowohl nach der Gemeindeordnung als auch aus verfassungsrechtlichen Gründen allen Parteien, die nicht durch das Verfassungsgericht verboten sind, das Kurhaus für Parteiveranstaltungen zur Verfügung stellen. Da ist die Rechtslage völlig klar, deswegen war die Stadt auch gezwungen, das Kurhaus an die AfD zu vermieten. Private Gastwirtschaften sind da in ihrer Entscheidung freier.“
Muthmann freue sich über die Gegendemonstration, „die zeigt, dass die AfD und die von ihr vertretenen Ideen in Freyung unerwünscht sind“. Er selbst konnte nicht an der Demo teilnehmen, da er seine Frau bei ihrem beruflichen Auslandseinsatz in Südostasien besuchte.
„Stehen zusammen, um unsere Heimat vor Hass zu schützen“
Auch Freyungs erster Bürgermeister Olaf Heinrich, der offiziell im Urlaub weilte, nahm an der Gegendemonstration teil. Unsere Anfrage, wer die AfD-Veranstaltung im Kurhaus konkret arrangiert hatte, wollte er unserem Onlinemagazin gegenüber – trotz mehrmaliger Nachfrage – nicht beantworten.
Bei Facebook gab er jedoch Folgendes bekannt:
„Stiller Protest gegen MdL Ebner-Steiner (AFD) Die Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag und Mitglied des völkisch-nationalen Flügels hielt gestern Abend eine Veranstaltung im Kurhaus-Nebengebäude ab. Während die Veranstaltung inklusive Mitarbeiter und Organisatoren gut 15 Personen besuchten, standen vor dem Eingang deutlich über 200 Demonstranten. Überparteilich, überkonfessionell, bunt, friedlich stand die Freyunger Zivilgesellschaft bereit um zu zeigen: Nationalismus darf in diesem Land keine Rolle spielen. Menschenrechte gelten für jeden Menschen. Rechtspopulismus ist keine Lösung für die Probleme unserer Gesellschaft, über die man natürlich kontrovers diskutieren muss und die nicht wenige sind. Stiller Protest, angemeldet von Sebastian Schlutz, dem ich für seinen Einsatz danke. Alle Stadtratsfraktionen waren vertreten, ebenso viele Kollegen aus dem Kreistag. Ein starkes Signal. Ich bin dankbar, in einer Stadt zu leben, in der so etwas möglich ist.“
Sebastian Schlutz, Kreisvorsitzender der Jungen-Wähler-Union, kommentierte wiederum auf seiner Facebook-Seite:
„Gegen den Hass! Gemeinsam mit über 200 Bürgern aus Freyung und dem ganzen Landkreis haben wir bei einer Veranstaltung der AfD mit deren bayerischen Fraktionsvorsitzenden im Landtag ein klares Zeichen gesetzt, dass wir diese Partei in unserer Heimat nicht wollen und nicht brauchen!
Trotz Regen, Wind und Kälte sind Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren aus allen Teilen der Gesellschaft, von allen demokratischen Parteien und den beiden christlichen Kirchen gekommen, um zu zeigen, wir stehen zusammen, um unsere Heimat vor Hass zu schützen. Auch unser Landrat Sebastian Gruber und unser Freyunger Bürgermeister Dr. Heinrich haben neben weiteren Politikern aller Parteien Farbe bekannt und es sich nicht nehmen lassen bei diesem stillen, bunten Protest teilzunehmen! Herzlichen Dank allen, die mitgeholfen haben und diese Veranstaltung ermöglicht haben: Landratsamt, Polizei Freyung, Stadt Freyung, Bündnis für Aufgeschlosenheit, Vereine, Ordner, allen die die Einladung weitergetragen haben und die Bürger!“
Stephan Hörhammer