Bayerischer Wald. „Wenn ihr einmal in Rente geht: Glaubt ihr, dass sie euch zum Leben reichen wird?“ – regelmäßig stellen wir auf unserer Facebook-Seite Fragen wie diese, die zur Diskussion anregen sollen. Und das tun sie auch. Jenes Anschneiden der Renten-Problematik wurde – zum Teil hitzig – debattiert. In folgender Bildergalerie gibt es einen kleinen Ausschnitt der Kommentarbeiträge dazu:
Neben diesen Hog’n-Lesern meldete sich auch Andreas Schmal vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Der Geschäftsführer der Region Niederbayern weiß aus Erfahrung, dass man in Zusammenhang mit der Rente „immer wieder erklären muss“. Diese Aufklärungsarbeit bestimmt – neben der Behandlung konkreter Fälle – seinen beruflichen Alltag. Der 50-Jährige weiß also, wovon er spricht. Man darf den Straubinger getrost als Experten auf dem Gebiet der finanziellen Altersvorsorge bezeichnen, zumal er auch dem Vorstand der Rentenversicherung Bayern-Süd angehört.
„Rente ist Spiegelbild des Lebens“
Dass das Renten-Thema mit vielen Emotionen verbunden ist, scheint für Andreas Schmal vollkommen logisch zu sein. „Der Eintritt in die Rente ist einer der gravierendsten Einschnitte im Leben überhaupt. Genau deshalb muss da alles passen – vor allem finanziell. Leider wird in diesem Bereich aber auch viel Schmarrn erzählt. Es gibt sehr viele Fragen – und noch mehr Halb- und Unwissen.“ Viele Arbeitnehmer würden komplett unvorbereitet den Schritt hinaus aus der Berufswelt vollziehen. „Freilich, viele sind froh, einfach aus der Mühle raus zu sein. Bei vielen kommt dann aber das böse Erwachen.“
Denn aus seiner Sicht gebe es viele Männer und Frauen, die sich Zeit ihres Lebens nicht mit ihrer Altersvorsorge beschäftigt haben. Hinzu komme, dass regelmäßig viele Parolen einfach nachgeplappert werden, ohne tatsächliche Hintergründe zu kennen. Und genau deshalb sei es nichts Außergewöhnliches, „dass manche im hohen Alter weiterarbeiten müssen, weil die Rente nicht einmal für die Miete reicht“. Ursache hierfür sei aber nicht immer das Sozialsystem. Oft liege auch ein Eigenverschulden vor, legt der niederbayerische DGB-Geschäftsführer den Finger in die Wunde.
„Die Rente ist das Spiegelbild des Lebens“, sagt der 50-Jährige und führt diesen Satz weiter aus: Während seines Berufslebens muss jeder Arbeitnehmer sog. Entgeltpunkte sammeln. Einen Zähler gibt es, wenn man in einem Berufsjahr durchschnittlich verdient hat. Welches Gehalt konkret dafür nötig sei, wird immer wieder neu festgelegt. Ein Entgeltpunkt bedeutet derzeit 37,60 Euro. Hochgerechnet auf 45 Verdienst-Jahre ergibt das eine Rente von 1.692 Euro. Soweit zum Normalfall, der aber regelmäßig „unnormal“ ausfällt. „Manche arbeiten viel schwarz, andere phasenweise nur Teilzeit“, berichtet Schmal aus der Praxis. „Und dann bekommt man natürlich nicht die gewünschten bzw. nötigen Punkte zusammen.“
Sonderfall Bayerischer Wald
Eine pauschale Erhöhung der Rente, wie sie gefordert wird, ist aus Sicht des Gewerkschafters deshalb unfair. „Wer lange arbeitet, soll dafür auch belohnt werden, oder? Wird die Rente pauschal erhöht, ist das nicht der Fall.“ Der Straubinger erklärt, dass – wenn eine Veränderung stattfinden soll – der Wert der Entgeltpunkte erhöht werden muss. Außerdem soll immer wieder die Mindestanzahl dieser Wertungseinheiten diskutiert werden. „Und letztlich haben wir es alle selber in der Hand, in dem wir die richtigen Parteien wählen“, macht Andreas Schmal deutlich, ohne konkret zu werden, jedoch auf die traditionell politische Heimat der Gewerkschaften hinzuweisen.
„Viele wissen nicht, wie Rente funktioniert“, betont er noch einmal. Freilich, so der DGB-Vertreter, hätte das Mütterchen von nebenan ihr Leben lang hart gearbeitet. Als Mama, als Ehefrau – und einer kleinen Putzstelle gegen Bares. Aber Entgeltpunkte hätte diese Frau nur wenig bis gar nicht gesammelt. Gerade der Bayerwald hätte mit diesem Problem zu kämpfen. Zumal im ländlichen Raum ohnehin weniger verdient werde, aber gleichzeitig die Lebenshaltungskosten niedriger seien. Doch die Wertungszähler fehlen. „Die vielen Saisonarbeiter im Woid in früheren Jahren fallen dabei besonders ins Gewicht. Fallen bald noch die Glasmacher weg, die gut verdient haben, wird der Durchschnitt noch weiter sinken.“
Hier sei deshalb die Politik gefordert, das Rentensystem immer wieder neu zu überdenken. Im Fall der Fälle stehen soziale Hilfen wie das Bürgergeld bereit. Über die Höhe dieser Gelder lässt sich dann aber wieder streiten. „Setze ich die Mindestsicherung höher an, wird der Entgeltpunkt weniger Wert. Und das wäre natürlich wieder Wasser auf die Mühlen für diejenigen, die sagen, dass Arbeit nichts mehr zählt“, erklärt Andreas Schmal. „Das beißt sich aber halt dann wieder mit dem vorher genannten Mütterchen-Beispiel.“
„Ein Thema, das man nicht gerne behandelt“
Insgesamt, das sieht auch das Vorstandsmitglied der Rentenversicherung Bayern-Süd so, scheint die Rentendiskussion „eine ewige“ zu sein. „Zudem ist sie ein Thema, das man nicht gerne behandelt und immer wieder auf die lange Bank schiebt.“ Schmalz ist es wichtig, eine Lanze für die Politik zu brechen. „Das Problem liegt nicht ganz so auf staatlicher Seite wie gedacht. Oft sind diejenigen, die wenige Rente bekommen, selber schuld. Ich appelliere hier an die Eigenverantwortung.“ Aussagen, die wieder für Diskussionen sorgen dürften. Und die Andreas Schmal gerne führt…
Helmut Weigerstorfer
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