Der American Dream – ein Begriff, der in den 30er Jahren geprägt und durch Freiheit, Gleichberechtigung und Möglichkeiten definiert wird, lässt immer noch viele Menschen vom Auswandern in die USA träumen. Zur selben Zeit werden die Staaten jedoch auch immer wieder von anderen Ländern missbilligt, darunter auch Deutschland. Hohe Lebenshaltungskosten, teure Krankenversicherungen sowie ein weniger ausgeprägtes Sozialsystem gehören zu den häufigsten Kritikpunkten.
Doch wie lebt es sich wirklich in den USA? Nach meinem Gewinn in der Green Card Lottery, über die ich im Rahmen der Hog’n-Serie „Auswandern in die USA“ berichtete, zog ich im Sommer 2023 ins Los Angeles County und lebe seitdem hier. In der neuen Hog’n-Reihe „Von Bayern nach L.A.“ wird es um Gemeinsamkeiten von und Unterschiede zwischen Deutschland und Kalifornien gehen. Ich werde den Lesern dabei einen Einblick in den amerikanischen Alltag bieten. Wir werden Extremsituationen beleuchten, durch die USA reisen und Einblicke in die Besonderheiten Hollywoods erhalten.
Für mein Zimmer zahle ich 1.450 US-Dollar
Neun Monate sind also nun vergangen, seit ich in die Nähe der „City of Angels“, nach Santa Monica, gezogen bin. Neun Monate, zwei Jobs, viele neue Freunde, lustige und schwierige Momente. Doch von vorn: Durch den Gewinn des DV-Programs (besser bekannt als Green-Card-Lottery) im Jahr 2021 habe ich das Privileg, in den Staaten leben und arbeiten zu dürfen. Was sich für viele Menschen wie ein Traum anfühlt, ist wiederum für andere eine Horrorvorstellung. Die Reaktionen, die ich auf meine Auswanderung bekam, reichten von „Das ist ja wie im Film“ bis hin zu „Oh Gott, warum tut man sich das freiwillig an?“ Für mich war der Umzug die richtige Entscheidung – und auch wenn viele Menschen nicht viel von Los Angeles halten, habe ich hier mein Zuhause gefunden.
Selbstverständlich gibt es viele Unterschiede und neue Gegebenheiten, an die man sich erst einmal gewöhnen muss. Bereits bei der Wohnungssuche wurde mir schnell klar: Ein eigenes Apartment kann ich mir vorerst nicht leisten. Während viele meiner ehemaligen Studienkollegen aus Passau nach dem Studium erstmals alleine in eine Wohnung gezogen sind, lebe ich das erste Mal seit sieben Jahren wieder in einer Wohngemeinschaft. Für mein Zimmer zahle ich 1.450 US-Dollar, was umgerechnet rund 1.340 Euro entspricht. Dafür kann ich zu Fuß zum Santa Monica Pier laufen – und habe große Palmen vor meinem Balkon.
Sobald ich nach Kalifornien ging, war mir klar: ein Auto muss her. Während ich sowohl in New York als auch in Deutschland kein eigenes Auto besaß und prima mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurechtkam, ist dies an der Westküste nahezu unmöglich. Das Metrosystem ist nicht mit anderen Großstätten zu vergleichen – und Uber und Lyft sind auf Dauer zu teuer. Den amerikanischen Führerschein konnte ich innerhalb weniger Tage machen – was notwendig ist, da mein deutscher Führerschein hier nicht anerkannt wird. Außerdem gilt der Führerschein in den USA als ID und ist ein fast unabdingbares Dokument für viele Amerikanerinnen und Amerikaner.
„Wieso zieht man denn freiwillig an so einen Ort?“
Ein weiterer großer Unterschied sind die Lebensmittelpreise. Meinen Wocheneinkauf erledige ich am liebsten bei „Trader Joe’s„, da es hier eine große Auswahl zu vergleichsweise niedrigen Preisen gibt und viele Lebensmittel „organic“ sind. Organic ist vergleichbar mit dem deutschen Bio-Siegel, spielt in den Staaten jedoch eine weitaus größere Rolle als in der Bundesrepublik. Durch andere Vorschriften zum Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln greifen viele Menschen hier lieber zu Organic-Lebensmitteln, sofern sie es sich leisten können.
Leider leidet die Lebensmittelqualität sonst schnell, da die Produkte Zusatzstoffe und Chemikalien enthalten. Mittlerweile habe ich mich sehr an die Lebensmittelpreise gewöhnt und zucke nicht mehr mit der Wimper, wenn ich fünf bis sechs Dollar für 900 Gramm Joghurt ausgebe. Und auch die Restaurantpreise sind meist höher als die Durchschnittspreise in „good old Germany“. Für zwei Personen zahlt man Durchschnittlich 60 bis 80 Dollar – wenn alkoholische Getränke dazu kommen, weitaus mehr. Hinzu kommt das Trinkgeld, das in den USA mindestens 15 bis 20 Prozent des Rechnungsbetrags ausmacht.
All diese Kosten und Ausgaben lösen in vielen Menschen teils heftige Reaktionen aus: „Wieso zieht man denn freiwillig an so einen Ort?„, wundern sich nicht wenige. Für mich ist die Antwort klar: viel Sonne, beständige Temperaturen, Palmen, freundliche und offene Menschen, unzählige Möglichkeiten – und das Meer.
Um jedoch eine Antwort auf die Kostenfrage zu geben: In den USA verdient man durchschnittlich um einiges mehr als in Deutschland. Das Gehalt, das ich hier als Operations- und Marketing-Agent bekomme, würde in Deutschland der Hälfte entsprechen. Auch Nebeneinkünfte wie Sprachunterricht werden mit 40 bis 79 Dollar weitaus höher vergütet als in meinem Geburtsland. Zu guter Letzt ist auch der Steuersatz in den Staaten niedriger, obwohl Menschen in Kalifornien vergleichsweise viele Steuern zahlen.
Eine Frage der Verhältnismäßigkeit
Es ist also alles eine Frage der Relation und der Intention: Ich persönlich arbeite lieber etwas härter und mehr und lebe dafür an meinem Traumort, als an einem günstigeren Ort zu leben, an dem ich unglücklich bin. Mehr über mein neues Leben in den USA gibt’s im zweiten Teil…
Malin Schmidt-Ott