Regen. Dass der Landkreis Regen in absehbarer Zeit ein neues politisches Oberhaupt bekommt, steht fest. Denn Amtsinhaberin Rita Röhrl hat schon relativ früh deutlich gemacht, dass sie nicht mehr antreten wird. Wer auf die SPD-Politikerin folgt, wird sich aber wohl erst nach einer Stichwahl entscheiden. Alles andere wäre wohl eine Überraschung angesichts von vier Kandidaten – wenn sich auch lange keine Mitbewerber für Dr. Ronny Raith (CSU) und Johann Müller (AfD) finden ließen. Letztlich schickten dann aber doch noch die Grünen Dr. Markus Koller und die FDP Gloria Gray ins Rennen um den Landratsposten.
Das Onlinemagazin da Hog’n hat Gray, Raith, Koller und Müller einen standardisierten Fragebogen mit der Bitte um Beantwortung zukommen lassen. Die Antworten darauf sind folgend in der Reihenfolge wiedergegeben, wie die Kandidaten chronologisch rückgemeldet haben. Johann Müller ist – trotz Erinnerung – bis dato nicht auf unsere Anfrage eingegangen.
Bitte stellen Sie sich zunächst einmal unseren Lesern vor.
Mein Name ist Dr. Markus Koller, ich bin 54 Jahre alt und wohne in Brandten in der Gemeinde Langdorf. Ich bin Auditor in der Klinischen Forschung. In meiner Freizeit gehe ich gerne im heimischen Bayerwald wandern und Rad fahren. Ich gehöre keinem lokalen Verein an und bin seit zirka zehn Jahren Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen. Grün gewählt habe ich allerdings bereits, seit ich alt genug dazu bin, meine Stimme in Wahlen abzugeben.
„Raubbau an der Natur Einhalt gebieten“
Ich bin Dr. Ronny Raith aus Kirchberg, 46 Jahre alt, glücklich verheiratet mit meiner Frau Sonja und von Beruf Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei. Gesellschaftliches, sportliches und kirchliches Engagement waren mir schon immer wichtig – besondere Bedeutung hat für mich der Einsatz für Rettungsorganisationen wie Feuerwehr und BRK. Hier bin ich im aktiven Einsatzdienst ebenso engagiert wie in der Verbandsarbeit auf Kreis-, Bezirks- und Landesebene. Politische Mandate werden mir seit 2002 als Gemeinderat und seit 2008 als Kreisrat übertragen. Seit 2020 darf ich mich auch als stellvertretender Landrat im Landkreis Regen einbringen. In meiner Freizeit gehe ich mit meiner Frau gerne wandern.
Gloria Gray, 57, Zwiesel, Unternehmerin; die „Woid-„Natur genießen, spazieren, Kunst, Kultur, performen, schreiben, Projekte entwickeln und vorantreiben; diverse Zwieseler Vereine wie z.B. Arbeiter-Unterstützungsverein und Bauernverein Zwiesel; Kreisrätin seit 2020, Kandidaturen Bürgermeisteramt Zwiesel 2016 und 2022;
Warum wollen Sie Landrat des Landkreises Regen werden?
Markus Koller: Landrat möchte ich in erster Linie werden, um dem Raubbau an der Natur im Bayerischen Wald Einhalt zu gebieten, zudem den BürgerInnen hier zu zeigen und auch vorzuleben, dass ein Mehr an Rücksicht auf Umwelt und Mitmenschen kein Weniger an Lebensqualität und Erfüllung bedeutet. Entscheidungen des Landkreises sollen sich an der Nachhaltigkeit für alle Lebewesen orientieren. Die 17 UN-Ziele der nachhaltigen Entwicklung, für die der Kreistag gestimmt hat, sollen stets oberste Maxime sein. Ich bin sicher, das wird kein wirtschaftlicher Nachteil sein.
„Aus Liebe zur Heimat“
Ronny Raith: Früh wurde mir klar, dass man durch persönlichen Einsatz viel in Gesellschaft und Politik bewegen kann. Gerade auch durch kleine Initiativen kann vor Ort Großes angestoßen werden. Schimpfen und Protest lösen keine Probleme und eröffnen keine Zukunftschancen. Zuhören und Hinschauen, Anpacken und Lösungen entwickeln – das ist meine Devise. Damit möchte ich unseren Landkreis in eine gute Zukunft führen.
Gloria Gray: Aus Liebe zur Heimat. Mein Herz schlägt für den „Woid“, Zwiesel und den ganzen Landkreis. Obwohl ich viele Jahre beruflich erfolgreich in der ganzen Welt unterwegs war, fühle ich mich mit meiner Heimat aufs Engste verbunden und tief verwurzelt. Ich bin voller Tatendrang und möchte den Landkreis Regen überregional mehr Bedeutung verschaffen.
Wo steht der Landkreis Regen nun nach dem Ende der Ära Röhrl?
Markus Koller: Einem einzelnen Menschen sollte nicht zugestanden werden, eine Ära zu prägen. Deshalb kann ich mir angemessenere Bezeichnungen als diese für die vergangenen Jahre vorstellen. Auf jeden Fall sollten wir nun am Ende der fossilen Ära stehen, und das nicht nur im Landkreis Regen.
„Transformation in Richtung Nachhaltigkeit“
Ronny Raith: Unser Landkreis ist insgesamt auf einem guten Weg. Trotz der der Corona-Situation und der damit verbundenen langen Einschränkungen konnten unter Rita Röhrl wichtige Maßnahmen beschlossen werden. Genannt seien hier nur die Investitionen in den Neubau der Berufsschule am Standort in Regen oder die Generalsanierung der Realschule Zwiesel. Rita Röhrl hat unter schwierigen Umständen wichtige Zukunftsentscheidungen auf den Weg gebracht – in einem guten Einvernehmen in den Gremien. Dass in den kommenden Jahren große Herausforderungen auf den Landkreis zukommen, liegt in der Natur der Sache und ist letztlich Folge der beschlossenen Maßnahmen.
Gloria Gray: Diese Kommentierung überlasse ich gerne anderen.
Welche politischen Ideen wollen Sie während einer möglichen Amtszeit umsetzen? Welche Anliegen wollen Sie für die Bürger umsetzen?
Markus Koller: Zu allererst möchte ich Wirtschaft, Verkehr und Tourismus im Landkreis Regen einer Transformation in Richtung der Nachhaltigkeit zuführen. Dazu gehören öffentlicher Transport über die gesamte Zeit des Tages – an allen Wochentagen und bis ins letzte Dorf. Taktlücken auf allen Waldbahnlinien müssen geschlossen und die Fahrpläne optimiert werden, sodass Bahn fahren gegenüber dem Auto attraktiver wird. Der Betrieb der Strecke Viechtach-Gotteszell wird nicht mehr in Frage gestellt.
„Klimaneutral und energieautark“
Der Bahnausbau wird fortgeführt, es werden zusätzliche Kreuzungsstellen auf der Waldbahn-Hauptstrecke geschaffen, die einen engeren Takt erlauben und Verspätungen minimieren, bis letztlich eine Abkürzung der Graflinger Schleife und der durchgehende zweigleisige Ausbau Plattling-Bayerisch Eisenstein neben schnellem Personen- auch wieder Güterverkehr erlauben.
Überall, wo der öffentliche Verkehr beginnt und endet, sollen die Bürger ihr Fahrrad entweder mitnehmen oder sicher abstellen können. Und dort, wo sie es benutzen, sollen sie es in Sicherheit tun können. Dazu brauchen wir Radwege an allen wichtigen inner- und außerörtlichen Stecken, sichere Querungsmöglichkeiten und mehr Geschwindigkeitsbeschränkungen – für alle Verkehrsteilnehmer. Dazu werden wir auch Kreisstraßen nicht mehr kostspielig für noch mehr und noch schwereren Verkehr ausbauen, sondern das bestehende Kreisstraßennetz erhalten und ertüchtigen sowie prioritär das Radwegeangebot ausbauen.
Zudem möchte ich erreichen, dass der Landkreis klimaneutral und energieautark wird, mit Sonnen- und eben auch Windenergie – bevorzugt genossenschaftlich in Bürgerhand. Ich möchte zudem beide Standorte der Arberlandkliniken erhalten, indem dort attraktive, gut bezahlte Arbeitsplätze in positivem Arbeitsumfeld angeboten werden.
Kommunale Daseinsvorsoge hat „herausgehobene Bedeutung“
Die Landwirte der Region sollen in der Umstellung zu nachhaltiger Land- und Forstwirtschaft unterstützt werden, alle verfügbaren ehemaligen Moore wiedervernässt werden. In allen landkreiseigenen Einrichtungen sollen konsequent Produkte aus regionaler, bevorzugt ökologischer Landwirtschaft verwendet werden. Das ist nachhaltige Wirtschaftsförderung.
Regionale Kulturangebote auch abseits des gefälligen Kommerzes sollen gefördert werden, Räumlichkeiten hierfür bevorzugt durch Sanierung von bestehenden Denkmälern geschaffen werden. Die Ausstattung der schulischen und Erwachsenenbildung sowie die Förderung kultureller Initiativen ist mir ein großes Anliegen. Bürgerverantwortung und -engagement werden gefördert.
Ronny Raith: Herausgehobene Bedeutung für mich hat die Kommunale Daseinsvorsorge, also die Sorge seitens der politisch Verantwortlichen, dass Landkreis und Region beste Voraussetzungen für das Leben aller Generationen in unserer schönen Heimat haben. Damit verbinde ich zunächst drei Schwerpunkte: Bestmögliche Gesundheitsversorgung, ideale Bildungsmöglichkeiten und ganzheitliche Infrastruktur im umfassenden Sinn.
„Nicht nur Pflichtaufgaben“
Konkret ausgestaltet bedeutet das: Erhalt und Stärkung der Klinikstandorte Viechtach und Zwiesel (mit Geburtshilfe) sowie Unterstützung der (Fach-)Ärztegewinnung. Mit Blick auf die Schulen verfolge ich den Ansatz „Beste Ausstattung für unseren Schulen“, um den jungen Menschen einen erfolgreichen Start ins (Berufs-)Leben zu ermöglichen.
Beim Thema Infrastruktur ist eine ganzheitliche Herangehensweise notwendig: Digitalisierung, Breitband, Mobilfunk, ÖPNV und Schienenverkehr, Radwege und Straßenbau – nur so kann der Grenzraum Bayerwald auch zukunftsfähig gemacht werden. In diesem Zusammenhang müssen auch Energieversorgung und Nachhaltigkeit in den Fokus genommen werden.
Neben einer soliden Finanzwirtschaft ist für mich zudem die Gewährleistung einer modernen, bürgernahen und leistungsstarken Verwaltung unabdingbar.
„Ich verspreche keine Klientelpolitik“
Gloria Gray: Es geht mir nicht nur um die Pflichtaufgaben des Landkreises. Natürlich werde ich hier das volle Alltagsprogramm zum Erhalt der Infrastruktur in allen Bereichen weiterführen (Bildung, Gesundheitswesen, Straußenausbau, Wirtschaft, Fachkräftegewinnung, Energie, Landwirtschaft, Nachhaltigkeit, Natur- und Umweltschutz usw.). Das wird sicher stark fordernd sein, auch um Fördermittel in die Region zu holen. Doch hierfür steht mir auch eine fachlich kompetente Landkreisverwaltung zur Seite und ein versierter Kreistag. Ich sehe meine Stärken vor allem in meiner Schaffenskraft und moderaten sowie empathischen Art, auf Menschen zugehen zu können.
Warum sollen die Bürger des Landkreises Regen Sie wählen – und nicht einen Ihrer Mitbewerber?
Markus Koller: Wir als Grüne, und dafür stehe ich als Kandidat ein, lassen uns als einzige politische Kraft ausschließlich von den bestehenden Realitäten leiten. Ich verspreche keine Klientelpolitik, sondern gerechte Behandlung aller BürgerInnen und ihrer Interessen. Ich möchte auch ein Landrat derer sein, die mich nicht wählen können: die zukünftige Generation, Kinder und Jugendliche, ausländische MitbürgerInnen.
Ronny Raith: Juristische Ausbildung und langjährige kommunalpolitische Tätigkeit qualifizieren mich, eine Behörde zu führen und komplexe Sachverhalte zu bearbeiten. Gerade auch die Verantwortung, die mir als Fraktionssprecher und Stellvertreter der Landrätin übertragen worden ist, hat viel Einblicke und Erfahrungen ermöglicht. Themen möchte ich aktiv angehen, sie gut kommunizieren und im Miteinander der Beteiligten und Betroffenen lösen.
„Ein anderer Ansatz“
Ich möchte mit den Bürgerinnen und Bürgern auf Augenhöhe, fair und ehrlich umgehen und verlässlicher Ansprechpartner sein. Selbst sehe ich mich als anpackenden Typen, der Optimismus und Gestaltungswillen ausstrahlt. Gleichzeitig wäre durch mein Alter von 46 Jahren gewährleistet, dass ich mehr als eine Periode und damit nachhaltig die Landkreispolitik gestalten könnte.
Gloria Gray: Wer Gloria Gray wählt, bekommt eine Landrätin mit einem anderen politischen Ansatz – basierend auf meiner internationalen Erfahrung. Egal ob Ronald Reagan, Arnold Schwarzenegger, Volodymyr Selenskyi, Clint Eastwood oder Vitalij Klitschko – es gibt viele berühmte Beispiele in der Welt, dass Politiker, die vorher in der Kultur- und Kreativwirtschaft erfolgreich tätig waren, auch kraftvoll politisch agieren können.
Welche Stärken haben Sie, welche Ihre Mitbewerber?
Markus Koller: Für mich ist Politik kein Beruf, sondern ein Auftrag unserer Kinder und Enkel, ihnen eine lebenswerte Umwelt zu hinterlassen. Ich respektiere auch deshalb die Motivation meiner demokratischen Mitbewerber. Die Stärkung der Wertschätzung für die Demokratie sollte Motivation aller gewählten Volksvertreter sein.
„Ich konzentriere mich auf meien Stärken“
Ronny Raith: Zu meinen Stärken zählen sicher die berufliche Erfahrung als Jurist und Praktiker. Freunde beschreiben mich als empathisch und umgänglich, als jemanden, der zuhört, Argumente abwägt, sich dann eine klare Meinung bildet und auch dazu steht. Ich selbst würde mich als zuverlässig, loyal, entscheidungsfreudig und durchsetzungsstark bezeichnen. Gleichzeitig bin ich immer offen für Neues. Meine Mitbewerber kenne ich privat leider kaum, so dass ich wenig über ihre Stärken sagen kann. Im persönlichen Umgang kenne ich Gloria Gray als zugewandt und freundlich, sie ist sicher auch im öffentlichen Auftritt versiert. Johann Müller kann auf seine kommunalpolitische Erfahrung verweisen.
Gloria Gray: Ich konzentriere mich auf meine Stärken: Ich sehe mich als Moderatorin, die Akteure an einen Tisch zusammenbringt und gemeinsame Lösungen für die Region entwickelt. Meine weltweite Arbeit als vielseitige Unternehmerin sehe ich als großes Pfund, auch eine andere, menschlichere politische Kultur des Netzwerkens in die Politik zu bringen.
Schwäche: Perfektionismus
Und welche Schwächen haben Sie, welche ihre Mitbewerber?
Markus Koller: Dass ich nicht auf dieselben Erfahrungen in der Politik wie meine MitbewerberInnen (als KreisrätInnen usw.) zurückgreifen kann, sehe ich nicht als Nachteil. Es erlaubt mir vielmehr, verschiedenste Situationen und Herausforderungen, vor denen der Landkreis steht, unvoreingenommen und nur der Güterabwägung verpflichtet zu bewältigen. Sich ein Bild über die Qualifikation aller BewerberInnen zu machen, traue ich jeder WählerIn selbst zu.
Ronny Raith: Größte Schwäche meinerseits ist Ungeduld, daneben bin ich manchmal etwas zu nachsichtig. Mit Blick auf die Mitbewerber muss ich die vorherige Frage verweisen. Grundsätzlich erachte ich es aber als Nachteil, wenn man noch nie wirklich kommunalpolitische Verantwortung über das Kreistagsmandant hinaus getragen hat.
Gloria Gray: Auch hier möchte ich mich nicht zu meinen Mitbewerbern äußern. Und in eigener Sache: Ungeduld und Perfektionismus, wenn man das als Schwäche sehen mag.
Gestalter oder Verwalter? „Eine gesunde Mischung“
Sehen Sie sich in Ihrer möglichen Landratsrolle eher als Gestalter oder Verwalter? Warum?
Markus Koller: Auch wenn ich als Grüner Kandidat für das Bewahren unserer natürlichen Ressourcen stehe, bin ich der Ansicht, dass nur aktives Herangehen und Überzeugen der Menschen im Landkreis, wie wir mit unserer Umwelt umgehen sollten, zukunftsfähig sind. Daher sehe ich den Landrat durchaus als Gestalter. Was Verwaltung angeht, würde ich im Umgang mit den BesucherInnen der Einrichtungen des Landkreises viel mehr den Dienstleistungsgedanken voranstellen. Das Landratsamt soll in Zukunft ein offenes Haus für die BürgerInnen des Landkreises sein.
„Kreative Macherin“
Ronny Raith: Ich sehe die Landratsrolle als gesunde Mischung zwischen beidem. Der Landrat ist nun kraft Gesetzes Amtsvorstand der Kreisverwaltungsbehörde und Leiter des Staatlichen Landratsamtes. Um ein gesundes Maß an Verwaltung wird also ein Landrat gar nicht herumkommen – er hat ja als solcher auch die Gesetze zu beachten. Als politisch Verantwortlicher muss sich ein Landrat aber unbedingt als Gestalter zeigen und beweisen. Er muss Ideen entwickeln, Strömungen erkennen und Zukunftskonzepte durchsetzen, die den Landkreis vorwärtsbringen und für die Bürgerinnen und Bürger Positives bringen.
Gloria Gray: Ganz klar Gestalterin. Wer Gloria Gray wählt, bekommt eine Visionärin am „Puls der Zeit“, die über den Tellerrand und Kirchturm blickt, eine moderierende Netzwerkerin und eine kreative Macherin. Mit dem Beispiel, dass ich mit der Region eine Bewerbung für eine Bundesgartenschau auf den Weg bringen will und ebenso eine große Landkreis-Mehrzweckveranstaltungshalle, finanziert auch durch öffentlich-private Partnerschaften, soll das ein Stück weit dokumentiert sein.
„Politik ist niemals Selbstzweck“
Was denken Sie: Wie groß ist das Vertrauen der Bürger in die Kommunalpolitik generell? Und: Was hat ein Landrat ihrer Meinung nach im Sinne der Bürger als erstes zu befolgen?
Markus Koller: Allen BürgerInnen, die aktiv oder dadurch, dass sie an Kommunalwahlen teilnehmen, sich bemühen unsere Gesellschaft zum Guten zu verändern, zolle ich tiefen Respekt. Genauso Verständnis habe ich jedoch auch für die MitbürgerInnen, die Vertrauen in AmtsträgerInnen verloren haben, wenn diese sich den Entscheidungen des finanziellen Interesses oder ihrer Aussicht auf Wiederwahl beugen und nicht ihrem Gewissen. Jede Bewerberin und jeder Bewerber um ein politisches Mandat sollte sich umso mehr verpflichtet fühlen, durch Offenheit und Sachlichkeit das Vertrauen in unsere großartige Errungenschaft – die Demokratie – zu stärken.
„Volkes Stimme hören“
Ronny Raith: Bei aller Politikverdrossenheit glaube ich doch, dass die Bürgerinnen und Bürger eher großes Vertrauen in die Kommunalpolitik haben. Wahlentscheidungen richten sich vor Ort auch eher nach der Person, weniger nach der Parteizugehörigkeit. Insofern weiß der Wähler auch, was er von einem Kandidaten erwarten kann und darf. Politik ist niemals Selbstzweck, sondern hat sich am Wohl der Bürgerinnen und Bürger im Landkreis auszurichten. Ein Kommunalpolitiker muss Nähe zu Land und Leuten zeigen, einer von ihnen sein.
Gloria Gray: Im Gegensatz zur Politik „da oben“, die in Europa, im Bund oder im Land oft weit weg wirkt, ist Kommunalpolitik doch die politische Ebene, die vor Ort unmittelbar greifbar ist. Das Vertrauen der Bürger sehe ich da noch am größten. „Auf Volkes Stimme hören“ ist mir daher sehr wichtig. Ich stehe für Transparenz bei allen Entscheidungen („gläsernes Landratsamt“), regelmäßige Bürgersprechstunden, digitale Verwaltungsabläufe, weiter Entbürokratisierung, schnelle Genehmigungszeiten und noch mehr Bürgerbeteiligung – wie zuletzt beim Bürgerentscheid über die Reaktivierung der Waldbahnstrecke Gotteszell-Viechtach.
„Zweistelle Zahl an Großwindkraftanlagen“
Abschließend der obligatorische Blick in die Zukunft: Wie steht der Landkreis Regen nach Ihrer möglichen Amtszeit da?
Markus Koller: Nach Ablauf meiner Amtsperiode gibt es einen Landkreis Regen, der Vorreiter in Punkto Klimaneutralität und Nachhaltigkeit ist – im Interesse sowohl unserer BürgerInnen als auch unserer Gäste, die sich den Bayerischen Wald als wiederkehrendes Ziel setzen, da dort Natur und Biodiversität erhalten und gefördert wurden. Es gibt, zusätzlich zu PV-Anlagen auf jeder geeigneten Dachfläche, auch im Landkreisbesitz eine zweistellige Zahl von Großwindkraftanlagen.
„Liebenswerte Heimat“
An geeigneten Standorten wurden ehemalige Steinbrüche und Beschneiungsteiche zu Pumpspeicherkraftwerken umgewidmet. Gäste und BürgerInnen fahren im Halbstundentakt bevorzugt mit Bahn und Bus, sämtliche Verkehrsmittel sind von erneuerbaren Energien angetrieben. Die Abwanderung in die Großstädte ist gestoppt, lebendige Orte bieten vielfältige Einkaufs- und Kulturangebote. Ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung sind gewährleistet, Senioren wohnen Tür an Tür mit jungen Familien mit Kindern zum Teil in Mehrgenerationenhäusern.
Nachdem niemand mehr einen Zweitwagen benötigt und viele ganz auf das Privat-Kfz verzichten, da sie es nicht vermissen, wurden etliche Doppelgaragen zu Fernarbeitsplätzen umgebaut. Etliche Landwirtschafts- und Beherbergungsbetriebe, aber auch lokale Industrie, Handwerk, Handel und Dienstleistungserbringer wurden für ihr nachhaltiges Wirtschaften durch den Landkreis ausgezeichnet. Mit unseren Nachbarn in Tschechien stehen wir in engem wirtschaftlichen, sozialem und kulturellem Austausch.
„In die Champions League aufsteigen“
Ronny Raith: Als ein Landkreis, der hohe Lebensqualität und Zukunft für alle Generationen bietet. Als ein Landkreis, der seine Pflichtaufgaben erfüllt hat und gleichzeitig Kraft für freiwillige Leistungen aufbringt. Schlussendlich als ein Landkreis, der neben den Metropolregionen und dem Speckgürtel darum nicht ins Hintertreffen geraten ist, sondern lebens- und liebenswerte Heimat für die Menschen ist.
Gloria Gray: Nicht nur Pflicht, auch die Kür: Der Landkreis Regen hat nicht nur seine kommunalen Hausaufgaben mit Bravour gemeistert, sondern noch mehr. Die Region hat ein neues Selbstbewusstsein und ist im Tourismus und der gesamten Infrastruktur weiter aufgewertet. Sie ist von der Bundesliga in die Champions League aufgestiegen.
Vielen Dank für die Antworten – wir wünschen eine erfolgreiche Wahl!
Die Fragen stellte: Helmut Weigerstorfer