Freyung. Die Spatzen hatten es bereits von den Dächern gepfiffen, nun scheint es sich zu bewahrheiten: Die „Bavaria Klinik“ in Freyung stellt ihren Betrieb ein, wie die Geschäftsleitung der Reha-Klinik nun mitteilt. Wirtschaftliche Gründe, die vor allem auf die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen zurückzuführen seien, zeichnen dafür verantwortlich. Ende September dieses Jahres sollen sich die Pforten endgültig schließen.
Für eine direkte Nachfrage stand die Geschäftsleitung an diesem Freitag dem Onlinemagazin da Hog’n nicht zur Verfügung. Geschäftsleiterin Angelika Presl und Verwaltungschef Andreas Lenz ließen sich zu keiner mündlichen Stellungnahme bewegen. Im Hintergrund liefen offensichtlich gerade die Vorbereitungen zur Verkündung des für die Region Freyung geschichtsträchtigen Schrittes.
Die Gründe sind mannigfaltig
Schriftlich teilt man mit, dass sich „aufgrund der seit über zwei Jahren andauernden Corona-Pandemie das wirtschaftliche Umfeld der Bavaria Klinik Freyung stark verändert hat“. Die Pandemie und die damit einhergehenden Beschränkungen sowie Regulatorien hätten einerseits zu einem deutlichen Rückgang der Patientenzahlen geführt. Andererseits hätten insbesondere Schutz- und Hygienebestimmungen ständige Kostensteigerungen zur Folge gehabt, wie die Geschäftsführung verlautbart. Auch im Bereich des Personals seien laufende Personalkostensteigerungen zu verzeichnen, die sich aus gesetzlichen Regelungen, wie dem fortlaufenden Anstieg des Mindestlohns, und aus dem wachsenden Personalmangel im Bereich der Pflege ergeben würden.
Und weiter ist zu lesen: „Zu Beginn der Pandemie konnten die coronabedingten Umsatzeinbrüche durch staatliche Unterstützungszahlungen sowie durch das Instrument der Kurzarbeit aufgefangen werden. Zum 19. März 2022 sind die Unterstützungsmaßnahmen jedoch ausgelaufen.“ Die Ukraine-Krise hätte die Problematik zusätzlich verschärft. Die Pflegesätze würden die gestiegenen Kosten „bei weitem nicht mehr decken“. Der Betrieb werde zudem „weiterhin durch Corona – und seine Folgen – beeinträchtigt“, heißt es. Es gebe weniger Reha-Patienten sowie eine erhöhte Krankheitsquote bei den Mitarbeitern.
Man habe „eine Vielzahl von alternativen Geschäftsmodellen geprüft“, doch zu einer realisierbaren Lösung sei man letztlich nicht gekommen. „Es konnte leider kein wirtschaftlich tragfähiges Konzept gefunden werden, sodass die Geschäftsführung der Bavaria Klinik Freyung GmbH & Co. KG plant, den Betrieb der Bavaria Klinik zum 30. September einzustellen.“
Landrat Gruber: Schock für den Landkreis
Landrat Sebastian Gruber spricht von einem Schock für den Landkreis Freyung-Grafenau und die gesamte Region: „Bedauerlicherweise scheint die Entscheidung festzustehen und unumkehrbar zu sein.“ Dies sei umso trauriger, da die Klinik Bavaria Freyung das Mutterhaus der aktuell noch drei Klinik-Bavaria-Standorte Freyung, Bad Kissingen und Kreischa ist und zudem die Familie Presl über Jahrzehnte sowie in vielfältiger Weise die Region maßgeblich geprägt habe. „Die Klinik Bavaria Freyung hat in fast 40 Jahren Patienten aus nah und fern bei der Wiedereingliederung in das berufliche und gesellschaftliche Leben unterstützt, aber genauso einen wesentlichen Beitrag zur Wertschöpfung in der Region geleistet.“ Das zu kompensieren werde eine große Herausforderung.
Vonseiten des Landkreises wird laut Landrat selbstverständlich mitgeholfen, „um zum einen die Belegschaft hinsichtlich neuer Arbeitsplätze in der Region zu unterstützen und zum anderen, das Areal einer vernünftigen Nachfolgenutzung zuzuführen.“ Hierzu werde es in der nächsten Woche Gespräche mit den Verantwortlichen der Klinik Bavaria geben – unter Beteiligung der Stadt Freyung.
Stadt erwartet keine Schwierigkeiten in Sachen Gartenschau
Freyungs Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich wurde am gestrigen Abend von der Geschäftsführung über die bevorstehende Schließung der Kurklinik zum 30. September informiert. „Diese Nachricht ist ein Schock für unsere Stadt. Seit dem Jahr 1985 wurden in Freyung zigtausende Reha-Patienten exzellent behandelt und von hochengagierten Mitarbeitern auf dem Weg zur Genesung unterstützt. Dass diese Erfolgsgeschichte, die engstens mit dem Namen Presl verbunden ist, nun zu Ende gehen soll, macht traurig und sprachlos.“
Der Freyunger Bürgermeister kündigt an, dass die Stadtverwaltung alles tun werde, um die Mitarbeiter der Klinik Bavaria bei der Suche nach neuen Arbeitsplätzen vor Ort zu unterstützen. Darüber hinaus seien bereits Gespräche mit der Eigentümerfamilie terminiert, um über die zukünftige Nutzung des großen Gebäudekomplexes auf dem Geyersberg zu sprechen. „Vor der Pandemie trug die Klinik Bavaria mehr als 50 Prozent zu den touristischen Übernachtungen in unserer Stadt bei. Arbeitsplätze, Kaufkraft, Frequenz in der örtlichen Gastronomie und im Einzelhandel und vieles mehr, all dies fällt zum Ende September weg. Diese Entwicklung ist eine große Herausforderung für Freyung“, sagt Heinrich.
Für die Durchführung der Bayerischen Landesgartenschau erwartet die Stadt keine Schwierigkeiten. „Wir verlieren einen Premiumpartner, das bedauern wir sehr. Die Durchführung der Gartenschau ist unabhängig von der Kurklinik aber weiterhin ohne Beeinträchtigungen möglich“, so Claudia Lenz, Geschäftsführerin der Gartenschau gGmbH.
da Hog’n
Pressemitteilung
Sorge um die geplante Schließung der Bavaria Klinik Freyung
Himmelkron, 04.07.2022
Mit großer Sorge beobachtet die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern das Kliniksterben in Bayern, das nun auch den Bayerischen Wald erreicht hat.
Mit der geplanten Schließung der Bavaria Klinik Freyung voraussichtlich im September 2022 wird das Rehabilitationsangebot der Region Freyung-Grafenau und des Bayerischen Wald signifikant beeinträchtigt. *)
Das Nachsehen haben die PatientInnen der Region – Angebote der orthopädischen, Internistischen und beruflichen Rehabilitation gehen verloren. Das Nachsehen haben auch die Klinikmitarbeiter mit dem Verlust ihrer Arbeitsplätze sowie die Stadt Freyung mit dem Verlust regionaler Infrastruktur.
Der Träger der Klinik Bavaria wird aufgefordert, seine wirtschaftliche Lage – da dem Bundesanzeiger lediglich die Jahresergebnisse bis 2020 vorliegen – detailliert der Öffentlichkeit transparent vorzustellen und damit seine Entscheidung zu begründen. Die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen in Bayern, zuständig für die Versorgungsverträge und die Entgeltvereinbarungen mit Rehabilitätseinrichtungen, wird aufgefordert, in Folge Corona-bedingter veränderter Patientenströme nach Lösungen zu suchen, um das klinische Rehabilitationsangebot in Bayern insgesamt sowie in Freyung speziell zu erhalten.
Es wäre eine fatale Entwicklung, wenn in Folge der Corona-Pandemie in Bayern vermehrt Rehakliniken ihre Pforten schließen und den PatientInnen eine wohnortnahe Rehabilitation vorenthalten würden.
Hintergrund
Im Bayerischen Wald ist die geplante Schließung der Bavaria Klinik Freyung die zweite Schließung nach dem Krankenhaus Waldkirchen im Jahr 2018. Die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben setzt sich für den Erhalt wohnortnaher Krankenhäuser ein, die insbesondere in ländlichen Regionen vielfach existenzgefährdet sind.
Himmelkron, 04.07.2022
verantwortlich:
Klaus Emmerich
Klinikvorstand i.R.
Egerländerweg 1
95502 Himmelkron
0177/1915415
http://www.schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com
klaus_emmerich@gmx.de