Wasserburg am Inn. Wie macht der das nur? Woher nimmt er seine Ideen? Nach der Lektüre spannender Bücher, allen voran Krimis, stellt man sich immer wieder diese Fragen. Auch wir vom Onlinemagazin da Hog’n. Deshalb haben wir den bekannten Schriftsteller Andreas Föhr um Beantwortung gebeten. Der Autor spricht im Folgenden über das immer kleiner werdende Problem mit der Rechtschreibung, über die Entstehung seiner Werke – und über seine beiden Hauptakteure Leopold Kreuthner und Clemens Wallner.
Herr Föhr: Welche Note hatten Sie während Ihrer Schullaufbahn durchschnittlich in Deutsch?
(lacht) So 2 bis 3, glaube ich. Also nix, was in der Schulzeit bereits auf eine Schriftsteller-Karriere hingedeutet hätte.
Ist es – beim doch ausführlichen Lektorat vor der Veröffentlichung – als Autor überhaupt maßgeblich, eine gute Rechtschreibung zu haben?
Das ist, ehrlich gesagt, in der heutigen Zeit nicht mehr so wichtig. Das meiste wird ja bereits vom Rechtsschreibprogramm am Computer rausgefiltert. Dann geht noch der Lektor drüber – und zum Schluss ein Korrektor. Dass da ein Fehler durchrutscht, kommt sehr selten vor.
„Bei Krimis immer den Hintergedanken, sie fortzusetzen“
Ist dann also doch die Kreativität das ausschlaggebendste Talent, um erfolgreich zu sein?
Genauso ist es. Man kann – überspitzt ausgedrückt – auch als Legastheniker ein großer Schriftsteller werden. Zumindest was die Orthographie betrifft. Sinn reinzubringen in eine Erzählung, sodass sie in sich stimmig ist, ist hingegen schon maßgeblich. Wobei es auch hier Ausnahmen gibt. Dostojewski hat großartige Geschichten geschrieben, war aber ein bescheidener Stilist.
Steht zu Beginn eines Werkes bereits der gesamte Inhalt fest?
Nein, nicht komplett. Bei mir nur der Täter, das Opfer und vielleicht die ein oder andere Spur. Der Rest ergibt sich erst nach und nach. Und es kommt dann auch ab und an vor, dass fünf Seiten oder gar ein ganzes Kapitel weggelegt werden. Diese werden aber nicht gelöscht, sondern aufgehoben – und im besten Falle später verwendet.
Die Kreuthner-Wallner-Reihe als Beispiel: Wie kommt es – zunächst einmal ganz allgemein – zu so einer Serie?
In meinem Fall war von Beginn an eine Serie vorgesehen. Ich komme ja vom Drehbuch-Schreiben und habe hauptsächlich Fernseh-Serien geschrieben. Immer, wenn man einen Krimi schreibt, hat man den Hintergedanken, diesen auch fortsetzen zu wollen.
„Wallner ist das Spiegelbild von Kreuthner“
Das macht es dem Autor leichter, weil er eine Geschichte weitererzählen kann. Hat man eine Figur wie Wallner oder Kreuthner, dann hat man die – und man lernt sie mit jedem Buch besser kennen. Das macht Spaß. Auch dem Verlag ist diese Variante lieber, weil er sie besser vermarkten kann.
Wallner mit seinem charakteristischem Temperaturempfinden, Kreuthner als Polizist und Lausbub – sind diese Charakterisierungen tatsächlich frei erfunden? Ist das überhaupt möglich?
Teils, teils. Dass Wallner immer friert, ist eher autobiographisch (schmunzelt). In Kreuthner habe ich viele Leute verarbeitet, die ich kenne. Er hat viele Charakterzüge von Menschen aus meinem Umfeld. Manchmal geht man auch analytisch vor, wenn man schon so viele Sachen geschrieben hat wie ich. Eigentlich sollte der Wallner eine ganz andere Figur werden, als er jetzt ist. Viel schräger. Letztlich wurde er aber zum Fels in der Brandung in einem Roman, in dem es sowieso schon viele bunte Hunde gibt. Einen, der auch normal ist. Wallner ist das Spiegelbild von Kreuthner.
Einerseits spannend, andererseits lustig
Einen Charakter komplett neu zu erfinden ist praktisch nicht möglich, weil man immer irgendwelchen Einflüssen ausgesetzt ist.
Das stimmt. Es finden sich immer in solch erfunden Formen Eigenheiten von Menschen wieder, die man kennt. Manchmal, vor allem bei Drehbuch-Sachen, schneidert man eine Rolle einem Schauspieler zurecht.
Ist Andreas Föhr eher der Wallner oder der Kreuthner?
Beides (schmunzelt). Wallner ist mir natürlich näher von seiner ganzen Art. Kreuthner macht all das, was ich auch mal gerne tun würde, ich mich aber nicht traue.
Andreas Föhr sitzt also nicht bis frühmorgens in einem heruntergekommenen Wirtshaus, trinkt 15 Halbe und diskutiert mit Kriminellen?
Nein (lacht). Und ich besitze auch nicht diese Dreistigkeit wie Kreuthner.
Ihre Krimis überzeugen mit spannenden Fällen, aber auch mit einer großen Komik. Spiegelt das Ihre Lebensweise wider?
Ja, das könnte so stimmen. Auf diesen Gedanken bin ich selber noch gar nicht gekommen. Aber wahrscheinlich ist es tatsächlich so. Ich bin davon überzeugt, dass das Leben nie nur lustig, traurig oder ernst ist. Es gibt viele Zwischentöne. Das Witzige und auch das Tragische ist tief in mir drin.
Wie groß ist die Gefahr, im Laufe so einer Serie sich in Kleinigkeiten zu verlieren, sich zu wiederholen oder – schlicht und einfach – schlechter zu werden?
Ich hoffe doch mal nicht, dass ich schlechter geworden bin. Es besteht aber sehr wohl die Gefahr, dass man irgendwann an einen Punkt kommt, an dem man über eine Figur wie Wallner oder Kreuthner nichts mehr erzählen kann. Irgendwann weiß man von denen einfach alles. Das ist schon schwierig.
Zu viel Randgeschichte? „Der jeweilige Fall steht im Mittelpunkt“
Und wie groß ist die Gefahr, dass nur die Geschichten der beiden Hauptfiguren erzählt und der Krimi-Inhalt mehr und mehr auf der Strecke bleibt?
Bei mir nicht groß. Ich möchte einen Krimi erzählen und keine Familiengeschichte. Auch wenn mich Fans immer wieder darauf ansprechen, aber: Das, was ich über Kreuthner und Wallner erzähle, ist genug. Der jeweilige Fall steht im Mittelpunkt.
Gibt es, was Kreuthner/Wallner betrifft, einen Plan, wie viele Teile es (noch) geben wird?
Das kann ich nicht genau sagen. Das wird von Fall zu Fall entschieden. Kommt drauf an, wie viel mir noch einfällt.
Zum Reinhören: „Unterm Schinder“ als Hörbuch
Viele gute Bücher – vor allem im Krimibereich – werden nach und nach verfilmt. Ist das auch Ihr Ziel?
Es wäre schön, wenn das Endergebnis passen würde. Es waren auch schon Produzenten daran interessiert, eines meiner Bücher zu verfilmen. Aber das hängt auch immer vom jeweiligen Fernseh-Sender ab.
Kritiker sagen, Filme sind immer schlechter als Bücher. Stimmen Sie dem zu?
Die Wahrscheinlichkeit, dass das Ganze gut gemacht wird, ist sehr gering. Als Drehbuch-Autor weiß ich, was aus Drehbüchern gemacht wird. Und da ist man selten zufrieden.
Vielen Dank für das Gespräch – und Ihnen weiterhin alles Gute.
Interview: Helmut Weigerstorfer
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In Zusammenarbeit mit der Verlagsruppe Droemer/Knaur verlosen wir unter allen Teilnehmer 3 x 1 Buch „Unterm Schinder“ von Andreas Föhr. Wie Ihr mitmachen könnt? Schickt uns eine Mail mit Euren Kontaktdaten sowie dem Betreff „Föhr“ an info@hogn.de. Einsendeschluss ist Montag, der 6. Juni, 18 Uhr. Viel Glück!
Gewonnen haben Adolf Blöchinger, Susanne Grimm und Konstanze Barthel. Viel Spaß