Innernzell. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Und solange nur ein Funken davon besteht, wird Familie Ninnemann nicht aufgeben. Noch ist die offizielle Öffentlichkeitsfahndung der Polizei nach Lisa Ninnemann online aufrufbar, was Rückschlüsse darauf zulässt, dass weiterhin in Sachen der 28-Jährigen ermittelt wird. Noch besteht also die Möglichkeit, dass die abgängige Innernzellerin wieder auftaucht – generell, dass es ihr gut geht. Im Rahmen eines neuerlichen Facebook-Aufrufs bittet Lisas Bruder Simon Ninnemann die Allgemeinheit zum wiederholten Male um Unterstützung. „Wir denken jeden Tag an Lisa. Uns lässt die Geschichte einfach keine Ruhe.“
Doch: Wo ist die junge Frau? Diese Frage bestimmt seit 20. April den Alltag der Ninnemanns. Vor mehr als einem Monat verlor sich am Grafenauer Freibad-Parkplatz ihre Spur. Seitdem ist, wie Simon Ninnemann berichtet, an erholsamen Schlaf nicht mehr zu denken. Die psychische Belastung sei extrem hoch. Bei Mama Martina haben die Sorgen auch körperliche Folgen. Die dreifache Mutter ist an Multiple Sklerose erkrankt. „Die Sache mit Lisa hat dafür gesorgt, dass sich ihr Zustand merkbar verschlechtert“, berichtet ihr 25-jähriger Sohn.
„Sie würde diese Tage niemals vergessen“
Der Kfz-Mechaniker kann es immer noch nicht glauben, dass die Faxe an die VG Schönberg, dem ehemaligen Arbeitgeber ihrer Schwester, und die Briefe an die Familie selbst, tatsächlich von der Vermissten stammen. „Ich habe mir zuletzt viele Dokumentationen, die sich mit vermissten Personen beschäftigen, angeschaut. Und es gibt viele vergleichbare Fälle.“ Nicht nur jene Berichterstattung sorgt dafür, dass Ninnemanns weiter daran glauben, Lisa habe sich nicht freiwillig abgesetzt. Auch weitere Begebenheiten in den vergangenen Tagen bestätigen diesen Eindruck: „Oma und ich hatten Geburtstag. Außerdem war Muttertag. Pflichttermine für Lisa. Sie würde diese Tage niemals vergessen. Schon gar nicht würde sie nicht gratulieren und eine Kleinigkeit schenken.“
Die Ungewissheit, wo die Tochter bzw. Schwester sich gerade aufhält und wie es ihr geht, ist das eine. Die Gerüchteküche und das „Leid’gschmatz“ in und um Innernzell das andere. Der Großteil der Waidler würde Verständnis für die prekäre Situation der Familie aufbringen, weiß Simon Ninnemann: „Die meinen es gut mit uns“. Andererseits sei es überaus belastend, dass stets wiederkehrende Fragen und persönliche Ansichten immer wieder auftauchten. „Letztens hat mich beim Einkaufen jemand angesprochen, er hätte gehört, dass Lisa wieder da ist“, berichtet der 25-Jährige. „Diese Aussagen tun sehr weh.“
„Man lebt eigentlich nur so durch den Tag“
Der Facebook-Post von Simon Ninnemann vom 25. Mai:
„ Bitte helft uns nochmalVielleicht erreicht dieser Beitrag irgendwie meine Schwester – oder irgendwem der weiß wo sie ist.Liebe Lisa, du wirst immer ein Teil in unserem Leben sein. 5 Wochen bist du nun verschwunden und niemand weiß wo. Man spinnt sich Theorien zusammen die man selbst nicht glauben kann. Irgendwann hat man einfach keine Kraft mehr. Mamas Krankheit wird schlechter, unser Alltag führt jeden Tag in deine Wohnung, Erinnerungen und Gedanken an dich den ganzen Tag. Die beiden Briefe wurden aus verschiedenen Ländern verschickt, über 800 km Distanz. Keine Geburtstagsglückwünsche für Oma oder für mich, keine Muttertagsgrüße für Mama. Das bist nicht du. Du kannst niemals so Eiskalt sein. Dein verschwinden hat unser Leben extrem verändert. Man lebt eigentlich nur noch so durch den Tag.Man versucht das beste daraus zu machen und das eigene Leben weiter zu leben, jedoch leichter gesagt als getan. Wir sind sehr sensibel geworden, haben tief im Inneren extreme Schmerzen. (…) Bitte melde dich telefonisch bei uns, ein kurzes Telefonat. Wir möchten deine Stimme hören und hören damit es dir gut geht. Ich glaube als Außenstehender kann man nur schwer nachvollziehen was wir seit Wochen durchleben müssen. Diverse Lügen werden von Leuten verbreitet. Für uns Angehörige ist dies eine extreme Belastung und solch eine Situation wünscht man niemanden. Wir zerbrechen daran und hoffen auf einen Anruf. Die Situation scheint so Aussichtslos, niemand weiß so recht wo man suchen soll. Jedoch WIR als DEINE FAMILIE geben nicht auf.“